Ein weiser Mann hat einmal bemerkt, Banking sei ein langweiliges Geschäft, das sehr intelligente Menschen brauche. Es gab Zeiten, da hat dies auch zugetroffen. Die inzwischen verstorbenen Privatbankiers Hans Bär und Hans Vontobel – beide lange die Doyens des Swiss Banking – schildern in ihren Biografien übereinstimmend, dass ihr Beruf bei ihrem Eintritt nach dem Zweiten Weltkrieg geradezu gemächlich war. Keine Hektik, kein Stress – und ja, das Gehalt sei auch nicht viel grösser als das eines Primarlehrers gewesen.
Im Laufe der Siebzigerjahre begann sich dies zu ändern. Eine Kombination von Deregulierung und Innovation führte eine ganz andere Kultur ins Banking ein. Der sorgfältige Kreditfachmann wurde ersetzt durch den aggressiven Investmentbanker. In Filmen wie «Wall Street» wurde das Motto «Gier ist gut» gefeiert, in Büchern wie Tom Wolfes «Fegefeuer der Eitelkeiten» der risikofreudige Trader zum neuen «Master of the Universe» erhoben. Und ja, die Boni der Banker gingen durch die Decke.
Heute leben wir in einer widersprüchlichen Bankenwelt. Jeder, der auch nur eine leise Ahnung von Ökonomie hat, weiss, dass wir auf Banken nicht verzichten können. Sie sind für unsere Wirtschaft so wichtig wie das Blut für unseren Körper. Oder um diese Metapher noch ein bisschen zu dehnen: Sie sind das Herz der freien Marktwirtschaft, doch in der Praxis befinden sie sich immer stärker unter der Obhut des Staates.
Das Resultat dieses Widerspruchs fasst Martin Wolf, Chefökonom bei der «Financial Times», wie folgt zusammen: «Es ist ein System, das für das Funktionieren der Marktwirtschaft unabdingbar ist, aber das nicht nach den Regeln dieser Marktwirtschaft funktioniert. Es ist eine Sauerei.»
An Banken, die sich einzig an den Regeln des freien Marktes orientieren, glauben heute bloss noch ein paar verwirrte Libertäre (oder Bitcoin-Anhänger, aber das ist eine andere Geschichte). In der Praxis sind die Zentralbanken für die Sicherheit der Banken verantwortlich. Sie müssen sie daher überwachen und im Notfall auch dafür sorgen, dass sie nicht zusammenkrachen.
Dies gilt insbesondere für systemrelevante Banken, die, wie es heisst, «too big to fail» sind. Deshalb ist es auch richtig, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) jetzt der Credit Suisse unter die Arme greift und zugesichert hat, ihr notfalls Kredite bis zu 50 Milliarden Franken zu gewähren. Die SNB gewährt der CS keine Extrawurst, sie macht bloss ihren Job.
Das mag ärgerlich sein. Gier und Überheblichkeit haben dazu geführt, dass die Investmentbanker der CS in den letzten Jahren absurde Risiken eingegangen sind. Rund fünf Milliarden Franken gingen beim Kollaps des Hedgefonds Archegos Capital flöten, rund zehn Milliarden Franken wurden mit dem Financier Lex Greensill in den Sand gesteckt, hunderte von Millionen Franken verschlang der Fischerboot-Skandal in Moçambique. Die peinliche Überwachungsgeschichte rund um Tidjane Thiam, den ehemaligen Vorsitzenden der Geschäftsleitung, hat ebenfalls nicht wirklich dazu beigetragen, den Ruf der Bank zu verbessern.
Die Ironie der Geschichte will es nun, dass die CS aktuell in der wohl schlimmsten Krise ihrer Geschichte steckt, obwohl sie direkt nichts damit zu tun hat. Die jüngste Bankenkrise wurde einmal mehr in den USA ausgelöst. Der Kollaps der Silicon Valley Bank und der Signature Bank hat die Märkte aufgeschreckt. Diese Krise ist jedoch nicht vergleichbar mit der Finanzkrise von 2008. Sie ist, wenn überhaupt, eher vergleichbar mit der Savings-and-Loan-Krise, welche in den Achtzigerjahren eine ganze Reihe von Regionalbanken pleitegehen liess.
Trotzdem wird der CS nun die Rolle von Lehman Brothers angedichtet, der Investmentbank, deren Kollaps am Anfang der Finanzkrise 2008 stand. Obwohl sie noch über genügend finanzielle Polster verfügt, ziehen Privatkunden ihr Geld und stossen Investoren ihre Aktien ab. Die CS zahlt jetzt einen hohen Preis für ihre Verfehlungen der Vergangenheit. Die NZZ bringt es in einem Kommentar auf den Punkt: «Erst hatte die Credit Suisse kein Glück, dann kam das Pech dazu – und jetzt braucht sie Hilfe vom Staat».
Walter Bagehot ist der Gründer des «Economist», eines der einflussreichsten Wirtschaftsmagazine der Welt. Er war auch ein ausgewiesener Finanzspezialist und hat einst festgestellt: «Das Bankgeschäft sollte einfach sein. Wenn es schwierig wird, dann läuft etwas schief.»
Unter den aktuellen Bedingungen wird immer wieder mal etwas schieflaufen. Periodisch auftretende Bankkrisen sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Wollen wir sie verändern, müssen wir die Rahmenbedingungen ändern. Das bedeutet konkret, dass das Banking wieder langweilig werden muss – und die Boni der Banker das Zehnfache, aber nicht das Hundertfache des Lohnes eines Primarlehrers betragen dürfen.
Nun die Schweizer haben die 1:12 Initialtive damals ja abgelehnt. Nun sind wir eben wieder auf Feld 1.
Ihr wollt langweilige Banker? dann Zahlt ihnen und ihren Managern und den Verwaltungsräten eben langweilge feste Gehälter.
Sein Satz: „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten, und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“ zeigt exemplarisch, was heute in dieser schnelllebigen Zeit falsch läuft; Aktien wären Anteile an Firmen und keine Garantie-Geldmaschinen.