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Eishockey-WM: Andres Ambühl über seine Zukunft und die Hockey-Nati

Switzerland's forward Andres Ambuehl speaks to the journalist, during the media opportunity of the Switzerland National Ice Hockey Team at the IIHF 2025 World Championship, at the Kvik Hockey Are ...
Andres Ambühl bestreitet aktuell seine letzte WM.Bild: keystone
Interview

Andres Ambühl: «Ich möchte eigentlich schon wieder im Hockey etwas anfangen»

Im Interview mit Keystone-SDA spricht der Schweizer Rekordspieler Andres Ambühl über seine erste WM, die Jugend von heute und seine Zeit in Zürich. Bereuen tut der 41-Jährige nichts.
20.05.2025, 09:2220.05.2025, 09:22
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Andres Ambühl spielt aktuell seine 20. Eishockey-WM, spätestens in einer Woche endet die Karriere des Spielers mit den meisten WM-Teilnahmen weltweit. Zeit für eine Bilanz einer einzigartigen Karriere, in der er in der National League für den HC Davos und die ZSC Lions unglaubliche 1322 Partien absolvierte und sechs Meistertitel feierte.

Andres Ambühl, wissen Sie noch, was dem 20-jährigen Andres Ambühl vor 21 Jahren in Prag bei der ersten WM durch den Kopf ging?
Andres Ambühl: (lacht) Ich war auch da schon relativ nervös. Es war damals sehr unerwartet, dass ich mitgehen konnte. Da hatte ich wahrscheinlich ein bisschen Glück, dass wir im Klub nicht so weit gekommen sind. Dann konnte ich die ganze Vorbereitung machen und mich so quasi ins Team spielen. Das war natürlich schon speziell, mit all den grossen Namen, die man sonst noch nicht so gekannt hatte und mit denen man nun in einem Team war.

Wer waren für Sie damals die grössten Namen in der Mannschaft?
Da waren zum Beispiel Tinu (Martin) Gerber oder Sandy Jeannin, Spieler, die in der Liga extrem stark waren, Tinu von drüben (aus der NHL). (Mark) Streit ebenfalls. Alles Spieler von höchstem Niveau.

Switzerland's Andres Ambuehl flies fighting for the puck, during the qualifying group E match between Germany and Switzerland, at the 68th Ice Hockey World Championship, Tuesday, May 4, 2004 in P ...
Bereits vor 21 Jahren flog Andres Ambühl an der Weltmeisterschaft über das Eis.Bild: KEYSTONE

Sie hatten ja schon Erfahrung bei WM der U18, U20, waren da auch Captain. War das eine komplett andere Welt?
Es ist sicher alles eine Nummer grösser. Auch die Gegner aus Kanada, Tschechien und anderen grossen Nationen. Diese Spieler haben wir sonst nur im Fernsehen gesehen.

Was ist Ihnen am meisten geblieben von dieser ersten WM?
Für mich war es allgemein ein cooles Turnier. Ich glaube, ich habe sogar im ersten Spiel noch ein Goal geschossen gegen Österreich. (überlegt) Nein, stimmt, Frankreich (das 6:0). Du weisst nie, ob du wieder mal auf der Tribüne sitzt oder durchgehend zum Einsatz kommst. Und deshalb, geniessen ist vielleicht das falsche Wort, aber du hast Freude.

Konnten Sie sich vorstellen, 21 Jahre später noch immer an einer WM zu sein?
Nein, das denkst du nie. Nur schon, wenn du einmal an eine WM fahren kannst, ist das nicht selbstverständlich. Die Gesundheit muss natürlich auch mitspielen. Ich glaube, es gibt viele, die eine gute Saison hatten, aber verletzt waren. Das Gesundsein ist wahrscheinlich das Wichtigste.

Wie hat sich das Hockey verändert?
In der Schweiz sieht man schon in der Vorbereitung die Entwicklung. Damals hast du wahrscheinlich etwa 25 bis 30 Spieler gehabt, die für die WM infrage kamen. Heute ist die Tiefe viel grösser, du könntest praktisch zwei Mannschaften aufstellen.

Was haben Sie getan, dass Sie so selten verletzt waren?
(lacht) Nichts, was ich jetzt speziell wüsste. Ich glaube eher, dass ich von der Veranlagung her nicht verletzungsanfällig bin und einfach von Natur aus das Glück habe, dass ich einen robusten Körper habe, der vieles verträgt.

Hat das auch mit Ihrer Kindheit in den Bergen, auf dem Bauernhof, zu tun?
Es kann sein, ich weiss es nicht. Meine Jugend hat sicher dazu beigetragen, dass der Körper so ist, wie er ist. Aber es ist auch schwierig zu sagen, weil ich ja nicht weiss, wie es anders gewesen wäre.

Sie sind zu einer Zeit aufgewachsen, als Sie wahrscheinlich noch kein Natel hatten, Social Media schon gar nicht. Wie finden Sie den Draht zu den Jungen, die heutzutage in die Mannschaft kommen? Worüber redet Ihr?
Ich rede immer noch über alles, auch all das Soziale-Medien-Zeugs, ich weiss schon noch einigermassen, was läuft. (schmunzelt) Aber es ist nicht so, dass mich das meiste davon extrem interessiert.

Switzerland's forward Andres Ambuehl, left, and Switzerland's forward Nicolas Baechler, right, speak to the journalist, during the media opportunity of the Switzerland National Ice Hockey Te ...
Nicolas Bächler ist mit 21 Jahren einer der Jungen im Team.Bild: keystone

Aber stört es Sie nicht, wenn die anderen die ganze Zeit am Natel hängen?
Das ist ja nicht nur bei den Jungen so, sondern allgemein in der Gesellschaft. Du kannst eigentlich überall hingehen, von 80 bis 14 sitzen alle am Knochen. Das ist nicht altersbedingt, das wird einfach benutzt, seit es Handys gibt. Aber logisch ist es auch hübsch, wenn man einfach sitzen und zusammen reden kann.

Irgendwann werden Sie auch bei Ihren Kindern überlegen müssen, wie Sie das handhaben wollen. Ist das ein schwieriger Spagat?
Ja, ich habe schon das Gefühl. Ich bin einer, der findet, meine Kinder müssen nicht unbedingt schon mit iPad und iPhone rumlaufen. Trotzdem, sobald sie in die erste Klasse kommen, arbeiten sie mit dem iPad. Sie wissen selber, wie es ist, Kinder sind sehr hart zueinander. Wenn einer das nicht hat, wird er es zu spüren bekommen. Darum muss man ein bisschen den Mittelweg finden. Brauchen, wenn man es braucht, aber es gibt dann auch die andere Zeit, wo man auch draussen spielen soll und mit anderen Kindern etwas machen. So etwas ist mir schon recht wichtig. Aber man darf das andere nicht ausschliessen.

Ihr Davoser Klubkollege Simon Knak spielt hier seine erste WM. Wären Sie gerne nochmal an seiner Stelle?
Nein, weil ich denke, dass all die Dinge, die ich als Junger erleben durfte, heute vielen Jungen fehlen. Genau wegen dieser ganzen Sachen mit dem Handy. Ich glaube, wir waren damals unbekümmerter und hatten weniger Informationen und Statistiken. Ich bin froh, konnte ich diese Zeit noch erleben. Man war sicher noch etwas freier, und es landete nicht gleich jeder Fehler im Internet.

Davos` Andres Ambuehl, left, and Davos` Simon Knak celebrates after scoring during the game between Switzerland HC Davos and Finnland`s Kaerpaet Oulu, at the 96th Spengler Cup ice hockey tournament in ...
Ambühl und Simon Knak spielten beim HC Davos zusammen.Bild: KEYSTONE

Sie haben mittlerweile zwei Töchter. Was sagen Sie diesen, wenn Sie wie jetzt für einige Wochen verreisen? Verstehen sie das?
Es ist schon nicht mehr so einfach, wenn dann auch die Frage kommt, wann kommst du wieder. Aber ja, sie verstehen es schon, dass das meine Arbeit ist.

Aber wirklich als Arbeit haben Sie Hockey nie empfunden, oder?
Überhaupt nicht. Es ist Spass und Spiel, und ich hoffe, dass es auch noch viele Jahre für alle so bleibt. Dass man nicht vergisst, dass es am Schluss ein Spiel ist.

Jetzt fällt das aber schon in einer Woche weg. Wissen Sie schon, was Sie nachher machen wollen?
Bis etwa im September werde ich sicher mal etwas Abstand nehmen. Und dann möchte ich eigentlich schon wieder im Hockey etwas anfangen.

Beim HC Davos?
Genau. Überall ein bisschen reinschauen und rausspüren, was es sein könnte.

Haben Sie schon eine Ahnung, was es sein könnte?
(überlegt) Das ist extrem schwierig. Seit ich sieben war, bin ich im Hockey, da gibt es natürlich Sachen, von denen du glaubst, das ist cool. Aber dann ist es oft ganz anders. Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich überall ein bisschen umschaut, um seinen Platz zu finden.»

Andres Ambuehl (HCD) verabschiedet sich von seinen Fans beim sechsten Eishockey Playoff Halbfinalspiel der National League zwischen dem HC Davos, HCD, und den ZSC Lions, ZSC, am Donnerstag, 10 April 2 ...
Ambühl möchte dem Eishockey in einer anderen Rolle treu bleiben.Bild: keystone

Gibt es etwas, das Sie in Ihrer Karriere bereuen?
Schwierig zu sagen. Am Schluss hatte alles, was vielleicht nicht so gelaufen ist, wieder eine positive Auswirkung auf etwas anderes. Natürlich hätte ich gerne, dass das Nordamerika-Abenteuer anders verlaufen wäre. Dafür hatte ich nachher drei super Jahre in Zürich. Darum glaube ich, würde ich alles noch einmal gleich machen.

Warum hat es in Nordamerika nicht geklappt?
Ich nehme an, es hätte ein anderes Team sein müssen, ich hätte mehr auf mein Gefühl hören sollen.

Aber Sie sind froh, dass Sie es versucht haben.
Auf jeden Fall. Allgemein finde ich, wenn einer die Möglichkeit hat, rüber zu gehen, muss man es probieren. Wenn es klappt, ist es gut und sonst kannst du wenigstens sagen, ich habe es versucht.

Für viele sind Sie der typische Bergler. Finden Sie das eigentlich beleidigend?
(grinst) Nein, gar nicht. Damit habe ich keine Mühe.

Sind Sie deshalb schon recht früh wieder nach Davos zurückgekehrt?
Nein. Der Entscheid, nach Davos zurückzugehen oder noch länger in Zürich zu bleiben, war extrem schwierig. Mir hat es in Zürich extrem gut gefallen, die Organisation war sehr familiär, und ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Es war eine coole Zeit, eine sehr wichtige Zeit in meiner Karriere. Und ja, das mit dem Bergler. (schmunzelt) Das ist ab und zu auch nicht so schlecht, dann unterschätzen dich die Leute vielleicht ein bisschen.

Andreas Ambuehl von den ZSC Lions beim Eishockey Spiel der European Trophy zwischen dem EV Zug und den ZSC Lions am Freitag, 31. August 2012 in der Bossard Arena in Zug. (KEYSTONE/Sigi Tischler)
Für drei Jahre trug Ambühl das Trikot der ZSC Lions.Bild: KEYSTONE

Worauf sind Sie am meisten stolz in Ihrer Karriere?
Stolz? (überlegt) Das ist schwierig zu sagen. Ich bin froh, dass ich viele hübsche Momente erleben durfte. Der Sport ist das eine, aber auch die vielen Mitspieler über die Jahre. Ich glaube, ich bin mit den meisten gut ausgekommen.

Sie wurden ja sogar auch von den gegnerischen Fans immer wieder als beliebtester Spieler gewählt. Ist Ihnen diese Wertschätzung wichtig?
Das finde ich schon hübsch. Und ich glaube, um das geht es ja im Sport auch. Für die 60 Minuten ist man Konkurrent und nicht Freund, aber nachher machen wir alle das Gleiche. Dann hat man es wieder gut miteinander. So sollte es im Sport sein.

Erfüllt der Sport heute noch seine Vorbildfunktion, wo oft so viel Geld im Spiel ist?
Das ist schwierig zu sagen. Es ist alles viel grösser geworden, es geht auch viel um die Wirtschaft. Ich glaube aber, vor allem für die Spieler untereinander und auch die meisten Zuschauer, gilt das immer noch.

Sind Sie froh, dass Sie nicht ein Fussballer sind, der auf der ganzen Welt erkannt wird?
(lacht) Ich glaube, auch das hat seine guten Seiten. Die Fussballer haben auch ein gutes Leben.

Wo gehen Sie selber am liebsten in die Ferien?
Da bin ich eigentlich recht flexibel. Ich finde es cool, wenn du einmal im Jahr irgendwie mal ans Meer kannst. Ich bin schon einer, der auch gerne zu Hause in den Bergen ist, aber ich finde es wichtig, wenn man abwechselt und verschiedene Orte sieht. Ich bin nicht einer, der jedes Jahr an den gleichen Ort geht, in die gleichen Hotels, weil ich gerne Neues sehe. (riz/sda)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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glointhegreat
20.05.2025 10:06registriert Dezember 2014
Wie geil wäre das denn, die Karriere als Weltmeister zu beenden. Niemand hätte das so verdient wie du!!
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Mavic
20.05.2025 09:55registriert Juli 2023
„Ein Vorbild, ein Sympathieträger, ein Musterprofi – einfach ein toller Typ.“
Wer ihn kennt, spürt sofort: Hier steht jemand, der mit Leidenschaft, Bodenständigkeit und absoluter Verlässlichkeit überzeugt. Er lebt vor, was Teamgeist, Einsatz und Fairness bedeuten – auf dem Feld genauso wie daneben.
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Donny Drumpf
20.05.2025 10:37registriert November 2019
Hübsches Interview, danke!
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