Vier Fünftel der Schweizer Bevölkerung über 16 Jahren tragen gemäss der neuesten Studie des Verbands Optikschweiz eine Brille oder Kontaktlinsen. Die Zahl der auf Sehhilfen angewiesenen Personen dürfte seither weiter zugenommen haben, darauf deutet der langfristige Trend hin. In diesem wachsenden Markt sind Schweizer Optikergeschäfte darauf angewiesen, sich mit immer neuen Innovationen wie verbesserten Gläsern oder 3D-gedruckten Brillenfassungen von der Konkurrenz abzuheben. Das Optikerunternehmen Visilab geht dabei einen anderen Weg. Die Schweizer Tochter des französisch-italienischen Optik-Riesen Essilor Luxottica hat kürzlich ein Brillen-Abo in allen 77 Schweizer Filialen lanciert.
Seit einigen Wochen wird das neue Angebot «Visilab Optimum» offensiv im Fernsehen und auf Social-Media-Kanälen von Visilab beworben. Allein auf Instagram wurden seit Anfang März zehn Posts zu dessen Vorzügen abgesetzt. Das Abonnement, das über eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren abgeschlossen wird, beinhaltet eine Miete von zwei Korrektur- oder Sonnenbrillen inklusive eines jährlichen Sehtests und einer Bruch-, Verlust- und Diebstahlversicherung. Zusätzliche Flexibilität bieten sollen die Option des Gläseraustauschs bei Veränderung der Sehstärke sowie die Möglichkeit, jährlich eine der beiden Fassungen auszuwechseln.
«Unser All-Inclusive-Abo ermöglicht es uns, die Augengesundheit unserer Kundinnen und Kunden proaktiv zu betreuen. Wir gehen auf ihre Bedürfnisse ein, die sich im Laufe der Jahre ändern können, wie zum Beispiel eine Veränderung der Sehstärke oder der Wunsch nach einem Upgrade der Brille», teilt Visilab auf Nachfrage mit. Das Modell ermögliche durch die monatliche Zahlung zudem eine bessere Kostenkontrolle.
Der monatliche Preis von 27 Franken, mit welchem das Abo beworben wird, gilt dabei für zwei Basis-Fassungen zu je 119 Franken sowie Gläser aus der «V-One Essential»-Reihe, der zweiten von fünf Gläserkategorien des Optikers. Wer an diesen Bedingungen etwas ändern will, bezahlt mehr.
Auf die Nachfrage, wie stark sich der Preis erhöht, wenn beispielsweise zwei Brillenfassungen à rund 300 Franken – grosse Hersteller wie Prada oder Armani bewegen sich in diesem Preissegment – gemietet würden, heisst es beim Unternehmen, «die Kosten können variieren».
Visilab zeigt sich überzeugt vom neuen Abo-Modell. Dieses stelle einen «bedeutenden Fortschritt» auf dem Brillenmarkt dar und entspreche einem Bedürfnis, das man bei den Kundinnen und Kunden festgestellt habe. Entsprechend positives Feedback habe man seit der Lancierung von «Visilab Optimum» erhalten. Zur Anzahl der bislang gewonnenen Abonnentinnen und Abonnenten äussert sich Visilab nicht, sie seien aber «zahlreich».
Infrage gestellt wird diese Aussage von der Konkurrentin Fielmann. Die deutsche Optikergruppe betreibt rund 50 Filialen in der Schweiz. «Den Versuch, derartige Modelle in der Branche einzuführen, hat es bereits in der Vergangenheit gegeben. All diese Modelle sind jedoch aufgrund zu geringer Nachfrage wieder vom Markt verschwunden.» Man biete deshalb aktuell kein Abonnement an. Die Kundschaft habe bislang überdies «nie den Wunsch geäussert, ihre Brillen in Raten zu zahlen», so das Unternehmen.
Die Antwort liefert Visilab gleich selbst: «Die Kundinnen und Kunden schätzen den einfachen Service, die Qualität der Produkte und die langfristige Beziehung zu ihrem Augenoptiker.»
Vor allem der letzte Punkt dürfte für Visilab ausschlaggebend sein. Denn wird gemietet statt gekauft, kann die Kundenbindung verlängert werden – ähnlich handhaben dies auch Softwarefirmen oder Haustechnikunternehmen, erklärt die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) auf Anfrage. Die zunehmende «Aboisierung» in vielen Branchen gerät immer mehr in die Kritik. Im vergangenen Jahr sorgte beispielsweise der Haushaltgerätehersteller V-Zug mit einem neuen Abo-Modell international für Schlagzeilen.
Generell sei Kaufen «die bessere Option, wenn das Produkt relativ lange genutzt wird», heisst es bei der SKS. Kundinnen und Kunden sollten immer analysieren, ob sie die gebotenen Leistungen eines Abos wirklich benötigten. Und: «Bei Abos handelt es sich um Kosten, die zu Beginn tief sind, das Haushaltsbudget aber jeden Monat belasten.» Im Fall von «Visilab Optimum» liegen die minimalen Gesamtkosten über eine Laufzeit von 24 Monaten bei 648 Franken.
(aargauerzeitung.ch)