Ist der Klimawandel real?
Jawoll, absolut.
Woran erkennst du das?
Weil es immer extremere Wetterverhältnisse gibt. Es ist viel kälter und viel wärmer; es gibt mehr und schlimmere Überschwemmungen und Dürren.
Die Boomer-Generation, zu der du gehörst, hat viel zu diesem Umstand beigetragen. Hast du ein schlechtes Gewissen gegenüber den kommenden Generationen?
Nein, nicht wirklich. Ich bin ja nur ein Einziger unter Millionen und du kannst nicht eine ganze Generation in einen Topf werfen. In meinem Umfeld war der Klimawandel früher kaum ein Thema. Mittlerweile habe ich aber schon eine Stimme im Hinterkopf, die mahnt: «Du solltest nicht so viel fliegen und du solltest nicht so viel Auto fahren.» Deswegen fliege ich aber nicht weniger in die Ferien.
Wenn ich das als Einziger mache, dann hat das alles in allem keinen grossen Einfluss. Aber ich weiss, wenn das alle sagen würden, dann ändert sich natürlich auch nichts.
Muss sich denn etwas ändern?
Ja, und zwar im grossen Masse; es bringt nichts, nur den Individuen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Darum bin ich auch froh, dass sich die Jungen für die Umwelt einsetzen. Ich finde es gut, was die Greta da angefangen hat. Je mehr Menschen demonstrieren, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt das Thema in den Medien und desto eher wird sich etwas ändern.
Warst du selbst schon einmal an einer Klima-Demo?
Nein, das ist nicht mein Stil.
Setzt du dich auf eine andere Art für das Klima ein?
Ich recycle natürlich.
O. K. ... sonst noch etwas?
In meinem Garten habe ich kürzlich ein paar grosse Kirschlorbeerpflanzen entfernt. Sie machen die Hecke zwar schön dicht, können aber die einheimische Vegetation verdrängen.
Ist der Klimawandel in deinem Umfeld ein Thema?
Mit meinen paar GolfkollegInnen rede ich im Moment mehr über den Krieg in der Ukraine. Der Klimawandel ist schon auch ein Thema, aber wenn es bis 2030 noch 1,5 Grad wärmer wird, dann stört uns das nicht gross. Wir sind alle schon über 70 Jahre alt.
Und was ist mit deinen Kindern und Enkelkindern?
Um sie mache ich mir schon Sorgen ... Ich glaube aber daran, dass die Wissenschaft Lösungen finden wird. Es gibt ja beispielsweise schon Anlagen, die das CO2 aus der Luft filtern können. Es ist aber zu teuer, um das grossflächig zu machen. Ich glaube, je akuter das Problem wird, desto mehr wird gemacht werden. Andere sagen wiederum, es sei sowieso schon zu spät. Egal, wie es kommt: Ich denke, in 100 Jahren gibt es noch Menschen auf der Erde. Die Frage ist einfach, wie viele es noch sein werden.
Du hast Golf erwähnt. Auch nicht gerade das klimafreundlichste Hobby.
Die Golfplätze in der Schweiz sind die umweltfreundlichsten Plätze der Welt! Ein Freund von mir ist Landschaftsgärtner und erzählt mir immer wieder mal von all den Auflagen, die hier erfüllt sein müssen. Etwa, dass manche Bäche renaturiert werden müssen oder nur ganz wenig Pestizide gebraucht werden dürfen. In der Schweiz gibt es 100 Golfplätze, aber tausende Ackerflächen, wo viel mehr Chemie reingeschüttet wird.
Solch ein Argument nennt man «whataboutism».
Whatabout-was?
Statt beim Golf zu bleiben, wechselst du das Thema gleich ganz. Wenn wir schon bei Äckern sind, wie ernährst du dich?
Ich esse abwechslungsreich; viele Früchte, viel Gemüse und jeden zweiten oder dritten Tag gibt es Fleisch oder Fisch. Bio kaufe ich nur, wenn es nicht zu teuer ist. Bio-Produkte sind nebst teuer vor allem eines: ein Hype. Es gibt doch gar nicht so viel Land in der Schweiz, dass wir so viele Bio-Produkte produzieren können. Und was heisst «Bio» überhaupt? Es gibt ja auch Bio-Zahnpasta oder Bio-Shampoo. Ich glaube, mit Bio-Produkten werden die Leute vor allem abgezockt und die Betriebe greenwashen sich.
Danke für das Gespräch!
«Okay, Boomer», denke ich mir nach diesem Gespräch. Und im selben Atemzug: «Na gut, was mache ich denn schon gross anders?» Ich esse zwar beispielsweise wenn immer möglich bio und bin Flexitarierin, aber auch ich steige noch ins Flugzeug. Dem Klima hilft es auch nicht weiter, wenn ich deswegen ein schlechtes Gewissen habe.
Was mich beim Gespräch erstaunt hat, ist, dass mein Gesprächspartner daran glaubt, dass die Wissenschaft uns schon retten wird, wenn es *wirklich* dringlich wird. Meiner Meinung nach haben wir diesen Zeitpunkt aber schon längst verpasst. Gut also «setzen sich die Jungen weiter für unsere Umwelt ein.»
Handschuh
stadtzuercher
Meinen Respekt haben etwa all jene, die seit 3 Jahren kein Flugzeug mehr bestiegen haben. Und es auch nicht gleich wieder tun wollen. Egal wie alt sie sind.
Knut Knallmann