Im Herzen der Finsternis: Erinnerungen an den afrikanischen Holocaust
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800'000 Tote in Ruanda
Aus Nachbarn wurden Feinde: Vor 20 Jahren starb der ruandische Präsident bei einem Flugzeugabsturz. Das war der Auftakt zu einem 100-tägigen Gemetzel, dem mehr als 800'000 Menschen zum Opfer fielen. Der Völkermord in Ruanda, der «Schweiz Afrikas», war nach dem Holocaust das schlimmste Verbrechen des 20. Jahrhunderts.
05.04.2014, 16:1006.04.2014, 17:21
Nach dem Anschlag auf den eher gemässigten Hutu-Präsidenten Juvénal Habyarimana entluden sich die seit Jahren steigenden Spannungen zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda. Soldaten und Hutu-Milizen töteten nach Schätzungen der UNO vom 6. April bis zum 18. Juli 1994 rund 800'000 Angehörige der Tutsi-Minderheit und gemässigte Hutu, die gegen das Gemetzel opponierten oder nicht daran teilnahmen. Ruandische Schätzungen gehen von knapp über einer Million Opfern aus.

Tutsi-Rebell der RPF im Mai 1994 vor den Trümmern des abgestürzten Flugzeugs. 2012 wurde bekannt, dass radikale Hutus eine Rakete auf die Maschine abgefeuert hatten.Bild: AP Fackel zum Jahrestag soll Land vereinen
Eine Fackel wird zum 20. Jahrestag des Völkermords durch Ruanda getragen.Bild: AP
100 Tage, 800'000 Tote
Tausende Vertriebene starben in Flüchtlingslagern
Hutu und Tutsi – Ackerbauern gegen Rinderzüchter
In vorkolonialer Zeit war der Gegensatz zwischen Hutu und Tutsi weniger ausgeprägt. Die Theorie des Historikers John Iliffe besagt, dass es auf die Grösse des Rinderbestandes ankam, wer Hutu oder Tutsi genannt wurde. Es wird überliefert, dass Tutsi vor Jahrhunderten als Hirten nach Ruanda einwanderten, während Hutu auf den vielen Hügeln Ackerbau betrieben.
Belgien erhielt nach dem Ersten Weltkrieg vom Völkerbund die Mandatsmacht über das Gebiet und etablierte eine indirekte Herrschaft, die auf die Tutsi abstützte. Die Ethnie wurde im Ausweis vermerkt, was den Gegensatz verstärkte. Die von den Kolonialherren vertiefte Spaltung setzte sich nach der Unabhängigkeit fort.
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Sechs Präsidenten in 53 Jahren
Von der Unabhängigkeit im Januar 1961 bis 1994 waren die vier Präsidenten allesamt Hutu. Die zwei Präsidenten nach dem Genozid kommen aus der Partei FPR, denen Ex-Tutsi-Rebellen und gemässigte Hutu angehören. Grégoire Kayibanda, von 1961 bis 1973 an der Macht, war von einem Schweizer Bischof ausgebildet worden und pflegte enge Beziehungen in die Schweiz.
Die Schweiz hatte bis zum Genozid in Ruanda eine spezielle Beziehung zur «afrikanischen Bergbauerndemokratie». Bundesbern suchte Anfang der 60er-Jahre ein Prestigeprojekt für die Entwicklungshilfe, wo man mit wenig Mitteln schnell sichtbare Erfolge erzielen wollte. Dazu wurden Gemeinsamkeiten mit Ruanda gesucht, die komplexe Gesellschaft im ostafrikanischen Kleinstaat aber zu stark vereinfacht. Das einigermassen erfolgreiche Genossenschaftsprojekt Trafipro wurde etwa von Präsident Kayibanda zu seiner persönlichen Machterweiterung missbraucht.
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