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Adobe Photoshop ist 30 – für uns Konsumenten kein Grund zu feiern!

Das abgewandelte Adobe-Logo: Der australische Fotograf Adam Marsh hat Anfang Jahr mit seiner Photoshop-Kritik in ein Wespennest gestochen.
Das abgewandelte Adobe-Logo: Der australische Fotograf Adam Marsh hat Anfang Jahr mit seiner Photoshop-Kritik in ein Wespennest gestochen. screenshot: petapixel.com
Kommentar

Adobe Photoshop ist 30 – warum das (fast) kein Grund zum Feiern ist 🤨

Das Programm, das für Bildbearbeitung steht, ist auch ein Beispiel dafür, was bei Quasi-Monopolisten schief läuft. Ein Rant mit einem Happy-End.
21.02.2020, 19:38
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Adobe Photoshop ist 30.

Dass ich über das bekannte Bildbearbeitungsprogramm schreibe, hat mit einem kürzlich gehörten Beitrag auf Radio SRF1 zu tun. Eine gefühlt endlose und unkritische Lobbeshymne für eine ziemlich fragwürdige Software.

Hier kommt nun – in der gebotenen Kürze – mein Rant, warum 30 Jahre Photoshop nicht nur Grund zum Feiern ist.

Photoshop ist wie WhatsApp

Viele glauben, nicht darauf verzichten zu können. Dabei scheitert das Wechseln zu alternativen Programmen hauptsächlich an unserer eigenen Bequemlichkeit. 😏

Monopole sind NIE gut für die Konsumenten

Microsoft ist mit seinem Windows-Betriebssystem und der Office-Software das Paradebeispiel für einen Quasi-Monopolisten. Wenn ein Unternehmen dermassen gross und mächtig wird, ist der Wettbewerb beeinträchtigt. Punkt. Das gilt auch für Adobe – die Dominanz zeigt sich nur schon daran, dass Photoshoppen das Synonym für Bildbearbeitung ist.

Quasi-Monopole mögen für die Aktionäre einträglich sein, den Schaden haben wir Steuerzahler und Konsumenten. Stattdessen sollten wir eine Vielfalt von Anbietern anstreben und vor allem Open-Source-Software fördern.

Das Abkassier-, äh Abo-Modell

Was tun Unternehmen, um mit dem gleichen Produkt noch mehr von seinen Kunden zu kassieren? Richtig, statt das Produkt zu verkaufen, wird es nur noch vermietet. Oder auf Englisch: Welcome to the Business Model from Hell.

Und jetzt rate, wann Adobe das Abomodell einführte ...

Bild
screenshot: google
«Es spielt keine Rolle, ob Photoshop noch König ist, denn Königreiche revoltieren normalerweise, wenn der König tyrannisch wird.»
Adam Marsh

Auf den ersten Blick ist das Abo-Modell verlockend, weil die Kunden keine (im direkten Vergleich) teureren Einzel-Lizenzen bezahlen müssen. Dazu gibts Online-Speicher, um die Dateien bequem und sicher in der Cloud zu speichern.

Die Schattenseite dieses Lock-in-Effekts zeigte sich im vergangenen Oktober in Venezuela. Nachdem die US-Regierung Wirtschafts-Sanktionen verhängte gegen das lateinamerikanische Land, musste Adobe ankündigen, dass sämtliche Nutzerkonten gesperrt werden müssten.

Wenn der König Fett ansetzt

Viele professionelle Nutzer müssen die Software-Lizenzen nicht bezahlen, das übernimmt der Arbeitgeber. Von einigen ist die Kritik laut geworden an Adobe, dass das Unternehmen zu wenig auf seine wichtigsten Kunden höre.

Photoshop ist Marktführer und bietet zweifelsohne ein bestechend gutes Gesamtpaket an. Doch tragen die einseitigen Machtverhältnisse nicht unbedingt zu einer stetigen Verbesserung der Software bei, wie Kritiker bemängeln.

Wenn der Wettbewerb hart sei, zwinge er ein Unternehmen dazu, mehr Ressourcen in Forschung und Entwicklung (R&D) zu investieren und einen tieferen Profit zu akzeptieren, argumentiert der australische Blogger Adam Marsh. Dies habe man bei früheren Photoshop-Versionen gesehen:

«Adobe musste wirklich hart an der Entwicklung neuer Funktionen für jede Iteration von Photoshop arbeiten, von [Version] 2 bis 3 bis 5 bis 6. Zu diesem Zeitpunkt waren sie am besten.»

Kundendienst?

Über den Support, den Adobe aus Kostengründen in ferne Länder ausgelagert hat, liessen sich Bände schreiben.

Aufschlussreicher Hashtag: #CancelAdobe

Willkürliche Preisänderungen, fehlende Transparenz

Adobe stand währen seiner 30-jährigen Regenschaft mit Photoshop immer mal wieder wegen der undurchschaubaren Preispolitik in der Kritik.

Bekanntermassen führt das Unternehmen auf seiner Website A-B-Tests mit unterschiedlichen Preisen durch, was für Besucher nicht nachvollziehbar ist. Zudem variierten die Preise je nach Kontinent massiv. Weil Europäer mehr bezahlen sollten als Amerikaner, gab es sogar politische Vorstösse.

Bei der Lancierung 2013 verlangte das Unternehmen 10 US-Dollar pro Monat für das Creative-Cloud-Bundle, das neben Photoshop auch Online-Speicher beinhaltete. 2019 verschwand das Angebot plötzlich, nun sollten die Kunden das doppelte bezahlen, also 20 Dollar pro Monat. (das ursprüngliche Angebot mit 9.99/Monat existiert immer noch).

Mac-User haben das Nachsehen

Adobe und Apple – das ist eine Hassliebe.

Am 19. Februar 1990 wurde Photoshop 1.0 exklusiv für den Apple Macintosh veröffentlicht.
Am 19. Februar 1990 wurde Photoshop 1.0 exklusiv für den Apple Macintosh veröffentlicht.bild: versionmuseum.com

Nun kursieren Online-Petitionen, die von Adobe fordern, bei den Mac-Versionen von Photoshop und Co. nachzubessern, damit die Programme besser laufen unter macOS.

Im Oktober 2019 bestätigte Adobe Kompatibilitätsproblemen bei Photoshop und bei Lightroom mit dem neuen macOS Catalina. User sollten mit dem Update warten.

PS: Es dauerte unendlich lange, bis Photoshop auch als mobile Software für das iPad verfügbar war. Und die ersten Versionen waren alles andere als begeisternd.

«Viele Software-Giganten verlieren ihren Vorsprung bei dem, was die Kunden wirklich wollen, und nehmen ihre Vorherrschaft als selbstverständlich hin.»
Adam Marsh

Flash

Adobe Systems Inc. hat der Welt nicht nur Photoshop beschert, sondern auch die Animations-Software Flash. Das entsprechende Browser-Plugin war wegen seiner vielen Sicherheitslücken massgeblich beteiligt an der weltweiten Verbreitung von Malware.

Und das Positive?

Das sind natürlich die epischen Photoshop-Battles und die Fails, über die wir uns köstlich amüsieren können. Darum von meiner Seite trotz aller Kritik: Happy Birthday!

Penisse in bekannten Firmenlogos? Ja, das geht

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Penisse in bekannten Firmenlogos? Ja, das geht
Nanu? ...
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PS: Was sind die besten Photoshop-Alternativen?

Jetzt bist du gefragt! Womit bearbeitest du am liebsten und erfolgreichsten digitale Fotos? Lass uns deinen Favoriten via Kommentarfunktion wissen. Gerne auch mit Link, falls es sich um einen unbekannten Herausforderer handelt.

Mein Vorschlag schliesst sich dem von Adam Marsh an: Wer es nicht kennt, sollte Affinity Photo ausprobieren.

Oder wie wär's mit:

Und für kleinere Foto-Tasks gibt's dieses kostenlose Online-Tool:

Wie oft verwendest du Photoshop von Adobe?

Quellen

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Wenn dich diese Photoshop-Bilder nicht aus den Socken hauen, dann wissen wir auch nicht
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Wenn dich diese Photoshop-Bilder nicht aus den Socken hauen, dann wissen wir auch nicht
Der türkische Künstler verbindet mit Photoshop Fotografien zu fantastischen Traumbildern. Sein Instagram-Account, auf dem er die Bilder teilt, hat bereits über 70'000 Abonnenten.

bild: instagram/art.side
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Sogar die Influencerinnen lügen uns frech an!
Video: watson
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67 Kommentare
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Franz v.A.
21.02.2020 20:23registriert August 2019
Bin mit Gimp voll und ganz zufrieden. Und ist gratis!
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Sauäschnörrli
21.02.2020 20:05registriert November 2015
Naja, vor dem Abo-Modell hat Adobe keinen Stutz von mir bekommen, also weiss ich schon warum sie es eingeführt haben.
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What’s Up, Doc?
21.02.2020 19:48registriert Dezember 2015
Ich sag nur Affinity...
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