Die UBS kommt in Frankreich langsam zu Ihrem Recht. In der dritten Runde ihres Rechtsstreites mit den französischen Behörden hat sie einen Erfolg erzielt: Der Kassationshof hat am Mittwoch in Paris entschieden, dass ein - anders zusammengesetztes - Berufungsgericht die Strafhöhe neu zu berechnen habe.
Laut dem zweitinstanzlichen Urteil vom Dezember 2021, das für die UBS bereits einen Fortschritt gegenüber der Vorinstanz bedeutet hatte, hätte die UBS insgesamt 1.8 Milliarden Euro hinblättern müssen. Dieser Betrag war zwar bedeutend geringer als in der ersten Instanz, die die Schweizer zu einer Rekordstrafe von 4.5 Milliarden Euro verdonnert hatte; die UBS ersah aber auch die 1.8 Mrd. Euro als ungerecht an und gelangte an den Kassationshof.
Dieses höchste Gericht Frankreichs bestätigte indessen die zwei der UBS zur Last gelegten Delikte, indem es sie nicht neu beurteilen lässt. Zum einen hatten Vertreter der Schweizer Bank in Frankreich ohne Geschäftslizenz von 2004 bis 2012 illegalen Kundenfang betrieben. Sie trafen wohlhabende Industrielle, Erben, Fussballcracks und sogar einen Lottogewinner. Während der Ermittlung behaupteten sie, sie hätten dabei nur den Mitarbeitern der lokalen Niederlassung UBS-France ausgeholfen. Das nahm ihnen die Justiz aber nicht ab.
Daraus ergibt sich das zweite Delikt: Indem die UBS in Genf und Zürich die Steuerflucht ermöglichte, sei sie der Beihilfe zur Geldwäsche von Steuergeldern schuldig. Die UBS verteidigte sich mit dem Hinweis auf das Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Frankreich: Paris habe die undeklarierte Anlage französischer Gelder in der Schweiz implizit akzeptiert, indem es im Gegenzug den Erlös einer 35-prozentigen Quellensteuer eingenommen habe.
Die Kassationsrichter gingen auf diese Argumentation der UBS nicht ein. Sie betonten am Mittwoch in ihrem 21-seitigen Entscheid, dass sie «nur die Strafen und den Schadenersatz» zur Neubeurteilung an das Appellationsgericht zurückschickten. Die davon betroffene Strafhöhe von 1.8 Mrd. Euro setzt sich zusammen aus einer Milliarde Kaution und 800 Millionen Euro Schadenersatz.
In der Berufung hatte die Staatsanwaltschaft in der Tat nur mit Mühe begründen können, warum fast die ganze Kaution von insgesamt 1.1 Mrd. Euro zurückbehalten werden solle. Nicht nur den UBS-Anwälten schien es, als wolle sich das Gericht dafür schadlos halten, weil es die Busse der ersten Instanz von über eine Milliarde auf weniger als vier Millionen - nicht Milliarden! - hatte zusammenstreichen müssen. Dazu war es bereits 2019 durch den Kassationshof gezwungen worden; dieser hatte nämlich die französische Rechtsprechung geändert und festgelegt, die Busse für Steuersünder berechne sich nicht mehr aufgrund des hinterzogenen Betrages, sondern nur des dem Fiskus entgangenen Steuergewinns.
Die Rechtschefin der UBS, Barbara Levi, die am Mittwoch in Paris war, kann den Entscheid des Kassationshofes als Erfolg verbuchen. Ihr Vorgänger Markus Diethelm war 2019 mit der Forderung auf Freispruch zu weit gegangen. Seither bemüht sich die UBS um Schadensbegrenzung. Das scheint ihr besser zu bekommen. Mit dem Etappensieg vor dem Kassationshof hat sie auch ihrem Hauptgegner, der teilweise politisch agierenden Finanzstaatsanwaltschaft (PNF), eine kleinere Schlappe zugefügt.
Die in Paris bisher arg zerzausten Bankern vom Paradeplatz können zwar noch nicht den Champagner hervorholen, aber sie dürfen sich nach Büroschluss immerhin ein Bier genehmigen.
Denn die Arbeit an der französischen Justizfront geht weiter. Die UBS-Spitze muss sich gut überlegen, wie lange sie die Frankreich-Affäre noch weiterziehen will. Gewiss könnte sie durch die Neubeurteilung einige hundert Millionen Euro gutmachen. Später könnte sie sogar noch an die europäischen Gerichte gelangen. Irgendwann dürfte der finanzielle Gewinn aber geringer ausfallen als der Imageverlust, den die UBS wegen ihrer nicht mehr enden wollenden Frankreich-Affäre wohl oder übel erleidet.