Am Endes des Handelstages standen die Börsenindizes überall im roten Bereich. In der Schweiz verlor der Swiss Market Index 2.44 Prozent, in Deutschland der Leitindex DAX 2.15 Prozent. In den USA büsste der Leitindex Dow Jones Industrial ebenfalls 1.99 Prozent ein. Damit bewegte er sich auf dem Niveau von März vergangenen Jahres. Für den breiteren Index S&P 500 ging es gar um 3.20 Prozent nach unten. Und der Nasdaq 100 knickte um 3.98 Prozent ein, nachdem er kurz vor Handelsschluss den tiefsten Stand seit November 2020 erreicht hatte. Der Nasdaq hängt stärker von den grossen Techkonzernen ab, die in der aktuellen Börsenachterbahn stärker an Wert verlieren.
Am Tag danach wird nach Erklärungen gesucht. Hinter dem Auf und Ab an den Börsen stehen vor allem drei Sorgen.
Die Nachrichtenagenturen schreiben von einer «Welle der Risikoaversion», die über die globalen Märkte geschwappt sei. Die Arbeitsmarktdaten, welche in den USA am Freitag bekannt wurden, hätten wenig Spielraum für einen moderateren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed gelassen, hatten Händler erklärt. Gemeint ist die Befürchtung, dass die Fed sich zu grossen Leitzinserhöhungen gezwungen sehen könnte, um die boomende amerikanische Wirtschaft zu bremsen. Diese Leitzinserhöhungen könnten so hoch ausfallen, dass das Wirtschaftswachstum nicht nur gebremst wird, sondern zum Erliegen kommt und in eine Rezession mündet.
«Noch immer chaotisch» seien die kurzfristigen Aussichten für Aktien, kommentierte Ökonomin Diana Mousina vom Vermögensverwalter AMP Investments. Es könnte noch mehr Abwärtsbewegungen geben, da die Märkte sich Sorgen über eine signifikante wirtschaftliche Verlangsamung oder eine «harte Landung» und aggressive Zinserhöhungen machten. In der «New York Times» wurde ein ständiges Auf und Ab im Jahr 2022 festgestellt. Jeder neunte Handelstag mit einer Veränderung von 2.5 Prozent oder mehr geschlossen. «Der Aktienmarkt ist zu einer Achterbahnfahrt geworden.»
Zur allgemeinen Nervosität trägt auch China bei. Am Wochenende hatte der chinesische Premierministers Li Keqiang davor gewarnt, dass sich die Beschäftigungslage im Land wegen der massiven Covid-Beschränkungen «ernsthaft» verschlechtert habe. Es war ein weiterer Hinweis für ein mittlerweile hinlänglich bekanntes Risiko für die Weltwirtschaft, das von der Nachrichtenagentur Bloomberg in dramatischen Worten so zusammengefasst wurde: «Chinas Kampagne zur Ausrottung von Covid zerstört die Wirtschaft des Landes». Symbol der scheiternden «Null-Covid»-Politik ist Schanghai. Die Wirtschaftsmetropole wird von Lockdowns mehr oder weniger lahmgelegt, die Menschen leiden unter den äusserst harschen Massnahmen von Präsident Xi Jinping.
Und natürlich ist der Ukraine-Krieg geeignet um die Börsenstimmung zu heben. Diesbezüglich ist die Befürchtung, die Sanktionen gegen Russland könnten die Eurozone in eine Rezession stürzen. Insbesondere könnte ein Embargo gegen russisches Erdöl, und vielleicht später auch gegen russisches Gas, den Volkswirtschaften in Deutschland und Italien schlecht bekommen. Sie haben sich besonders abhängig gemacht vom russischen Präsidenten Wladimir Putin - und sind nun besonders tief in der Bredouille. Die steigende Energiekosten treiben die Preise in die Höhe von Benzin, Diesel oder Heizöl - was wiederum den Konsumenten und Konsumentinnen arg auf die Stimmung schlägt, ihre Konsumausgaben hemmt und so die Wirtschaft bremst.
Der Inflationsschub stellt die Europäische Zentralbank (EZB) vor neue Herausforderungen. Die Inflation ist so hoch wie noch nie in der Geschichte der Einheitswährung Euro. Mit der ersten Erhöhung der Leitzinsen wird nun darum bereits für den Juli gerechnet. Zugleich leidet die Wirtschaft jedoch bereits stark. Das italienische Mitglied des Direktoriums der EZB Fabio Panetta warnte bereits, dass die Wirtschaft der Region «de facto stagniert».
Vor dem neuen Börsentag stehen im Vorhandel die Zeichen allerdings schon wieder auf eine Erholung. Aktuell sieht es noch nicht nach einem Crash aus, sondern nach einer Achterbahn.