Nachdem die ersten neun Fahrer im Ziel waren, durfte die Schweiz schon vom nächsten Dreifachsieg träumen. Wie schon in der Abfahrt von Crans Montana oder in der Team-Kombination an der WM in Saalbach. Und tatsächlich hätte Swiss Ski mit Marco Odermatt, Stefan Rogentin, Franjo von Allmen und Alexis Monney gar die ersten vier Plätze belegen können – wäre da nicht dieser Dominik Paris gewesen.
Der 35-jährige Südtiroler brillierte vor allem im Mittelteil, in welchem er Marco Odermatt 44 Hundertstelsekunden abnahm, am Ende siegte Paris mit 32 Hundertstelsekunden vor dem 27-jährigen Nidwaldner. «Der Übergang ins Flache ist mir misslungen», sagte Odermatt nach seiner Fahrt und fügte an: «Da habe ich nicht viel Speed mitgenommen.» Zwar hätte in der Folge alles super gepasst, doch zeigte sich der Weltcupführende im Ziel dennoch überrascht, dass seine Zeit grün aufleuchtete. Lange blieb Odermatt aber nicht an der Spitze, direkt nach ihm startete Dominik Paris.
Der zieht mit seinem 19. Abfahrtssieg mit dem Zürcher Peter Müller gleich – jetzt ist in der ewigen Siegerliste in der Abfahrt nur noch der Österreicher Franz Klammer mit 25 Erfolgen vor Paris. Nach seinem ersten Sieg seit Dezember 2023 sagte der Italiener: «Ich habe ziemlich gekämpft. Die letzten Monate waren schon besser, aber dass es jetzt geklappt hat, auf einer Strecke, die ich eh gern fahre, ist schon schön.» Auch aufgrund seiner bisherigen Saison war der Erfolg eher überraschend. So fuhr Paris erst zweimal in die Top 10 und klassierte sich in Bormio gar ausserhalb der Punkte. In Kvitfjell fühlt er sich aber wohl, hier siegte er schon dreimal in der Abfahrt und einmal im Super-G.
Mit Stefan Rogentin komplettierte ein zweiter Schweizer das Podest. Für den 30-jährigen Bündner war der Platz auf dem Podium eine Premiere in einer Weltcup-Abfahrt. Dies gelang ihm auch, weil Franjo von Allmen während seiner Fahrt eine Schrecksekunde erlebte.
Der Abfahrts-Weltmeister geriet beim Sprung im oberen Teil in Rücklage und konnte sich nur mit Mühe im Rennen halten. «Ich hatte wahrscheinlich zu viel Druck auf der Kante und bin deshalb zu weit gesegelt», erklärt von Allmen. Dies kostete ihn fast eine halbe Sekunde, weshalb er sich mit Platz 4 zufriedengeben musste. Das bedeutet auch, dass sein Rückstand in der Abfahrtswertung auf Odermatt um 30 Punkte auf nun 102 Zähler anwächst. Zwei Abfahrten – eine am morgigen Samstag in Kvitfjell – stehen noch aus. Im Gesamtweltcup konnte Odermatt gar einen noch grösseren Schritt machen. Der Vorsprung auf Henrik Kristoffersen beträgt acht Rennen vor Schluss 440 Punkte, der Norweger bestritt in seiner Karriere aber erst einmal einen Super-G. Bleibt er bei den technischen Rennen, startet er nur noch in je zwei Riesenslaloms und Slaloms und wäre es bereits jetzt unmöglich, Odermatt noch aufzuholen.
Alexis Monney und der Slowene Miha Hrobat, die als Dritter und Vierter der Disziplinenwertung zumindest noch Aussenseiterchancen hatten, scheiden aus dem Kampf um die Abfahrtskugel hingegen aus. Monney gelang mit Platz 5 zwar ein starkes Ergebnis, doch wuchs der Rückstand auf Odermatt wie bei Hrobat, der nicht in die Top 10 fuhr, auf über 200 Punkte an. Justin Murisier, der die erste Abfahrt der Saison in Beaver Creek noch gewann, lieferte mit Platz 15 eine eher enttäuschende Fahrt.
Dennoch wiesen die Schweizer mit den Plätzen 2 bis 5 ein grandioses Team-Ergebnis aus – einziger Wermutstropfen bleibt der verpasste Sieg. In der siebten Abfahrt des Winters ist Paris nach Kitzbühel-Sieger James Crawford erst der zweite Triumphator, der nicht für Swiss-Ski an den Start geht. Darauf angesprochen, dass er einen Schweizer Vierfachsieg verhinderte, lachte Paris: «Ja, da habe ich die Party gecrasht! Tut mir leid für die Schweiz, aber für mich ist es gut.»