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Olympia 2024

Olympia: Emotionaler Silber-Reiter Guerdat mit Versprechen an Familie

Silver medalist Steve Guerdat of Switzerland riding Dynamix De Belheme celebrates during the victory cermony of the equestrian individual finals at the 2024 Paris Summer Olympics in Paris, France, Tue ...
Zeigte sich nach dem Gewinn der Silbermedaille nachdenklich: Steve Guerdat.Bild: keystone

«Dann bin ich ein Arschloch»: Emotionaler Silber-Held Guerdat mit Versprechen an Familie

Steve Guerdat ist der 7. Schweizer Medaillengewinner an den Olympischen Spielen in Paris. Der 42-jährige Springreiter ist unglaublich stolz auf seine Silbermedaille – geht mit sich selbst aber hart ins Gericht.
06.08.2024, 19:53
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Die zweite olympische Goldmedaille seiner Karriere vergab Steve Guerdat erst am vorletzten Hindernis. Den verkürzten Parcours im Stechen absolvierte er als Schnellster – durch den Abwurf triumphierte der fehlerfrei gebliebene Deutsche Christian Kukuk.

Dennoch zeigte sich Springreiter Steve Guerdat höchst zufrieden mit seiner Silbermedaille: «Es war ein langer Weg zur Medaille und es bedeutet mir unglaublich viel.» Dann fügte der Olympiasieger von 2012 im SRF an: «Obwohl die Farbe nicht gleich schön ist wie in London, ist die Bedeutung sicherlich gleich gross.» Dass er die Medaille bestätigen konnte, mache ihn stolz.

Besonders begeistert zeigte sich der 42-jährige Jurassier, der aber schon seit Karrierebeginn in der Region Zürich trainiert, von seinem Pferd. Dynamix de Belheme kam zu Guerdat, als es gerade einmal fünf Jahre alt war. In den seither sechs Jahren seien Reiter und Tier zusammengewachsen. «Die Stute liegt mir sehr nahe am Herzen. Dass ich ihr eine Medaille geben konnte, macht mich sehr stolz», so Guerdat.

Das Pferd langsam an die Weltspitze geführt

Es habe Geduld gebraucht, um die elfjährige Dynamix zu dem Pferd zu formen, das sie heute ist. «Wir dachten immer, dass sie ein Ausnahme-Ross ist», erklärt Guerdat und fügt an: «Aber es ist ein langer Weg. Man muss sich Zeit nehmen und Etappe für Etappe zusammenwachsen.» Zu Beginn sei die Stute nämlich trotz ihrer Qualität sehr vorsichtig gesprungen, «deshalb durfte ich keinen Stress machen und ging es etwas länger». Doch er und die Besitzer von Dynamix de Belheme, die mittlerweile zu den besten Freunden Guerdats gehören, hätten schon immer erwartet, dass es «ein legendäres Pferd» werden könnte. «So langsam zeigt sich das», sagt der Silber-Reiter.

«Ich habe mich sehr geärgert. Dass ich ein Ausnahme-Ross so zeige, darf nicht passieren.»
Steve Guerdat

Dabei habe er sich nach dem schwachen Start in die Olympischen Spiele in Paris mit dem Verpassen des Team-Finals gar überlegt, das Pferd vor dem Einzel-Wettbewerb zu tauschen. «Die letzten drei Tage waren schwierig. Ich weiss nicht, ob ich die letzten Jahre innerlich schon mal so gelitten habe», erzählt Guerdat. Acht Fehlerpunkte hatte er in der Qualifikation gesammelt. «Ich bin nicht gut geritten, es hat nichts gepasst. Danach habe ich mich sehr geärgert. Dass ich ein Ausnahme-Ross so zeige, darf nicht passieren.»

Silver medalist Steve Guerdat of Switzerland riding Dynamix De Belheme celebrates after the victory cermony of the equestrian individual finals at the 2024 Paris Summer Olympics in Paris, France, Tues ...
Steve Guerdat vertraute auch nach der schwachen Team-Qualifikation auf Dynamix de Belheme.Bild: keystone

Es war eine ungewohnte Situation für Guerdat, der auf Dynamix vor einem knappen Jahr bereits zu EM-Gold geritten war. Der Entscheid, sich doch auf sein Pferd zu verlassen, das er über so lange Zeit an die Weltspitze herangeführt hatte, zahlte sich aus. Dafür machte Guerdat neben dem «exzellenten Ross» vor allem auch sein «hervorragendes Team» verantwortlich. Zu diesem gehört unter anderem die Finnin Emma Uusi-Simola, die 2023 vom Weltverband des Reitsports zur besten Pferdepflegerin gewählt wurde.

Sein Team unterstützt den frisch gebackenen Medaillengewinner in seinem Reitsport-Zentrum in Elgg im Kanton Zürich. Seit er dieses im Jahr 2017 kaufte, ist Guerdat selbstständig. Dort steckt er enorm viel Arbeit ins Training der Pferde und die allgemeine Fitness. Obwohl er sagt: «Ich gehe nicht zur Arbeit. Ich habe mein Hobby, meine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Und weil die Freude immer zuvorderst steht, kann ich auch so eine lange Karriere haben.»

Das Versprechen an die Familie

Diese soll noch einige Jahre dauern. Schliesslich will er unter anderem doch noch einmal Olympiasieger werden, wie er über seine grossen Ziele sagt. Erst einmal will er die Medaille von Paris aber so richtig geniessen. «Ich bereue immer wieder, dass ich die Goldmedaille von London nicht richtig genossen habe», erklärt Guerdat und fügt an: «Dabei sind olympische Medaillen sehr schwer zu holen.» Schon vor den Spielen in Paris habe er sich deshalb vorgenommen, einen allfälligen Gewinn von Edelmetall dieses Mal besser zu feiern.

«Ich habe mir versprochen, nach Paris als Mensch besser zu werden. Dass die Leute um mich ein besseres Leben haben können.»
Steve Guerdat

Auch sonst zeigte sich der Vater einer Tochter nach dem grossen Erfolg ziemlich nachdenklich – und ging mit sich ziemlich hart ins Gericht. «Ich habe mir versprochen, nach Paris als Mensch besser zu werden. Dass die Leute um mich ein besseres Leben haben können», sagte er im SRF-Studio in der französischen Hauptstadt. Es werde nämlich immer schwieriger für ihn, zu akzeptieren, dass aufgrund seines Ehrgeizes und des hohen Stellenwerts, welcher der Reitsport in seinem Leben habe, «viele Leute in meinem Umfeld leiden mussten».

Es sei nichts, worauf er stolz sei, erklärte Guerdat, aber: «Wenn es nicht so gut läuft, bin ich zu meiner Frau, meinen Eltern und meinem Team halt fast ein bisschen ein Arschloch.» Auch deshalb wolle er sich nun etwas mehr Zeit nehmen als vor zwölf Jahren und seinem ersten Medaillengewinn im Einzel-Wettbewerb. In Peking hatte er 2008 zudem mit dem Team Bronze gewonnen.

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