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55'000 Greifvögel fehlen in Europa – wegen bleihaltiger Munition

55'000 Greifvögel fehlen in Europa – wegen bleihaltiger Munition

18.03.2022, 06:1018.03.2022, 06:10
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Wegen der Verwendung bleihaltiger Jagdmunition sind Greifvogel-Populationen in Europa deutlich kleiner als sie eigentlich wären. Zu diesem Schluss kommt ein Team deutscher und britischer Forschender.

Steinadler
Besonders betroffen: der Steinadler.Bild: shutterstock.com

Seeadler, Mäusebussarde und andere Vögel nehmen das toxische Schwermetall auf, wenn sie mit derartiger Munition angeschossene oder erlegte Tiere fressen. Die daraus folgende Vergiftung habe dazu geführt, dass bei zehn Greifvogelarten rund 55'000 erwachsene Vögel aus dem europäischen Luftraum verschwanden, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal «Science of the Total Environment».

Bleimunition stellt eine grosse Gefahr für die gesamte Vogelwelt dar: In der EU sind nach Schätzungen der Europäischen Chemikalienagentur ECHA 135 Millionen Vögel von Bleivergiftung bedroht – entweder, indem sie Bleischrot direkt verschlucken oder durch das Fressen von Tieren, die Blei im Körper hatten.

Eine solche Bleivergiftung kann in hohen Dosen zu einem langsamen und schmerzhaften Tod der Tiere führen, während kleinere Dosen mit physiologischen und Verhaltensveränderungen in Verbindungen gebracht wurden.

Ungiftige Alternativen

Biologen der Universität von Cambridge haben mit Unterstützung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin berechnet, wie gross die Auswirkungen der Vergiftung bei Greifvögeln sind. Demnach ist die Seeadler-Population (Haliaeetus albicilla) 14 Prozent kleiner als sie ohne die mehr als ein Jahrhundert andauernde Exposition gegenüber tödlichen Bleikonzentrationen in einigen Nahrungsquellen gewesen wäre.

Die Populationen von Steinadlern (Aquila chrysaetos) und Gänsegeiern (Gyps fulvus) seien jeweils um 13 bzw. 12 Prozent kleiner, während die Bestände an Habichten (Accipiter gentilis) um 6 Prozent und die an Rotmilanen (Milvus milvus) und Rohrweihen (Circus aeruginosus) um jeweils 3 Prozent niedriger seien.

Eindringlich plädieren die Biologen für ein Verbot: «Das vermeidbare Leiden und der Tod zahlreicher einzelner Greifvögel durch Bleivergiftung sollte ausreichen, um die Verwendung ungiftiger Alternativen zu fordern», betont etwa Mitautorin Debbie Pain. (sda/dpa)

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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GrünerJäger
18.03.2022 06:46registriert März 2020
Manche Jäger beklagen sich, dass die bleifreie Munition unpräzisser und weniger effektiv sei (Tier liegt nicht im Knall).
Ich jage bleifrei und kann bestätigen, dass für mich dem nicht ist. Zudem ist es erst noch gesünder für diejenige und derjenige, der das Wildbret danach geniesst. Denn das was die Vögel krank macht, macht auch den Menschen krank. Deshalb wäre es wirklich an der Zeit, für ein europaweites Bleiverbot.
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Bits_and_More
18.03.2022 08:39registriert Oktober 2016
Bleihaltige Munition auf der Wasservogeljagd ist in der Schweiz schon verboten, der Kanton GR kennt sogar ein generelles Verbot bleihaltiger Munition.

Ein schweizweites Verbot ist nur eine Fragelder Zeit.
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