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US-Repräsentantenhaus stimmt für Abschaffung von «Obamacare»

US-Repräsentantenhaus stimmt für Abschaffung von «Obamacare»

Das US-Repräsentantenhaus hat einer Neufassung von Obamacare zugestimmt. Mit hauchdünner Mehrheit von 217 zu 213 votierten die Republikaner für einen Gesetzesentwurf, der die Krankenversicherung in Teilen abschaffen soll.
04.05.2017, 20:2904.05.2017, 21:47
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Gegen die Abschaffung von Obamacare stimmten sämtliche Abgeordneten der Demokratischen Partei und rund 20 republikanische Parlamentarier.

Kritiker sagen, das Gesetz bringe Kranken in den USA gravierende Nachteile und habe mit einer Versicherung nichts mehr zu tun.

Mit dem ersten Vorstoss einer Gesundheitsreform hatte US-Präsident Donald Trump Ende März eine schwere Niederlage erlitten. Der Gesetzentwurf scheiterte in den eigenen Reihen bereits an der ersten parlamentarischen Hürde und wurde zurückgezogen.

Former President Barack Obama pauses as he hosts a conversation on civic engagement and community organizing, Monday, April 24, 2017, at the University of Chicago in Chicago. It's the former pres ...
Barack Obama ist ab den aktuellen Neuigkeiten bezüglich «Obamacare» nur bedingt amüsiert.Bild: Charles Rex Arbogast/AP/KEYSTONE

Die Abschaffung von Obamacare ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps. Seit sieben Jahren laufen die Republikaner Sturm gegen diese Versicherung.

Würde das Gesetz so umgesetzt, würde das Gesundheitssystem der USA einen fundamentalen Wandel erleben. Trump hatte ihn im Wahlkampf versprochen.

House Speaker Paul Ryan of Wis. is reflected in a glass door as he arrives to speak with reporters following the Republican Caucus meeting on Capitol Hill in Washington, Tuesday, May 2, 2017. (AP Phot ...
Der Republikaner Paul Ryan freut sich über den Entscheid im Repräsentantenhaus.Bild: AP/FR170079 AP

Nicht vor Juni im Senat

Trotz des Abstimmungserfolges vom Donnerstag wird das Gesetz aber in der vorliegenden Form kaum Wirklichkeit werden. Der US-Senat, die zweite Kammer im US-Kongress, hat sich bereits sehr kritisch geäussert und wird es so wohl nicht passieren lassen. Die Mehrheitsverhältnisse sind dort knapper als im Repräsentantenhaus. Der Senat debattiert das Gesetz nicht vor Juni.

Das positive Votum vom Donnerstag ist dennoch ein Erfolg für Trump: Es ist das erste bedeutende Gesetzeswerk, auf das seine Partei sich einigen konnte. Der Abstimmung waren sehr intensive Verhandlungen verschiedener Parteigruppierungen mit dem Weissen Haus vorausgegangen.

Auch für Paul Ryan, den republikanischen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, war der Erfolg enorm wichtig. Die Republikaner wollten das Gesetz in der jetzigen Phase vor allem schlicht vom Hof haben, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.

House Majority Leader Kevin McCarthy of Calif., accompanied by Rep. Cathy McMorris Rodgers, R-Wash., speaks with reporters on Capitol Hill in Washington, Tuesday, May 2, 2017, following the Republican ...
Kevin McCarthy, der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, ist sich sicher, dass die gesamthaften Gesundheitskosten sinken werden.Bild: AP/FR170079 AP

Finanzielle Folgen unbekannt

Wegen des enormen Zeitdrucks hat allerdings kein Abgeordneter das gesamte Gesetz gelesen. Auch die genauen finanziellen Folgen sind nicht bekannt, das könnte sich für die Republikaner noch als verhängnisvoll erweisen. Die Abgeordneten sollten nach Donnerstag erst am 16. Mai wieder zusammenkommen. Auch das galt als ein Grund für die von den Republikanern durchgedrückte Abstimmung.

Ein zentraler Punkt ist die Versicherung von Menschen mit Vorerkrankungen. Der republikanische Mehrheitsführer Kevin McCarthy sagte, sie würden weiter versichert. Das wird aber bezweifelt, weil auch lange nicht mehr so viele Vorerkrankungen anerkannt würden. Die Gesamtkosten für die Gesundheitsversorgung würden sinken, sagte McCarthy.

Die neue Version sieht vor, dass Versicherer unter bestimmten Umständen höhere Sätze für schwerkranke Kunden berechnen dürfen. Im Gegenzug werde für Menschen mit Vorerkrankungen finanzielle Hilfe in Höhe von 8 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Es wird kritisiert, dass diese Summe bei weitem zu gering ist.

House Minority Leader Nancy Pelosi of Calif. speaks to reporters during a news conference on Capitol Hill in Washington, Thursday, April 27, 2017. (AP Photo/Manuel Balce Ceneta)
Nancy Pelosi von den Demokraten betiteln den Entscheid als «tödlichen Witz».Bild: Manuel Balce Ceneta/AP/KEYSTONE

Wie Hustensaft für Krebspatienten

An dem neuen Entwurf gibt es geharnischten Protest von Ärzteverbänden, Sozialverbänden, Patientenschützern und den Demokraten. Alle verweisen auf schwere drohende Einbussen für Kranke. Die führenden Demokraten Charles Schumer und Nancy Pelosi sagten, das Gesetz sei wie Hustensaft für einen Krebspatienten in Stufe vier. Pelosi sagte, es sei ein tödlicher Witz.

Die Abstimmung wurde von den Republikanern angesetzt, ohne das unabhängige Congressional Budget Office (CBO) zu Kosten und Auswirkungen des Gesetzentwurfs zu befragen. Das CBO hatte zu den ursprünglichen Plänen der Republikaner geschätzt, dass bis 2026 rund 24 Millionen mehr Amerikaner keine Versicherung haben würden.

Pelosi sagte, die Abstimmung ohne CBO-Prüfung zeige, wie viel Angst die Republikaner davor hätten, dass die Öffentlichkeit das gesamte Ausmass des Planes kenne. Das amerikanische Volk werde sie dafür zur Verantwortung ziehen. (sda/dpa/afp)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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rodolofo
04.05.2017 20:57registriert Februar 2016
Ja schafft Obamacare ab!
Und schafft Kranke und Verletzte ab!
Oder ausschaffen wäre doch auch eine Möglichkeit.
"Abschaffen", "ausschaffen", "rückschaffen" sind die Lieblingswörter der "ggschaffigen" Rechtsnationalen.
Das ist alles, was die schaffen...
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JJ17
04.05.2017 22:22registriert August 2014
Ich denke nicht, wie viele andere Bürger in der Schweiz, immer direkt Trump = scheisse. Aber beim Satz «Wegen des enormen Zeitdrucks hat allerdings kein Abgeordneter das gesamte Gesetz gelesen.» wusste ich echt nicht ob ich lachen oder weinen soll...
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phreko
04.05.2017 21:31registriert Februar 2014
Einen Plan haben sie trotzdem keinen.
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