Der Wiesbadener Prozess um Cum-Ex-Aktiengeschäfte gegen die Schlüsselfigur Hanno Berger ist am Donnerstag vorläufig fortgesetzt worden. Das Landgericht Wiesbaden lehnte einen Antrag seiner Pflichtverteidiger ab, die Hauptverhandlung bis Anfang September auszusetzen, wie eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
Berger gilt als Architekt der Cum-Ex-Deals in Deutschland, bei denen sich Investoren bei Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag nie gezahlte Kapitalertragssteuern erstatten liessen und so den Staat geschätzt um einen zweistelligen Milliardenbetrag prellten.
Dem 71-jährigen Anwalt Hanno Berger werden drei Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung im Zeitraum 2007 bis 2013 vorgeworfen. Der Angeklagte soll eine Privatbank zur Aufnahme von «Cum-Ex»-Geschäften bewogen und maßgeblich geholfen haben, die nötigen Strukturen einzurichten. Zudem soll er gutgläubige Investoren eingeworben haben.
Die Verteidigung habe dann die Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ob der Befangenheitsantrag für begründet erachtet werde, sei noch nicht entschieden.
Die erst im März bestellten Pflichtverteidiger Sebastian Kaiser und Michael Simon hatten beim Prozessauftakt vergangene Woche argumentiert, sie brauchten mehr Zeit, um sich in den komplexen Fall einzuarbeiten. Die Rede war von rund 300'000 Seiten allein in der Ermittlungsakte.
Auch die Tatsache, dass Berger parallel in Bonn wegen Cum-Ex-Aktiendeals vor Gericht stehe und dort regelmässig erscheinen müsse, erschwere Besprechungen. Zudem habe Berger eine Corona-Infektion durchgestanden, auch daher sei Zeit verstrichen.
Eine Vertretungskammer habe nun binnen zwei Wochen über den Befangenheitsantrag zu entscheiden, erklärte Pflichtverteidiger Kaiser. Sollte diese den Antrag zurückweisen, werde das Verfahren fortgesetzt. «Im anderen Fall müsste es neu begonnen werden.»
Der Wiesbadener Prozess gegen Berger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung hatte sich mehrfach verzögert und war zuletzt von April auf den 2. Juni vertagt worden. Der 71-jährige Steueranwalt, der im Februar aus der Schweiz nach Deutschland ausgeliefert wurde, hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
Das Landgericht Bonn, wo sich Berger wegen des Vorwurfs der besonders schweren Steuerhinterziehung verantworten muss, und das Landgericht Wiesbaden hatten sich nicht darauf einigen können, die Prozesse zusammenzuführen. Zum Stolperstein wurde auch, dass Bergers Anwälte absprangen, so dass kurzfristig Pflichtverteidiger bestellt wurden.
(sda/dpa)