Der Warnstreik des deutschen Bodenpersonals trifft die Lufthansa mitten in der Feriensaison hart. Die Swiss-Muttergesellschaft hat für diesen Mittwoch nahezu ihren kompletten Flugplan abgesagt. Auch die Swiss muss Flüge streichen.
Der flächendeckende Ausstand des Bodenpersonals zwingt nach Unternehmensangaben 678 Flüge in Frankfurt und 345 Flüge in München an den Boden. Betroffen sind mitten in der Ferienzeit rund 144'000 Fluggäste, die längst nicht alle umgebucht werden konnten, weil auch in den folgenden Tagen die Flieger bereits voll sind.
Bereits am Dienstag fielen laut Lufthansa mindestens 47 Verbindungen aus. Die Airline befürchtet Auswirkungen bis zum Freitag, dem letzten Schultag vor den Sommerferien im deutschen Bundesland Bayern.
Der Warnstreik schlägt auch auf die Swiss durch: Die Schweizer Airline streicht ein Dutzend Flüge. Davon sind rund 1000 Passagiere betroffen, wie Swiss-Sprecherin Karin Montani am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagte.
Konkret habe die Swiss die Flüge von Genf nach Frankfurt (3 Hin- und Rückflüge) und Zürich nach Düsseldorf (3 Hin- und Rückflüge) annulliert. «Die Swiss informiert ihre Fluggäste über die Flugstreichungen und sucht nach möglichen Alternativen», erklärte Montani. So werde die Swiss am Tag nach dem Streik, am Donnerstag, mit einem grösseren Flugzeug nach Düsseldorf fliegen, um mehr Passagiere an ihr Ziel zu befördern.
Auch die von der Lufthansa durchgeführten Flüge ab Zürich nach Frankfurt wurden wegen des Streiks abgesagt. Dabei handelt es sich um 7 Hin- und Rückflüge, wie die Flughafenbetreiberin auf Anfrage erklärte.
Die Lufthansa riet Passagieren, die kein Umbuchungsangebot erhalten haben, dringend davon ab, an die Flughäfen zu kommen. Dort seien wegen des Streiks «nur wenige oder gar keine» Serviceschalter geöffnet. Umsteiger ohne Anschlussflug sollten nicht an die deutschen Drehkreuze fliegen. Es bestehe die Gefahr, dass die Gäste dort für mehrere Stunden oder Tage nicht weiterreisen könnten.
Die Passagiere haben nach der veränderten EU-Rechtsprechung voraussichtlich Anspruch auf Erstattungen und Ausgleichszahlungen, da sich Lufthansa bei einem Streik der eigenen Leute nicht mehr auf aussergewöhnliche Umstände berufen kann.
Bestreikt werden laut der deutschen Gewerkschaft Verdi am Mittwoch ab 3.45 Uhr verschiedene Lufthansa-Gesellschaften an den Drehkreuzen Frankfurt und München sowie in Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Bremen, Hannover, Stuttgart und Köln. Aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben.
Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal. Bei den Piloten der Stammgesellschaft läuft gerade parallel die Urabstimmung zu unbefristeten Streiks. Grund für den Arbeitskampf sind Streitigkeiten um höhere Löhne und Arbeitsbedingungen für die rund 20'000 Bodenbeschäftigten.
Der Ausstand soll bis Donnerstag, 6.00 Uhr, dauern. Verdi hat zu Kundgebungen an den Flughäfen Frankfurt, Hamburg und München aufgerufen. Man rechne mit hoher Beteiligung, sagte Verdi-Streikleiter Marvin Raschinsky.
Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hintergrund eines teilweise chaotisch verlaufenen Neustarts der Branche. Personalengpässe und eine starke Urlaubsnachfrage haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt.
Verdi macht dafür vor allem Missmanagement und überzogenen Personalabbau bei Flughäfen und Airlines verantwortlich. Der Lufthansa-Airline-Chef Jens Ritter sieht hingegen die in den vergangenen Wochen erreichten Fortschritte mit dem Streik in Frage gestellt. Der Ausstand werde Kunden und Personal über den Streiktag hinaus belasten, schrieb er auf der Plattform Linkedin.
(aeg/sda/awp/dpa)