Brennan Johnson hat sich seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Tottenham Hotspur gesichert. Der Waliser schoss im Europa-League-Final das einzige Tor gegen Manchester United. Es war keine Augenweide. Der 23-Jährige drückte einen Ball kurz vor der Pause über die Linie, vielleicht war auch Manchesters Verteidiger Luke Shaw zuletzt am Ball. Doch trotz mangelhafter Stilnoten ist dieser Prellball derjenige, der sich bei den Fans der Londoner ins Gedächtnis einbrennen wird. Weil er dem Klub den ersten europäischen Titel seit 40 Jahren beschert.
Es wäre überraschend gewesen, hätten die beiden englischen Grossklubs im Final im San Mamés von Bilbao ein Offensivspektakel abgeliefert. In der Premier League erleben sowohl Tottenham (17.) als auch Manchester United (16.) eine äusserst enttäuschende Spielzeit, über welche wohl niemand traurig sein dürfte, dass sie am Sonntag mit dem letzten Spieltag in der Liga zu Ende geht.
Während bei Tottenham in Zukunft nun trotz miserabler Liga-Performance die positiven Erinnerungen an die Spielzeit 2024/2025 überwiegen dürften, ist die Gefühlslage im roten Teil Manchesters ganz anders. Unter Trainer Ruben Amorim sollte es endlich wieder aufwärtsgehen – stattdessen lieferten die Red Devils die wohl frustrierendste Saison seit gut 50 Jahren und dem Abstieg in die zweite Liga ab.
Nebst dem sportlichen Misserfolg plagen den englischen Co-Rekordmeister (Erzrivale Liverpool ist in diesem Jahr gleichgezogen) auch finanzielle Sorgen – auch deshalb tut die Niederlage gegen Ligarivale Tottenham im EL-Final umso mehr weh.
Auf europäischem Parkett vermochten zuvor beide Teams angesichts der miesen Ligaresultate zu überraschen. Und sich so die goldene Möglichkeit zu erspielen, mit dem Gewinn der Europa League trotz aller Turbulenzen in diesem Jahr doch in die Champions League einzuziehen.
Entsprechend kontrolliert und vorsichtig agierten beide Teams über weite Strecken, wobei trotz aller Vorsicht auch nicht zu kaschieren war, dass es sowohl der Mannschaft von Ange Postecoglou als auch derjenigen von Ruben Amorim überhaupt schwerfällt, offensiv in Erscheinung zu treten. Bis auf Johnsons Prellball brachten nämlich in der ersten Halbzeit beide Teams wenig Zusammenhängendes zustande.
Erst rund 20 Minuten vor dem Ende wagten sich die Red Devils mehr in die Offensive – und erspielten sich gegen die gut gestaffelten Spurs doch die eine oder andere gute Möglichkeit auf den Ausgleich. Rasmus Hojlunds Ball wurde jedoch in letzter Sekunde von Micky van de Ven auf der Linie geklärt. Auch Bruno Fernandes, Joshua Zirkzee und Luke Shaw vergaben Chancen, die Manchester in die Verlängerung gerettet hätten. Letzterer tief in der Nachspielzeit.
Damit geht für Tottenham eine lange Wartezeit auf einen Titel zu Ende. 1984 hatten die Spurs zum zweiten Mal den Uefa Cup, den Vorgängerwettbewerb der Europa League, für sich entschieden. Diese immens lange Durststrecke, die den ambitionierten Verein in England Jahr für Jahr zum Ziel von Spott machte, ist nun zu Ende – ironischerweise gleichzeitig mit dem Titel-Fluch von Vereinslegende Harry Kane.
Der englische Weltklassestürmer hatte «seinen» Verein 2023 Richtung Deutschland verlassen und sich Bayern München angeschlossen – weil er endlich Titel gewinnen wollte.
(sda/con)