Wissen
Energie

ETH-Studie: In 30 Jahren könnte jedes Haus sein eigenes Kraftwerk haben

Details zum Sonnenschiff in grüner Stadt Freiburg. Das Solarschiff befindet sich im Solardorf Vauban in Freiburg, Schwarzwald. Es ist bekannt für seine Nutzung alternativer und erneuerbarer Energien.
Das Sonnenschiff in Freiburg (D) ist bekannt für seine Nutzung alternativer und erneuerbarer Energien. Bild: Shutterstock

Neue ETH-Studie: In 30 Jahren könnte jedes Haus sein eigenes Kraftwerk haben

2050 sind Häuser, die ohne fremde Energie auskommen, in der Schweiz technisch grossflächig machbar. Sie funktionieren auch im Winter.
26.04.2020, 07:5328.05.2020, 13:28
Bruno Knellwolf / ch media
Mehr «Wissen»

Bis 2050 will die Schweiz den CO2-Ausstoss auf netto null senken. Der Anfang Monat vorgestellte Energieplan will Elektroautos und Wärmepumpen statt Ölheizungen. Eine Möglichkeit wären auch Häuser, die keine Energie von aussen brauchen, sondern sich selbst versorgen: energieautarke Gebäude. Was wie ein Traum tönt, kann gemäss einer im Fachmagazin «PLOS One» publizierten Studie der beiden ETH-Forscher Stefan Pfenniger und Ursin Gstöhl bis 2050 Realität werden.

Dann soll es technisch möglich sein, dass Ein- und Mehrfamilienhäuser in der Schweiz vollständige Selbstversorger sind, in denen zudem auch noch das Elektroauto getankt werden kann. Leicht realisierbar wäre diese Autarkie gemäss der Studie für energiebewusste Menschen in Einfamilienhaushalten, die Elektromobile weniger oft und über kürzere Distanzen verwenden.

In Zukunft wird der Strombedarf in der Schweiz durch die Elektrifizierung des Heizens und der Mobilität weiter ansteigen – und das möglichst CO2-frei. Selbstversorgende Häusern beziehen ihre Energie zum grössten Teil von der Sonne mittels Photovoltaikanlagen.

Energie

Die Sonnenenergie fällt bei einem solchen Haus aber nicht gleichmässig an. So kann es sein, dass ein Gebäude übers ganze Jahr gerechnet zwar so viel Solarstrom produziert wie es benötigt. Aber nicht unbedingt dann, wenn der Strom im Haus gebraucht wird – also zum Beispiel im Sommer statt im Winter. Dann entstehen in einem solchen Gebäude Energielücken.

Das ideale Selbstversorgungs-Hauser überbrückt diese Lücken mit Batterien und anderen Stromspeichermöglichkeiten. Dafür muss allerdings viel Energie gespeichert werden. Das ist somit der Knackpunkt für energieautarke Häuser.

The Aldi Suisse branch in Ingenbohl with solar panels on its roof and next to highway A4, photographed in Ingenbohl in the Canton of Schwyz, Switzerland, with solar panels on its roof, photographed on ...
In der Zukunft könnten alle Häuser Photovoltaikanlagen auf dem Dach haben – so wie es diese Aldi-Filiale in Ingenbohl heute schon hat.Bild: KEYSTONE

Kurzfristige und langfristige Speicherung im Haus

Bei der Speicherung des Solarstroms rechneten die ETH-Forscher mit zwei verschiedenen Möglichkeiten: Zum einen mit der kurzfristigen Speicherung in Lithium-Ionen-Batterien. Zum anderen mit langfristiger Speicherung mit Wasserstofftanks, mit einem Elektrolyse-Gerät für die Umwandlung des Solarstroms in Wasserstoff und einer Brennstoffzelle für die Stromerzeugung im Haus. So muss es nicht am öffentlichen Netz angeschlossen sein.

Die Untersuchung zeigte, dass urbane, energiebewusste Menschen solche energieautarke Häuser voranbringen. Entscheidend ist aber die Möglichkeit der Sonnennutzung, die durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Durch die verfügbaren Dach- oder Fassadenflächen und die Effizienzverbesserungen der Solaranlagen über die nächsten Jahrzehnte.

Klima

Auf gleichbleibender Fläche erzeugen diese Anlagen immer mehr Strom und erhöhen in Zukunft die Zahl von energieautarken Häusern. Am einfachsten ist die Umsetzung bei Einfamilienhäusern, die den Vorteil haben, dass mehr Solarfläche pro Bewohner zur Verfügung steht als bei Mehrfamilienhäusern. In einem Wohnblock kann man zwar eine grössere und effizientere Solaranlage platzieren. Trotzdem reicht die bestehende Dachfläche meist nicht für alle Bewohner.

Gstöhl und Pfenninger haben auch die Kosten berechnet. Alle vollständig energieautarken Gebäude wären teurer als Haushalte, die zwar vollständig elektrifiziert sind, ihren Strom aber nicht nur vom Hausdach, sondern auch aus dem Netz beziehen. Das hat vor allem mit den hohen Kosten für die Speichersysteme zu tun, also für Batterien und Wasserstofftanks.

Die elektrifizierten Haushalte am Stromnetz wären aber wiederum günstiger als solche, die zum Heizen und für Fahrzeuge noch fossile Brenn-​ und Treibstoffe verwenden. «Solaranlage, Wärmepumpe und Elektroauto lohnen sich also, auch wenn sich die volle Energieautarkie finanziell nicht rechnet», sagt Gstöhl.

Nicht berücksichtigt wurde, dass in Zukunft vielleicht auch das Elektroauto im Haus als Speicher dient. «Das wäre durchaus möglich», sagt Pfenninger. In ihren Überlegungen musste das Haus aber auch in Abwesenheit des Autos weiter unabhängig funktionieren.

«Mit intelligenten Ladestrategien liesse sich das Fahrzeug als Speicher nutzen, was über Einsparungen bei zusätzlichen stationären Batterien die Systeme billiger machen würde. In diesem Sinn ist unsere Studie also konservativ mit der Kostenrechnung»

, erklärt der ETH Forscher.

(aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Solarenergie aus dem Veloweg
1 / 8
Solarenergie aus dem Veloweg
Ein Fahrradweg, der Solarenergie erzeugt: «SolaRoad».
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Dieses Haus produziert 7x mehr Energie als es verbraucht
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
93 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
infomann
26.04.2020 09:39registriert Juni 2015
Da wird die Öllobby und ihre Anhänger noch lang mit allen Mitteln dagegen kämpfen.
Es ist beruhigend zu wissen dass wir auch ohne diese Ölschurkenstaaten auskommen könnten.
Übrigens auch Kunststoffe lassen sich ohne Öl herstellen.
12814
Melden
Zum Kommentar
avatar
FrancoL
26.04.2020 09:49registriert November 2015
Es wäre schön wenn man bei der Speicherung von Solarenergie nicht nur die Photovoltaikebene in den Vordergrund stellen würde sondern auch die weit einfachere Thermische Nutzung nicht vernachlässigen würde, denn die Effizenz ist bei der Thermischen Nutzung nicht zu vernachlässigen.
Ein guter Mix von PV und Thermischen-Kollektoren mit den entsprechenden Speichereinheiten ist in Zukunft gefragt um Sonnenenergie optimal zu nutzen.
7912
Melden
Zum Kommentar
avatar
Atavar
26.04.2020 10:31registriert März 2020
Auch auf heutigem Stand ist es mit der Klimapolitik des Bundes nicht nachvollziehbar, weshalb PV keine grössere Förderung erfährt...

Viele Standards von Mindergie sind (wenn man den Baustandard will) verpflichtend und nicht unbedingt gut für's Bauen bzw. anschliessende Bewohnen.

Aber PV auf dem Dach ist immer noch selten... Das verstehe wer will.
6111
Melden
Zum Kommentar
93
«Elon Musk sagte, er würde gelähmte Menschen zum Laufen bringen, wir haben es geschafft»
Sie bringen Gelähmte zum Laufen. Und das ist unglaublich. Was gibt es da noch zu sagen? Wir haben uns mit der Neurochirurgin Jocelyne Bloch und dem Neurowissenschaftler Grégoire Courtine getroffen, um über ihre revolutionären Methoden zu sprechen.

Es ist einer der alten Träume der Menschheit: Jene zum Laufen zu bringen, die es nicht mehr können. 2018 im CHUV konnten die anwesenden Journalisten, mich eingeschlossen, es kaum fassen: Sebastian Tobler, ein Sportler, der nach einem Sturz zum Tetraplegiker geworden war, lief mithilfe eines Gurtsystems und einer revolutionären Technologie, die die elektrische Verbindung zwischen seinem Gehirn und dem Nervensystem seiner gelähmten Gliedmassen wiederherstellte.

Zur Story