Wenn er recht hat, dann hat Christoph Blocher recht. Etwa wenn er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick» feststellt: «Eine Übernahme durch eine ausländische Bank wäre nicht per se schlimm. Die CS ist ja heute schon mehrheitlich in ausländischer Hand.»
Tatsächlich sind die Grossaktionäre der CS längst nicht mehr die Nachkommen von Alfred Escher und Schweizer Kleinaktionäre, sondern es handelt sich um Ölscheiche vom Persischen Golf und amerikanische Hedgefonds. So gesehen sind die Krokodilstränen fehl am Platz, die nun vergossen werden, weil angeblich mit der Credit Suisse eine Schweizer Tradition untergeht. Die CS war niemals ein nationales Monument, wie die Swissair es war – und wir haben auch deren Untergang überlebt. Allein die Tatsache, dass man als Kind möglicherweise im Winter mit der Skimütze der Kreditanstalt unterwegs war, rechtfertigt ebenfalls noch keine Staatstrauer.
Banken sind nun mal fragile Wesen, und selbst Alter schützt vor Unbill nicht. Die Banca Monte dei Paschi di Siena beispielsweise wurde schon 1472 gegründet, war der Stolz Norditaliens – und befindet sich seit Jahren auf der Intensivstation, wo sie mehr schlecht als recht am Leben erhalten wird.
Auch in einem zweiten und weit bedeutenderen Punkt hat Blocher recht: «Eine Zusammenlegung von UBS und CS wäre für den Werkplatz eine schlimme Sache, vor allem für die Bankkunden. Es gibt Geschäfte, die international tätige Schweizer Firmen nur mit einer Grossbank, also in der Schweiz mit der UBS oder mit der CS, machen können. Wenn es da keinen Wettbewerb mehr gibt, sind die Firmen der alleinigen Bank ausgeliefert.»
Blochers Konjunktiv ist mittlerweile zu einem Indikativ geworden. Obwohl die Details noch geregelt werden müssen, ist eine Fusion der beiden Grossbanken nun Tatsache. Dabei muss man kein Greis sein, um sich noch erinnern zu können, dass die Schweiz einmal dreieinhalb Grossbanken hatte: die SBG, die Kreditanstalt, den Bankverein und die Volksbank. Eine Einzige ist übrig geblieben – und das ist keine gute Sache.
Der Vergleich mit der IT-Branche drängt sich auf. Auch dort dominieren Apple, Google, Microsoft & Co. das Geschäft. Das Resultat ist ein wachsender Volkszorn auf die Tech-Oligarchen. Banken waren nie beliebt, Grossbanken schon gar nicht. Die neue Monster-Bank kann daher nicht damit rechnen, mit Blumen und Konfetti empfangen zu werden.
Der Volkszorn ist verständlich. Wirtschaftlich bedeutet dies, dass zehntausende Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Gleichzeitig entsteht ein Banken-Koloss von in der Schweiz bisher unbekanntem Ausmass: Über 120’000 Mitarbeiter soll die neue Bank beschäftigen und rund 4000 Milliarden Franken Vermögen verwalten. Das sogenannte Klumpenrisiko eines solchen Gebildes ist gewaltig.
Der Trend hin zu Monster-Banken ist kein Privileg der Schweiz, es handelt sich um einen internationalen Trend. In den USA wird der Kollaps der Silicon Valley Bank und zwei weiterer Regionalbanken ebenfalls dazu führen, dass die Monopolisierung weiter voranschreitet. Dabei hat sich die Anzahl der amerikanischen Geldinstitute in den letzten Jahrzehnten mehr als halbiert.
Sie wird weiter voranschreiten. Grossbanken können zu besseren Bedingungen Kapital aufnehmen, können sich bessere Spezialisten wie die berühmt-berüchtigten Quants leisten und die Kleinen an die Wand drücken.
Monopole neigen dazu, ihre Macht über Konsumenten zu missbrauchen. Sie neigen auch zu Trägheit und Verkrustung, auch wenn sie mit Management-Tricks und viel PR-Geklingel das Gegenteil vortäuschen. Wie Blocher hat daher schon Präsident Barack Obama nach der Fusionswelle in der Folge der Finanzkrise von 2008 gewarnt: «Den Amerikanern ist nicht gedient mit einem Finanzsystem, das nur noch aus wenigen Firmen besteht. Das ist nicht gut für die Konsumenten; und das ist nicht gut für die Wirtschaft.»
Politisch sind Monster-Banken ein Spiel mit dem Feuer. Die Wut auf sie und die monströsen Boni der Banker ist bereits gross, und sie wird nicht kleiner werden, sollten sie ihre Monopolstellung schamlos ausnützen. Die Voraussetzungen dazu sind vorhanden; «too big to fail» ist eine Untertreibung für das neue Bankgebilde, das entstanden ist. Es muss gestützt werden, komme, was wolle.
Die Banker der UBS haben sich in den Nullerjahren katastrophale Fehler erlaubt, die CS-Banker haben in den letzten Jahren eine Reihe von fast unglaublichen Dummheiten begangen. Das kann sich die neu fusionierte Bank nicht mehr erlauben. Die Linken verlangen bereits heute, dass die Nationalbank Aktien erwirbt, um den Bankern auf die Finger schauen zu können. Die SVP spricht derweil von einem «Banken-Sozialismus».
Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 wurden viele amerikanische Grossbanken kurzzeitig de facto verstaatlicht. Sollten die Banker am Paradeplatz weitermachen wie bisher und nochmals eine Monster-Krise heraufbeschwören, wäre dies auch eine Option für die Schweiz.
Wäre eine Verstaatlichung der CS nicht besser gewesen?
Genau dann hat es die Schweiz gänzlich und endgültig verkackt, denn was Heute der Bundesrat & Co vollführt hat nennt man weitläufig KLUMPENRISIKO …