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Guido Fluri kündigt Volksinitiative gegen Desinformation im Internet an

Guido Fluri, Schweizer Unternehmer und Philanthrop.
2024 wurde Guido Fluri vom Bundesrat für seinen Kampf für die Verdingkinder geehrt. Nun knöpft er sich die marktbeherrschenden Tech-Konzerne vor.Bild: ZVG

Schweizer Unternehmer legt sich mit Tech-Konzernen an – Volksinitiative gegen Fake News

Der bekannte Wohltäter und Multimillionär Guido Fluri will auf politischem Weg erreichen, dass die Schweiz gegen Desinformation und Extremismus im Internet vorgeht. Dafür investiere er «alle notwendigen Mittel».
31.10.2025, 11:3031.10.2025, 15:47
«Wir sind an einem Wendepunkt: Wenn wir jetzt nicht handeln, ist es zu spät.»

Er stammt aus ärmlichen Verhältnissen und wuchs in Heimen auf. Heute zählt Guido Fluri zu den 300 vermögendsten Menschen der Schweiz.

Während andere Multimillionäre und Milliardäre gegen die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso kämpfen, verfolgt Unternehmer Fluri andere Ziele. Wie er dem «Tages-Anzeiger» verriet, plant er eine Volksinitiative, die das Internet freier und sicherer macht. Konkret sollen grosse Tech-Konzerne gezwungen werden, gegen Desinformation und Extremismus vorzugehen. Dafür investiere er «alle notwendigen Mittel», sagt Fluri.

Der Schutz der Schweiz im digitalen Raum müsse viel weiter umfasst werden. Denn nur so lasse sich «die demokratische Gesellschaft vor kriminellen Machenschaften im Internet konsequent schützen».

Hier erfährst du alles Wichtige zum Vorhaben.

Was war der Auslöser?

Bundesrat Albert Roesti wuerdigt den Zuercher SVP-Nationalrat Alfred Herr, der in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in Zuerich verstorben ist, kurz vor an einer Medienkonferenz ueber die Ernennung  ...
Medienminister Albert Rösti setzt auf Laissez-faire statt strenger Regeln, was die grossen Online-Plattformen betrifft.Bild: keystone
«Der Bundesrat geht viel zu wenig weit.»
Guido Fluri

Zunächst ist anzumerken, dass Fluri, dreifacher Vater, schon länger für einen besseren Kinderschutz im Internet kämpft (dazu unten mehr). Doch nun will er sich der noch viel grösseren Bedrohung unserer Gesellschaft durch die Plattformen der Tech-Konzerne stellen.

Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» kritisiert Fluri die am Mittwoch vorgestellten Regulierungs-Pläne der Schweizer Regierung als «enttäuschend und wenig zukunftsweisend». Der Bundesrat gehe mit dem geplanten Meldeverfahren für problematische Inhalte auf den grossen Social-Media-Plattformen viel zu wenig weit.

Es sei nun dringend an der Zeit, die Internet-Konzerne in die Verantwortung zu nehmen, denn:

«Auch online seien Fairness, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit unabdingbar. Stattdessen würden aber heute im Internet immer mehr Jugendliche für Gewalttaten radikalisiert. Die Kinderpornografie nehme dramatisch zu. Und mit Fake News griffen fremde Staaten unsere Demokratie gezielt an.»
quelle: tages-anzeiger.ch

Tatsächlich scheinen Medienminister Albert Rösti und der Gesamtbundesrat nicht von sich aus gewillt, aktiv gegen Desinformationskampagnen vorzugehen.

Russland nutzt Fake News zum Klimawandel, um Europa zu destabilisieren
Die vom Kreml finanzierte «Desinformations-Maschinerie» versucht, die Sanktionspolitik der Europäischen Union durch falsche Narrative zur Bekämpfung des Klimawandels zu untergraben. Davor warnte diese Woche die East Stratcom Task Force, ein Experten-Team, das zum diplomatischen Dienst der EU gehört.

Auf den Social-Media-Plattformen und über Fake-News-Medien verbreitet Russland Lügen, um die Motive und Glaubwürdigkeit der Europäischen Union infrage zu stellen. Wenn Moskau von «grüner Tyrannei» oder «Klimabetrug» schreie, gehe es nicht um Umweltpolitik, sondern um Desinformation als Waffe zum Schutz seines Öl- und Gasimperiums. Diese Industrie ist nach wie vor die wichtigste Finanzierungsquelle für den verbrecherischen Krieg in der Ukraine.

Welche Chancen hat eine solche Initiative?

Mit seiner Einschätzung, dass der Staat verstärkt gegen die Verbreitung von Desinformation im Internet vorgehen sollte, ist Guido Fluri nicht allein. Im Gegenteil.

In repräsentativen Befragungen zeigte sich, dass ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung eine strengere Regulierung von Social Media befürwortet.

Und die vom Bundesrat eingesetzte Medienkommission empfahl Anfang 2025 zusätzliche Massnahmen gegen die marktbeherrschenden Tech-Konzerne, die mit ihren Plattformen der Gesellschaft schaden.

Warum ist Fluri der richtige Mann dafür?

Dass sich der 59-jährige Unternehmer auch in der Politik durchsetzen kann, hat er mehrfach unter Beweis gestellt. Der «Tages-Anzeiger» hält dazu fest:

«Dass er dies kann, hat er bereits vor rund zehn Jahren mit der ‹Wiedergutmachungsinitiative› für Verdingkinder und Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen bewiesen. In nur acht Monaten hatte er die nötigen 100’000 Unterschriften zusammen. Darauf nahmen Bundesrat und Parlament die Anliegen auf und setzten sie um, sodass Fluri die Initiative zurückziehen konnte.»

Bei der geplanten Internet-Initiative soll es nun ebenfalls schnell vorwärtsgehen. Sprich: Die Unterschriftensammlung soll in Rekordzeit abgeschlossen werden, um nicht noch mehr wertvolle Zeit zu verlieren. Dafür will Fluri laut «Tagi»-Bericht «mit allen Kräften zusammenarbeiten, die den Schutz von Demokratie und Rechtsstaat auch im digitalen Raum verteidigen wollen».

Interessant zu wissen: Die Guido-Fluri-Stiftung betreibt schon heute zusammen mit Kinderschutz Schweiz die Online-Meldestelle clickandstop.ch, wo pädokriminelle Inhalte gemeldet werden können. Und vor zwei Jahren sammelte der Schweizer Unternehmer mit internationalen Partnern europaweit 540’000 Unterschriften, um bei der EU eine bessere Prävention und Bekämpfung sexuellen Kindesmissbrauchs einzufordern.

Fluris Engagement für die Armen und Schwachen – im In- und Ausland
Mit 5000 Franken und einem Bankkredit kaufte sich Guido Fluri im Alter von 20 Jahren sein erstes Grundstück, baute ein Dreifamilienhaus und verkaufte es mit Gewinn. So legte er den Grundstein für sein Millionenvermögen, berichtete SRF. Heute stecke er einen grossen Teil davon in soziale Projekte.

Der Unternehmer und Multimillionär, als Kind einer alleinerziehenden, unmündigen Mutter aufgewachsen, initiierte 2014 die Wiedergutmachungsinitiative, 2017 gründete er die Anlaufstelle Kindes- und Erwachsenenschutz (Kescha), dann trieb er mit der Justice Initiative europaweit die Aufarbeitung von Kindesmissbrauch voran. Das Kinderheim Mümliswil, in dem er selbst lebte, machte er zur Gedenkstätte.

Im März 2022 evakuierte Fluri mit einem gecharterten Flugzeug 90 ukrainische Flüchtlinge – fast ausschliesslich Frauen und Kinder – und liess sie in die Schweiz fliegen, damit sie der Gewalt in dem von Russland überfallenen Land entkommen konnten.
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Guido Fluri, Initiant der Wiedergutmachungsinitiative, 2014 mit Betroffenen.Bild: KEYSTONE / CC BY-SA 4.0

Wie geht es weiter?

Noch in diesem Jahr will Guido Fluri laut «Tages-Anzeiger» den Initiativtext bei der Bundeskanzlei einreichen. Gegenwärtig beugten sich Staatsrechtler darüber. Erst danach wolle Fluri den Text publik machen.

Und jetzt du!

Was hältst du von Guido Fluris Vorhaben, die Tech-Konzerne dazu zu zwingen, auf ihren Plattformen entschieden gegen Desinformation und Extremismus vorzugehen? Und ist eine Volksinitiative erforderlich, um den Bundesrat zum Handeln zu bewegen?

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quelle: keystone / nic coury
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148 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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NewsQuester
31.10.2025 11:47registriert Juni 2024
Dass eine Initiative nötig ist, sieht man ja an den neusten Äusserungen des Bundesrats zum Thema. Ich bin froh, gibt es noch reiche Menschen, die nicht ausschliesslich auf die eigene Profitmaximierung achten.
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Schnouz
31.10.2025 11:47registriert September 2022
Offensichtlich ein starker Typ mit dem Herz am richtigen Fleck, sowie gutem Verstand.
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h0nu
31.10.2025 11:42registriert Juli 2022
Meine Stimme hat die Initiative bereits sicher!
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