In einer Kommission des Kongresses in Washington kritisieren Politiker und Auskunftspersonen die Schweiz, stundenlang. In Bundesbern, das in der Sommerpause noch ein wenig beschaulicher ist als sonst, bleibt es derweil ruhig.
Einen Tag nach der Schelte aus den USA regen sich dann doch der Bundesrat und die ihm zugeteilten Verwaltungsstellen. «Wir weisen diesen Vorwurf in aller Schärfe zurück», schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco.
Welcher Vorwurf ist gemeint? In der sogenannten Helsinki-Kommission des US-Kongresses wurde der Schweiz vorgehalten, dass sie nicht energisch genug gegen den Export von Komponenten vorgehe, die Russland für die Produktion von Waffen einsetzen könnte.
Das Seco hält dazu fest, dass seit dem 4. März 2022 Ausfuhren und Verkäufe elektronischer Komponenten an Russland verboten seien. Die in der Ukraine aufgefundenen Teile mit Bezug zur Schweiz habe Russland vor dem Krieg über Drittstaaten beschafft. Es handle sich um industrielle Massenprodukte ohne militärische Spezifikationen. Das Seco hat die betroffenen Unternehmen nun aufgefordert: Ihre Distributoren sollen weltweit keine Lieferungen nach Russland mehr zulassen.
Die allzu nachlässige Kontrolle von Ausfuhren an den Kriegstreiber ist nur eine der Anschuldigungen. Die andere dreht sich darum, dass die Schweiz bisher zu wenig Geld russischer Oligarchen und Unternehmen beschlagnahmt habe.
Eine Rolle spielt hier die Schätzung der Schweizerischen Bankiervereinigung, wonach zwischen 150 und 200 Milliarden Franken aus Russland auf Schweizer Konten lagerten. Diese Zahlen wurden am Dienstag in Washington genannt. Die Schweiz hat bisher 7.5 Milliarden an Vermögenswerten aus Russland und Belarus gesperrt.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft hält dazu fest: Bis zum 3. Juni 2022 seien dem Sekretariat Einlagen von natürlichen und juristischen Personen in Russland in der Höhe von 46,1 Milliarden Franken gemeldet worden. Die wenigsten russischen Personen und Vermögen in der Schweiz seien sanktioniert worden.
Das Departement für Auswärtige Angelegenheiten unterstreicht, dass die in der Kommissionssitzung in Washington geäusserten Vorwürfe «auf keiner faktischen Grundlage» basierten. «Die Schweiz setzt die internationalen Standards zu Geldwäscherei und Sanktionen konsequent um», schreibt das EDA.
Wie die NZZ am Mittwoch berichtete, wollen die amerikanischen Behörden nun auch prüfen, wie die in der Schweiz niedergelassenen Rohstoffhändler die Sanktionen gegen Russland ausführen. Die USA sind offenbar auch interessiert an einem vertieften Einblick in die europäischen Energiemärkte.
Für SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist das ein Anzeichen dafür, dass die USA nach der Aufhebung des Bankgeheimnisses eine weitere wichtige Schweizer Branche schwächen wollten. «Die Amerikaner hätten das Rohstoffgeschäft gerne bei sich.» Dagegen müsse sich die Schweiz wehren. Im Übrigen sei das Land mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland weiter gegangen, als dies ein neutraler Staat tun müsse.
FDP-Präsident Thierry Burkart erklärt, dass die Schweiz die ergriffenen Sanktionen konsequent umsetzen müsse. Dies gelte auch für die internationalen Standards betreffend Geldwäscherei. «Verdachtsfällen muss konsequent nachgegangen und Verstösse geahnt werden.» Dass die Schweiz dies tue, sei international anerkannt. Darüber hinaus müsse sich die Schweizerische Diplomatie dringend und intensiv um Aufklärung gegenüber den USA bemühen.
Einen anderen Ton schlagen die Grünen an: «Die Schweiz tut nicht genug, um Vermögenswerte von russischen Personen und Unternehmen zu suchen», findet Fraktionschefin Aline Trede. Die Schweiz müsse der Taskforce der G-7-Staaten beitreten und mehr Ressourcen bereitstellen, um die Vermögenswerte aufzuspüren. Wichtig sei zudem, dass das Gesetz gegen Geldwäscherei endlich verschärft werde und auch Rechtsvertreterinnen einschliesse.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister betont, die Mitte verlange seit Beginn des Krieges vom Bundesrat, dass er sich entschieden für die Identifikation und Sperrung von Oligarchen-Geldern einsetze, zum Beispiel mit einer Taskforce. Es gelte, die eigenständigen Massnahmen durch das Seco international abzustimmen und wo nötig rasch zu verschärfen. «Es ist bedauerlich, dass die Schweiz erneut in der internationalen Kritik steht aufgrund der Passivität des Bundesrats und insbesondere von Wirtschaftsminister Guy Parmelin», sagt Pfister.
Die Schweizerische Bankiervereinigung hälft fest, dass die von der Kommission in Washington vorgebrachten Vorwürfe unbegründet seien. (aargauerzeitung.ch)
Die Idee mit der Taskforce sollte umgesetzt werden. So würde die Schweiz in die Offensive gehen, um den Amerikanern zu zeigen, dass es der ihr ernst ist, mit der Umsetzung der Sanktionen. Alles andere schadet dem internationalem Ansehen der Schweiz. Fehlt jetzt nur noch, dass die russische Propaganda die Schweiz lobt.