Starten wir mit einem Quiz.
Von wem stammt folgende Aussage: «Mitspieler zu haben, von denen ich blind wusste, wann sie wo stehen würden, war wie ein Traum für mich ... mir bedeuteten Vorlagen immer mehr als Tore.»
Richtig. Die Aussage stammt von David Beckham. Wer ihm auf Instagram folgt, hatte Vorteile.
Doch während die besten Vorlagengeber statistisch ziemlich gut erfasst sind und dementsprechend gefeiert werden, gilt Gleiches nicht für den Spieler mit dem besten Passspiel. Wir werden diese Scharte ausbessern.
Leider sind die dazu nötigen Daten noch nicht so lange verfügbar. Legenden wie Zinédine Zidane, Uwe Bein oder gar Zico schaffen es deshalb nicht in die Auswahl.
Apropos Auswahl: Bei der Auswahl der Spieler mussten wir uns einschränken. 35 Kandidaten wurden nominiert. Es sind Spieler, die für ihr Passspiel oft gerühmt werden, es sind Erwähnungen unserer Sportredaktion und es sind die besten Passspieler im Game «Fifa 2020». Die wichtigsten Spieler wurden sicher abgedeckt. Es kann aber sein, dass in den hinteren Reihen der eine oder andere fehlt. Nicht berücksichtigt wurden zum Beispiel Marco Verratti und Jorginho von Chelsea – beide hätten sich trotz gegenteiliger Erwartungen weit hinten klassiert.
Die Liste von 35 «seriösen» Anwärtern auf den Titel des besten Passspielers haben wir mit ein paar «auffallenden Persönlichkeiten» ergänzt. Dazu später mehr.
Nun aber zu den einzelnen Indikatoren unseres Passquotienten. Sämtliche Daten stammen von whoscored.com.
Berücksichtigt werden die Anzahl Pässe pro 90 Minuten. Oft am Ball sein und diesen auch abspielen gehört bei einem guten Passspieler dazu, doch die Quantität soll nicht alleine entscheiden. Gleich vier Spanier führen in dieser Kategorie. Erster Nicht-Spanier ist ein Schweizer. Mit über 77 Pässen pro 90 Minuten verpasst Granit Xhaka das Podest in dieser Kategorie nur knapp.
Neben der Anzahl gehört auch die Präzision berücksichtigt. Wieder führt Xavi das Feld an. Doch Toni Kroos sitzt ihm im Nacken. Der Deutsche wird immer mal wieder als Beispiel für Quergeschiebe und Sicherheitspässe genannt. Und auch der nicht berücksichtigte Marco Verratti wäre hier auf dem Treppchen gelandet. Deshalb kann die reine Anzahl und die Präzision alleine noch nicht ausschlaggebend sein.
Pässe sind dazu da, etwas zu bewirken. Auch das muss in die Wertung einfliessen. Plötzlich stehen andere Namen zuoberst auf der Liste, die defensiven Mittelfeldspieler werden von den offensiven abgelöst. Als Schlüsselpässe werden sämtliche Zuspiele gezählt, die zu einem Torschuss (aber nicht zwingend zu einem Tor) führen. Erstaunlich, dass sich auch ein Quaresma in den vorderen Plätzen befindet. Wer glaubt, Neymar würde nie abspielen, irrt. Er kreiert mit Zuspielen mehr Torchancen als Messi oder Ronaldo.
Vielleicht versuchen es Özils Teamkollegen einfach zu oft – in Sachen Torvorlagen liegt Kevin De Bruyne alleine auf weiter Flur. Vielleicht sind aber die Zuspiele des Belgiers zwingender. Auf jeden Fall gehört auch der Indikator Torvorlagen berücksichtigt.
Die vier Indikatoren, mit denen der beste Passgeber der letzten Jahre bestimmt werden soll, sind also:
Um sämtliche Indikatoren gleich zu gewichten, lautet die Berechnung für den Passquotienten (PQ) = (A x P x S x V)/1000.
Der Spieler mit dem höchsten PQ-Wert und damit der beste Passgeber der letzten Jahre ist – nicht ganz überraschend – Xavi. Im Champions-League-Spiel gegen PSG im Jahre 2013 kamen von seinen 96 Passversuchen 96 an. 100 Prozent – Rekord. Zwar schafften das auch schon andere (Cristiano Ronaldo mit 50 von 50) – nicht aber mit dieser Menge von Zuspielen.
Auch wenn er nicht die meisten Chancen damit produziert, ist Xavi ein würdiger Sieger. Zu behaupten, er spiele nur auf Sicherheit, ist komplett daneben. Auch in den Kategorien Schlüsselpässe und Torvorlagen taucht sein Name in der Liste der besten auf. Xavis Sieg ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die ihn als verkappten Weltfussballer sehen. Trotz eines gewaltigen Siegpalmares gewann der Spanier die wichtigste Einzelwürdigung im Fussball nie.
Mit Cesc Fabregas befindet sich ein klassischer Allrounder auf dem zweiten Platz. Der Spanier befindet sich in allen Kategorien in den vorderen Rängen. Nur bei der Präzision (85%) schafft er es nicht in die erweiterte Liste der Besten.
Mesut Özil komplettiert das Siegertreppchen. Er ist ein komplett anderer Spielertyp als Xavi und besticht mehr durch Kreativität denn durch Sicherheit. In Sachen Schlüsselpässe ist er unerreicht und auch bei den Torvorlagen pro 90 Minuten gehört er zur Spitzengruppe. Auch der viertplatzierte Kevin De Bruyne gehört zu dieser Kategorie. Dass derart unterschiedliche Spielertypen um die Krone des besten Passgebers kämpfen können, zeigt, dass der Passquotient recht ausgewogen und fair ist.
In keiner der Statistiken taucht Cristiano Ronaldo auf. Das ganz im Gegensatz zu Neymar und Lionel Messi, die beide zu den absolut besten Passspielern der letzten Jahre gehören. Der vielbesungene Mittelfeldgott Andrea Pirlo ist ebenfalls noch vertreten – obwohl es seine besten Jahre nicht in die Statistik geschafft haben.
Vor Jahren erwähnte ich während einer Wutschrift gegen die Krankheiten des modernen Fussballs, dass Spieler mit beknackten Frisuren damit schlechtes Urteilsvermögen beweisen – und weniger gut abspielen würden. Diese These wurde nun geprüft.
Die Operationalisierung von beknackten Frisuren erfolgt anhand des Kriteriums «Zeitaufwand»: Spieler mit Hang zu Frisuren, welche den Anschein erwecken, dass ihre Erstellung vor dem Spiel mehr Zeit beansprucht als die Teambesprechung, schafften den Cut. Ein Wuschelkopf wie von Marouane Fellaini oder David Luiz schaffen es dementsprechend nicht in diese Kategorie. Dreadlocks oder eine simple Blondierung ebenfalls nicht.
Neymar zeigt, dass auch Spieler mit Flair für fiese Matten einen tollen Pass spielen können. Hamsik klassiert sich sogar in der Region von Liverpool-Legende Steven Gerrard. Überraschend auch die eindrückliche Punktzahl von Quaresma. Böse Zungen behaupten, er habe sich diese nicht in Top-Ligen erarbeitet, sondern in der Türkei. Wir lassen das mal so stehen.
Unsere These stützen die beiden Mittelfeldstars Paul Pogba und Radja Nainggolan. Trotz Weltruf ist das Spiel mit den Mannschaftskollegen nicht ihre Stärke. Erstaunlich eigentlich. Vor allem bei Pogba. Wenn man sich in Manchester fragt, wieso United nur noch die zweite Geige in der Stadt spielt, dann vielleicht auch deshalb, weil Pogba nicht einmal halb so viele Tore wie De Bruyne bei City vorbereitet.
Und dann stimmt die Theorie irgendwie doch. Ausgerechnet ein Mann mit «Haar» im Namen ist ein Parhaare- Paradebeispiel für schlechte Frisur = schlechtes Passspiel. Stephan El Shaarawy verfügt über einen katastrophalen Passquotienten von 0,63. Kein Wunder, spielt er jetzt in China. Wenn es sogar die Coiffeure in Mailand und Rom nicht richten können, dann ist wohl Hopfen und Malz verloren.