Smartphones sind hardwareseitig seit Jahren eher langweilig: Display, Kamera und Akku werden natürlich graduell immer besser – aber überraschend ist daran eher wenig. Anders sieht das auf Seiten der Software aus: Mittlerweile sind die Prozessoren in den Geräten so gut, dass Smartphones ganz erstaunliche Dinge tun können.
In der Android-Welt ist dafür Googles Pixel-Serie das beste Beispiel. Das zeigt sich erneut bei den neuen Geräten Pixel 8 (ab 719 Franken) und Pixel 8 Pro (ab 999 Franken). Unser Test.
Hardwareseitig sind die Geräte gut und vollständig ausgestattet – dazu später mehr. Am spannendsten sind aber die Funktionen, die die Software auf den Geräten ermöglicht. Und hier lösen die Pixel-8-Smartphones die Versprechen der Vorstellung im Test grösstenteils ein.
Ein schönes Beispiel dafür ist die neue Funktion: «Beste Aufnahme». Sicherlich hat jeder schon mal mit seinem Handy ein Gruppenbild gemacht. Selbst wenn man nur drei Personen fotografieren will – meist macht man mindestens drei oder vier Bilder – denn die Erfahrung zeigt: Eigentlich schaut nie jeder zur selben Zeit in die Kamera und lächelt.
Bislang musste man sich für das Bild mit den wenigsten Ausfällen entscheiden – oder mit sehr viel Mühe und einem Grafikprogramm einzelne Köpfe aus einem Bild ausschneiden und auf ein anderes Bild setzen.
Das macht das Pixel 8 mit «Beste Aufnahme» jetzt automatisch. Ja, wirklich: Hat man ein Foto einer kleineren Gruppe (eine grössere Gruppe konnten wir im kurzen Testzeitraum noch nicht zusammenbringen) im gleichen Bildausschnitt mehrfach fotografiert, bietet die Fotos-App im Pixel 8 nun unter «Tools» den Punkt «Beste Aufnahme».
Ein Fingertipp drauf wird mit einer kurzen Berechnungspause quittiert. Anschliessend bietet das Gerät für jedes erkannte Gesicht alle Varianten der geknippsten Bilder. So lässt sich mit wenigen Fingertippern ein Gesichter-Best-Of zusammenstellen – quasi das perfekte Gruppenfoto. Das funktioniert so gut, dass es wirklich magisch wirkt. Dass es doch keine Magie ist, merkt man jedoch, wenn das Gerät viele Gruppenbilder mit dem Hinweis ablehnt, man möge Aufnahmen auswählen, auf denen die Gesichter besser zu erkennen sind.
Und das passierte uns im Test vergleichsweise häufig. Ohne Frage wird Google hier aber noch besser werden, sobald dieses Softwarewerkzeug im breiten Einsatz ist und Google entsprechende Daten sammeln kann. Aber wenn es funktioniert, dann ist es wirklich einzigartig. Leider ist «Beste Aufnahme» vorerst nur für Pixel 8 und 8 Pro verfügbar.
Transform unexpected candid moments into frame-worthy photos using BEST TAKE on Google Pixel 8 & Pixel 8 Pro.
— D.J.Zak 🇨🇦 ZAKtalks TECH #CES2024 (@ZAKtalksTECH) October 11, 2023
📸🖊️
See how easy it is to go from photo fail to photo fab!
😲🤩#Pixel8 #Pixel8Pro #GooglePixel #MadeByGoogle #BestTake @madebygoogle @googlecanada pic.twitter.com/RNtNLMcrF4
Ähnlich faszinierend ist eine weitere Funktion: der «Magic Editor». Und das, was diese Funktion tut, hat durchaus etwas Magisches.
Here is just a sample of what magic editor can do in Pixel 8 Pro
— Mr Android FHD (@android_fhd) October 12, 2023
Left : Original picture
Right : Edited with magic editor
It's crazy how you can move someone and change the position in just a few clicks 🤯 pic.twitter.com/o5WEF6ziKV
Die Ergebnisse sind extrem beeindruckend: Im Test konnten wir etwa in einem Gruppenfoto Personen aus der ersten Reihe zur Seite schieben oder kurzerhand ganz entfernen. Die Auswahl geschah mit einem Fingertipp. Anschliessend bildete der Algorithmus den von der Person verdeckten Bereich oft absolut glaubhaft nach – erzeugte etwa ein Paar Beine der dahinter stehenden Person, die plötzlich nicht mehr halb verdeckt, sondern in Gänze sichtbar war.
Der «Magic Editor» ermöglicht Fotobearbeitung direkt auf dem Handy und dies völlig ohne Photoshop-Kenntnisse.
Google macht den Magic Editor auch für ältere Pixel verfügbar.
In manchen Situationen praktisch ist auch der Audio-Radierer. Dabei handelt es sich um eine Funktion, die Störgeräusche aus dem Video filtert – also eine Art nachträgliches Noise-Canceling für den Ton. Das funktioniert vor allem gut mit gleichmässigen Störgeräuschen wie Verkehrsrauschen, Wind oder auch dem Brummen eines Föhns. Unterschiedliche erkannte Störquellen können teilweise sogar separat heruntergeregelt werden. Wunder vollbringt die Funktion keine, aber sehr anständig funktioniert sie dennoch und dürfte so manche Aufnahme deutlich verbessern.
Google's new Audio Magic Eraser feature on the Pixel 8 phones looks like a great addition. It separates out different sounds in a video into layers, so you can easily remove a dog barking in the background pic.twitter.com/EjcMfDxxs3
— Tom Warren (@tomwarren) October 4, 2023
Leider schaffen es nicht alle Funktionen zu uns. In den USA kann man sich etwa längere Texte im Chrome-Browser auf wenige Bulletpoints zusammenfassen lassen. Auf Deutsch wird das erst später verfügbar sein.
Was hingegen auch bei uns klappt, ist «Laut vorlesen & übersetzen». So kann man sich per Fingertipp Artikel aus dem Browser vorlesen lassen. Noch beeindruckender ist, dass Chrome auf dem Pixel 8 (Pro) bei Bedarf auch Texte direkt aus anderen Sprachen ins Deutsche (oder eine andere Sprache) übersetzt. Das klappt mit Dutzenden Sprachen – die Übersetzungen waren im Test sehr anständig.
Darüber hinaus kann das Pixel 8 (Pro) bei Videos oder Telefongesprächen automatisch Untertitel erzeugen oder Chat-Nachrichten und Gespräche im Alltag fast in Echtzeit übersetzen, um sich mit Menschen in anderen Sprachen zu verständigen.
Die Ausstattung ist umfassend und lässt für die Preise keine Wünsche übrig. Die Displays sehen beide hervorragend aus und bieten eine 120-Hz-Bildwiederholungsrate, das Telefon bedient sich schnell und flüssig, der Akku reicht locker für einen Tag, auch beim kleineren und günstigeren Modell.
Neu ist in diesem Jahr eine sichere Gesichtsentsperrung, die zusätzlich zum optischen Fingerabdruck-Scanner unter dem Display zur Verfügung steht und schnell und unkompliziert funktioniert. Googles KI-gestützte Gesichtserkennung erreicht erstmals die höchste Sicherheitsstufe – dies ohne zusätzliche Sensoren – und ist somit auch für E-Banking und Bezahl-Apps wie Google Pay zugelassen.
Das teurere Pro-Modell bietet hier und dort noch einige Extras, die dem günstigeren Gerät fehlen. Etwa eine optische Fünffach-Zoom-Kamera, ein noch helleres Display und ein Thermometer. Das sitzt neben den Kameras und hilft dabei die Oberflächentemperatur von Objekten in der Umwelt zu erkennen. Wozu man das brauchen soll, ist nicht ganz klar – dann für die Körpertemperatur sei es explizit nicht gedacht, heisst es (vermutlich fehlt hier noch die Zulassung durch die entsprechende Behörde) – aber die App ist immerhin unkompliziert und gut bedienbar.
Die Hauptkamera ist bei beiden Geräten identisch und macht exzellente Bilder, die Farben wirken neutral und sehen vielleicht für manche einen Tick zu kalt aus.
Auch die Selfie-Kamera überzeugt mit natürlichen Farbtönen.
Pixel 8 Pro Selfie vs iPhone 15 Pro max Selfie pic.twitter.com/r3hdu2V5Cd
— Shazzam (@callmeshazzam) October 7, 2023
Die Ultraweitwinkelkamera in beiden Modellen erlaubt dank Autofokus nun sehr schöne Makrofotos, bei denen man die Kamera sehr nah an das Objekt führen kann.
Fotos bei schlechtem Licht beherrscht das Pixel schon seit Jahren ausgezeichnet – auch das Pixel 8 und das Pixel 8 Pro zeigen hier ausserordentlich gute Ergebnisse. Nur mit dem Pixel 8 Pro können künftig (nach einem Update) auch in der Nacht gemachte Videos nachträglich optimiert werden. Auch hier kommt Googles KI zum Zug.
Google Pixel 8 Pro’s video boost feature is a game changer 🤯 pic.twitter.com/lM5m6GhcpU
— Shishir (@ShishirShelke1) October 7, 2023
Die Fünffach-Telekamera des Pro-Models kann natürlich nicht mit dem optischen 10-Fach-Zoom mithalten, den manche Android-Konkurrenten mittlerweile bieten. Sie ist allerdings eine sehr gute Ergänzung zu den beiden anderen Brennweiten, die Bilder sind scharf.
Der maximal 30-fache Zoom des Pro-Modells wird KI-gestützt optimiert. Das kleinere Pixel 8 bietet einen KI-gestützten Zoom mit maximal 8-facher Vergrösserung.
Mit dem Pixel 8 und dem Pixel 8 Pro verschiebt Google die Grenzen des mit dem Smartphone Machbaren erneut einen gehörigen Schritt weiter. Auf dem Papier mag die neue Pixel-Generation nicht ganz mit den Spitzengeräten von Samsung, Huawei oder Xiaomi mithalten – im Alltag lässt sie die Konkurrenz oft meilenweit hinter sich. Das liegt in erster Linie an der Software – für die Google übrigens beeindruckende sieben Jahre lang Sicherheits- und Funktionsupdates verspricht.
Geniale Funktionen wie der Magic Editor suchen in der Smartphone-Welt ihresgleichen, die Funktion Beste Aufnahme löst - wenn sie funktioniert - ein weitverbreitetes Alltagsproblem auf smarte und bequeme Weise. Derlei Fotobearbeitung war bislang nur Menschen vorbehalten, die versiert mit Photoshop umgehen konnten – jetzt kann es jeder.
Diese und viele weitere schlaue Funktionen, gepaart mit einem sehr guten Hardwarepaket und guter Batterielaufzeit machen das Pixel 8 für den Durchschnittsnutzer zu dem wohl besten Smartphone in dieser Preisklasse. Das Pixel 8 Pro bietet mit Fünffach-Zoom, einem helleren und etwas grösserem Display und weiteren besseren Details (etwa zwölf statt acht GB RAM) insgesamt ein noch etwas besseres Hardwarepaket. Allerdings dürften die 280 Franken Aufpreis sich nicht für jeden Kunden lohnen – schlicht weil das Pixel 8 in den meisten Bereichen einen so guten Job macht.