Offiziell will die US-Regierung die Ergebnisse wohl erst am Dienstag verkünden, doch die grosse Nachricht ist schon durchgesickert: Bei jüngsten Experimenten zur Kernfusion am staatlichen Lawrence Livermore-Labor in Kalifornien soll zum ersten Mal mehr Energie erzeugt worden sein als für die Fusion aufgewendet wurde, berichtet die «Financial Times» unter Berufung auf Mitarbeiter der Einrichtung. «Wenn sich das bestätigt, erleben wir einen historischen Moment», zitiert die Zeitung den Plasmaphysiker Arthur Turrell vom Londoner Imperial College.
Bei der Kernfusion geht es darum, Energie aus der Verschmelzung von Wasserstoffatomen zu Helium zu gewinnen. Es ist derselbe Prozess, der die Sonne zum Leuchten bringt und Wasserstoffbomben ihre gewaltige Zerstörungskraft verleiht. Die Technik basiert genau wie die Kernspaltung auf Albert Einsteins berühmter Formel E=mc2, der zufolge sich Masse in Energie verwandeln lässt und umgekehrt.
In der Hoffnung auf unbegrenzte Energie ohne CO2-Ausstoss wird schon seit den 1950er-Jahren an der kontrollierten Kernfusion geforscht, doch entscheidende Durchbrüche blieben aus. Bislang ist es keinem Team gelungen, eine stabile kontrollierte Fusion aufrechtzuerhalten, die mehr Energie abgibt als sie verbraucht.
Das Lawrence Livermore-Labor bei San Francisco nutzt für die Kernfusion einen der stärksten Laser der Welt. Damit beschiessen die Forscher die Wasserstoff-Isotope Tritium und Deuterium, die in einer nur zwei Millimeter grossen Kapsel gefangen sind. Bei einer Temperatur von knapp 60 Millionen Grad Celsius verschmelzen die Wasserstoff-Isotope zu Helium und verlieren dabei einen kleinen Teil ihrer Masse in Form von Strahlung.
Der «Financial Times» zufolge wurde dabei zuletzt 20 Prozent mehr Energie gewonnen als investiert. Die US-Staatsministerin für Energie, Jennifer Granholm, sprach demnach von einem «grossen wissenschaftlichen Durchbruch», der am Dienstag verkündet werden solle. Weitere Details nannte sie nicht.
«Für die meisten von uns war das nur eine Frage der Zeit», zitiert die «Washington Post» einen leitenden Wissenschaftler der Einrichtung. Offiziell hat sich das Lawrence Livermore-Labor bislang nicht zu den Ergebnissen geäussert. David Edelman von der Firma TAE, die ebenfalls an der Kernfusion forscht, sagte der Zeitung: «Das ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu Fusionsenergie. Wir können stolz sein, dass dies in den USA gelungen ist.»
Iter, der grösste Fusionsreaktor der Welt, entsteht zurzeit im südfranzösischen Cadarache. Er soll nach jüngsten Angaben bis 2028 in Betrieb gehen und ab Mitte der 30er-Jahre Strom liefern. An dem Milliardenprojekt sind neben der EU auch Grossbritannien, die Schweiz, China, Japan, Südkorea, Russland und die USA beteiligt.
Bei Iter handelt es sich um einen Tokamak-Reaktor: Bei diesem Bauprinzip wird ein Plasma aus Wasserstoff-Isotopen in einem starken Magnetfeld so weit erhitzt, bis die Kernfusion einsetzt. Bis jetzt ist aber nicht bewiesen, dass dieses Prinzip tatsächlich funktioniert. Um Tokamak-Reaktoren handelt es sich auch bei den Forschungseinrichtungen Wendelstein 7-X in Greifswald und in Garching bei München.
(t-online, mk)
Die Verfechter des Kapitalismus schreiben sich immer gerne solche Innovationen auf den Hut. Tatsächlich müssen solche Projekte am Anfang immer von Staat finanziert werden, erst wenn am Horizont Rendite sichtbar wird tauchen die Kapitalisten auf.
Eine umweltfreundliche Energiequelle könnte viele Probleme lösen.
Ich wünsche den beteiligten Wissenschaftlern viel Erfolg, dass sie wirklich eine bahnbrechende Entwicklung geschafft haben.