Xiaomi-Mitgründer Lei Jun ist Chinas neuster Tech-Star: Sein Start-up verkauft im Reich der Mitte mehr Smartphones als Samsung und Apple.bild: jason lee/reuters Chinas Steve Jobs im Hoch
Nur vier Jahre nach seiner Gründung ist das chinesische Start-up Xiaomi zum weltweit drittgrössten Smartphone-Hersteller aufgestiegen. Jetzt will es auch Samsung und Apple angreifen.
17.12.2014, 09:0817.12.2014, 21:42
Adrian Lobe
Lange Zeit dominierten Apple und Samsung den Smartphone-Markt. Doch die Dominanz der
Tech-Giganten bröckelt. Heimlich, still und leise schiebt sich ein dritter Spieler auf die
Bühne: Das chinesische Start-up Xiaomi («kleiner Reis»). Bis vor Kurzem lediglich Experten
ein Begriff, ist das Unternehmen zum drittgrössten Smartphone-Produzenten der Welt
avanciert – vor Lenovo und LG.
Xiaomi setzt auf preisgünstige Smartphones, die es ausschliesslich über das Internet vertreibt
Bild: JASON LEE/REUTERS
Auf dem Heimatmarkt ist Xiaomi die Nummer 1,
dort hat es im Sommer Samsung und Apple verdrängt. Xiaomi hat eine eindrucksvolle Bilanz
für das vergangene Geschäftsjahr vorgelegt: Bei 5,5 Milliarden Dollar Umsatz konnte der
Hersteller für Smartphones und Tablets einen Profit von 56 Millionen einfahren. China ist ein
riesiger Wachstumsmarkt. 2015, so schätzt das Marktforschungsunternehmen IDC, werden
im Reich der Mitte 500 Millionen Smartphones verkauft – mehr als dreimal so viele wie in
den USA. Xiaomi will hier mitmischen – und seine Vormachtstellung zementieren.
Handy-Verkäufe in China: Xiaomi knapp vor Samsung. Apple nicht mehr in den Top 5
Xiaomi, Samsung aus Südkorea und weitere chinesische Hersteller dominieren in China.quelle/bild: canalys/watson
Gegründet wurde das Start-up 2010 vom ehemaligen Google-Mitarbeiter Lin Bin und dem
chinesischen Entrepreneur Lei Jun. Letzterer sieht mit seinen Jeans und schwarzen T-Shirts,
die er beim Launch neuer Produkte trägt, ein wenig wie der Wiedergänger von Steve Jobs aus.
Lei Jun macht den Steve Jobs
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Lei Jun macht den Steve Jobs
Schwarzes Oberteil und blaue Jeans: Lei Jun hat Steve Jobs’ Markenzeichen adaptiert. Sogar an die Turnschuhe hat er gedacht.
quelle: ap / greg baker
Xiaomis Ruf als «Chinas Apple» ist von manchen anerkennend, von anderen argwöhnisch
gemeint. Das chinesische Unternehmen sah sich in der Vergangenheit wiederholt
Plagiatsvorwürfen von Apple ausgesetzt. Zugegeben: Die Tablets von Xiaomi sehen dem iPad
verblüffend ähnlich. Firmenboss Lei Jun ficht das nicht an. Er will neue Märkte erschliessen
und das Unternehmen weiter expandieren.
Vor allem die bevölkerungsreichen BRICS-Staaten
sind im Visier von Xiaomi. Im Juni wurde mit grossen Fanfaren ein Ableger in Indien lanciert.
Wegen eines Patentstreits mit Ericsson muss sich die aufstrebende Handy-Marke aber
vorläufig vom indischen Markt zurückziehen. Den Aufstieg von Xiaomi wird das aber nicht
aufhalten, allenfalls verzögern. In Brasilien steht der Verkaufsstart unmittelbar bevor. Und
auch in den USA, wo Xiaomi seine Produkte offiziell gar nicht vertreiben darf, sind über eine
Million Geräte im Umlauf – das jedenfalls verraten GPS-Daten.
Das Mi Pad ist kaum von einem iPad zu unterscheiden
bild: xiaomi
«Eine Form von Demokratie, mit der Apple niemals mithalten könnte»
Xiaomi wildert im Revier der
amerikanischen Tech-Giganten und wirbt ihnen das Spitzenpersonal ab. Ein namhafter
Google-Manager hat bei dem chinesischen Smartphone-Hersteller schon angeheuert.
Xiaomi sieht sich indes auch nicht als Apple-Klon, sondern eher als eine Art Amazon. Mit der
Direktvermarktung spart sich das Unternehmen Kosten für Distribution und Werbung. Im
Gegensatz zu Samsung, das seine Produkte nach streng hierarchischen Vorschriften
konzipiert, lässt Xiaomi Design-Vorschläge seiner Nutzer zu. Auf Weibo, dem chinesischen
Pendant zu Twitter, werden regelmässig Abstimmungen durchgeführt, welche Features oder
Funktionen das nächste Handymodell haben soll. Der «Economist» staunte über «eine Form von
Demokratie, mit der der amerikanische Konkurrent (Apple) niemals mithalten könnte.»
Xiaomis Gründungsteam besteht teils aus ehemaligen Managern von Google und Microsoft
Bild: JASON LEE/REUTERS
Der Chef der chinesischen Suchmaschine Baidu, Robin Li, sagte kürzlich, die Führung von
Xiaomi erinnere ihn an einen Triathlon: Man müsse gut in den Disziplinen Software,
Hardware und Internet sein. Das drahtige Gründerduo scheint dieser Herausforderung nicht
nur körperlich, sondern auch geistig gewachsen zu sein – sie sind beide Informatiker. Insider
bewerten Xiaomi bereits als das nächste Alibaba – der chinesische Online-Händler legte den grössten
Börsengang der Geschichte aufs Parkett. Eine neue Kapitalspritze könnte den Marktwert auf
30 bis 40 Milliarden Dollar steigern, berichtet die «New York Times».
Xiaomi wird mit 10 Milliarden US-Dollar bewertet und ist somit das viertteuerste Start-up der Welt
Bis zu einem möglichen
Börsengang muss Xiaomi allerdings noch die patentrechtlichen Streitigkeiten aus dem Weg
räumen. Sonst könnte dem fulminanten Aufstieg bald ein jähes Ende gesetzt werden.
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