Habt ihr auch schon einen Anruf von der Bank bekommen? Bei mir klingelte es letztens, ich dachte schon, das wäre wieder einer dieser lästigen Call-Center-Krankenkassenprämien-Anrufe. Die Überraschung war gross, am anderen Ende der Leitung die Bank. Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber bei mir hat in den letzten 10 Jahren die Bank gefühlt gesamt so 3-mal von selbst angerufen, wenn die Kreditkarte wieder mal im Online-Dschungel missbraucht wurde (super hilfreich!) oder wenn es etwas zu verkaufen gab. Diesmal die Überraschung, es gäbe eine neue Aktion für Spartkonti und Festgeldanlage, die mehr Zinsen bringen sollen.
Die Zinsen steigen, mit allen Vor- und Nachteilen, und die Frage bleibt für wie lange. Hier ein paar Hintergrundinformationen und Tipps, wie du die Zinswende für dein Geld nutzen kannst.
Vereinfacht besagt die Theorie: Wenn die Zinsen, so wie in den vergangenen Jahren, niedrig sind, dann soll dies die Menschen dazu animieren, mehr zu konsumieren. Damit steigt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, mit mehr Nachfrage steigen auch die Preise, was zu einer Inflation führen kann. Dann erhöht die Zentralbank die Zinsen, Sparen wird attraktiver, Menschen geben weniger Geld aus, die Nachfrage sinkt und die Preise sinken.
Dieser Mechanismus funktioniert im Moment nicht richtig, weil die Preise nicht aufgrund von mehr Nachfrage steigen (nachfrageinduzierte Inflation), sondern weil Energie und andere Rohstoffe und Güter knapp und deshalb teurer sind (angebotsinduzierte Inflation).
Mitte letzten Jahres kam es aufgrund der Auswirkungen der Pandemie und des Angriffskrieges in der Ukraine zu Verknappung von Energie und Lieferengpässen, dadurch stiegen die Preise für z.B. Öl und Gas und die Inflation begann zu klettern, in der Eurozone z.B. bis auf 10%. Die Zentralbanken reagierten, es kam zur Zinswende. Seither erhöhten die Zentralbanken den sogenannten Leitzins schrittweise alle paar Monate. Die gesamte Erhöhung der Europäischen Zentralbank liegt per August 2022 bei 4.25%, in der Schweiz hat die Schweizerische Nationalbank den Leitzins Mitte Jahr auf 1.75% erhöht – innerhalb eines Jahres ist so der Leitzins historisch schnell von -0.75% in die Höhe geschnellt.
Der Leitzins wird von den Zentralbanken festgelegt und ist sozusagen der oberste Kreditzins.
Es gibt eine Reihe von Sätzen:
Wenn der Leitzins steigt, dann wird es für die Banken teurer, neues Geld von der Zentralbank abzurufen. Sie tun es weniger, das Angebot an Geld sinkt, die bestehenden Franken sind mehr wert. Geld auszuleihen wird teurer, z.B. für Unternehmen oder für Hypotheken. Die Verbraucher:innen konsumieren weniger, da es attraktiver ist zu sparen oder sie sich mehr Konsum aufgrund der bereits bestehenden höheren Preise nicht mehr leisten können. Die Nachfrage sinkt und damit auch die Preise.
Problematisch wird es, wenn die Inflation länger dauert und es zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt: Die Angestellten fordern aufgrund der höheren Preise mehr Lohn, die Unternehmen geben die höheren Löhne in den Preisen der Güter und Dienstleistungen weiter und so wird die ganze Teuerung befeuert. Problematisch wird es auch, wenn die schleppenden Konsumausgaben dazu führen, dass eine Wirtschaft sehr langsam oder gar nicht mehr wächst und in eine Rezession fällt, wie das im Moment in Deutschland der Fall ist.
Für uns alle heissen die steigenden Zinsen vor allem:
Die Frage bleibt, wie lange die Zinsen steigen werden oder auf dem heutigen Niveau verharren. Hier sind sich die Expert:innen uneinig, da die gegenwärtige Situation auch sehr atypische Merkmale aufweist, wie z.B. einen boomenden Arbeitsmarkt, Rezession in einigen Sektoren wie z.B. in der Industrie, während andere Sektoren wie Dienstleistungen boomen. Gegenwärtig geht man davon aus, dass langfristig die Zinsen wieder sinken werden, es aber noch eine Weile dauern kann.
Die gegenwärtig höheren Zinsen haben unterschiedliche Auswirkungen auf deine Finanzen:
Auf dem Sparkonto erhältst du jetzt mehr Zins und verschiedene Banken haben verschiedene Sonderkonditionen. Hier gut prüfen, an welche Bedingungen die höheren Zinsen wirklich geknüpft sind, teilweise musst du zusätzliche Produkte als Paket hinzukaufen, kannst dein Geld nur in jährlich festgelegten Tranchen beziehen etc. Zudem sind die Sätze immer noch eher tief. Einen Vergleich kannst du hier machen.
Jetzt hast du die Möglichkeit, dein Geld für einen fixen Zeitraum, z.B. 6 oder 12 Monate zu einem festen Zinssatz mit einer sogenannten Festgeldanlage der Bank zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit kann vor allem für Geld, welches du nicht langfristig anlegen würdest, wie z.B. einen Teil deines Notgroschen, oder das du in absehbarer Zeit aber nicht sofort brauchst, attraktiv sein, da du das Geld arbeiten lassen kannst und weisst, dass es in 6 oder 12 Monaten wieder verfügbar sein wird.
Auch die Kapitalmarktzinsen steigen, so werden Anleihen wieder attraktiver. Davon gibt es ganz unterschiedliche Arten wie Wandelanleihen, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen etc. Eine interessante Möglichkeit können z.B. Anleihefonds oder Anleihen-ETFs sein, bei welche du nicht in eine, sondern einen ganzen Korb an Anleihen anlegen kannst, Ideen z.B. hier.
Bereits seit 2022 steigen die Preise für Privatkredite. Im Januar 2023 betrug gemäss Moneyland der Durchschnitt aller publizierten Minimalzinssätze für alle neu abgeschlossenen Privatkredite 5.17%. Allerdings gibt es auch grosse Unterschiede zwischen den Anbietern und der verlangte Zins wird aufgrund von verschiedenen Faktoren berechnet, u.a. die Laufzeit und Bonität – ein Kreditvergleich lohnt sich auf jeden Fall.
Wenn du jetzt ein Wohneigentum erwerben möchtest oder deine Hypothek erneuert werden muss, dann musst du dich vor allem mit der entsprechenden Laufzeit und den Kosten auseinandersetzen. Kurzfristige Hypotheken sind dem gegenwärtigen Zinsumfeld stärker ausgesetzt, ob du dich jetzt bei steigenden Zinsen schon längerfristig für mehrere Jahre binden möchtest, hängt vor allem davon ab, welche Zinsen du in der Zukunft erwartest. Mehr Hintergrundinformationen und eine Analyse dazu findest du hier.
Auch bei den Steuern gibt es Veränderungen. Wie SRF kürzlich berichtete, zahlst du ab Oktober heftige Verzugszinsen von bis zu 8%, wenn du deine Steuern zu spät bezahlst. Gleichzeitig bleibt der Vergütungszins, welchen du für die Bezahlung von Steuern im Voraus erhalten hast, bei 10 Kantonen bei 0% und es gibt z.B. in Glarus, Wallis, Freiburg und Neuenburg gemäss dem Bericht auch keine Pläne, dies für nächstes Jahr anzupassen. Also Steuerschulden wenn möglich vermeiden und wenn du vorauszahlen möchtest, dann zuerst nachschauen, was für einen Zins dein Kanton bezahlt, allenfalls ist es weniger, als wenn du das Geld für 6 Monate bei der Bank als Festgeld anlegen würdest oder auf dem Sparkonto bekommst.
Ob die Zinsen gekommen sind, um zu bleiben, werden wir alle erst nach und nach erfahren, es lohnt sich aber, die Zinsentwicklung regelmässig zu beobachten und da die Anbieter sehr unterschielich reagieren regelmässig Vergleiche zu machen um die eine oder andere Chance auch entsprechend zu nutzen. Wie habt ihr es so, habt ihr schon Veränderungen an eueren Sparkonti oder Anlagen gemacht? Was für Erfahrungen und Tipps habt ihr?💰
Aach darum gibt es keine Lohnerhöhung, die wollen uns einfach nur vor der Lohn-Preis-Spirale schützen. Wie lieb von ihnen.
Ich persönlich wechsle daher ohne Skrupel sofort die Krankenkasse zur günstigsten. Verlege den Sparbatzen auf Konten mit besseren Konditionen. Zahle keine Steuern im Voraus, wenn der Zins tiefer ist als bei der Bank., lege dort an, wo die Gebühren tiefer sind. Etwas mühsam, aber ich lasse mich nicht gern verars.......