Der Europarat will mit einer Konvention die Menschenrechte vor dem Missbrauch durch Künstliche Intelligenz (KI) schützen. Die Organisation hofft auf eine weltweite Wirkung – doch es gibt deutliche Kritik.
Das Schweizer Nachrichtenmagazin «Republik» brachte einige der fundamentalen Fragen auf den Punkt, die durch ein KI-Abkommen geregelt werden:
Es gehe um nichts weniger als «das erste internationale Regelwerk zur künstlichen Intelligenz», das auch ausserhalb von Europa Wirkung entfalten könne.
Die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejcinovic Buric, gab sich am Freitag in Strassburg zuversichtlich:
Die Europäische Union hatte sich bereits im Dezember auf ein Gesetz zur KI geeinigt, nun folgt der Europarat, der von der EU unabhängig ist.
Das Abkommen legt nach Angaben des Europarats unter anderem Transparenz- und Überwachungsanforderungen fest, etwa wenn Inhalte von KI erstellt werden. Die Staaten müssen auch sicherstellen, dass KI-Systeme das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Privatsphäre achten, hiess es. Ausserdem müsse dafür gesorgt werden, dass KI-Systeme nicht dafür verwendet werden, demokratische Prozesse zu untergraben.
Mit der Konvention soll also der Einsatz von KI im öffentlichen und im privaten Sektor geregelt werden. Bei der Regulierung des Privatsektors können sich die Staaten allerdings aussuchen, ob sie statt der Konventionsvorschriften eigene Massnahmen ergreifen. Das sei nötig wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme, hiess es seitens des Europarats.
Kritische Fachleute bemängeln, dass damit das Abkommen verwässert und Staaten und Unternehmen zu sehr freie Hand gelassen werde.
Bei Fragen der nationalen Sicherheit und Verteidigung greifen die Vorgaben ebenfalls nicht.
Bei der aktuellen Version des KI-Abkommens handle es sich «um ein zahnloses Deklarationspapier», dessen Inhalt der kleinste gemeinsame Nenner sei, fasste die «Repulik» im März einen Enthüllungsbericht des europäischen Newsportals «Euractiv» zusammen.
Auch das Verfahren, das zur Ausarbeitung des KI-Abkommens geführt hat, wurde von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) massiv kritisiert.
Nach der Unterzeichnung können der Konvention nicht nur die Staaten des Europarats beitreten, sondern Länder weltweit. Wer die Konvention unterzeichnet hat, ist dann daran gebunden. An den Verhandlungen beteiligt waren auch Länder ausserhalb des Europarats wie die USA, Kanada oder Israel.
Allerdings ist fraglich, ob die USA die Europaratskonvention tatsächlich ratifizieren werden.
Die Schweiz habe sich aktiv an den insgesamt eineinhalb Jahre dauernden Verhandlungen beteiligt, teilte das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) am Freitag mit. Thomas Schneider, Botschafter und Bakom-Vizedirektor, leitete die Verhandlungen als Vorsitzender des Ausschusses für künstliche Intelligenz.
Bei der Verabschiedung des Übereinkommens durch das Ministerkomitee des Europarats war zudem Aussenminister Ignazio Cassis anwesend.
Das Übereinkommen wird laut dem Bakom im September 2024 für alle Staaten zur Unterzeichnung aufgelegt. Bei einer Ratifikation durch die Schweiz muss es noch in das innerstaatliche Recht überführt werden, wie es in der Mitteilung weiter heisst.
Der Europarat ist von der EU unabhängig und setzt sich zusammen mit seinem Gerichtshof für den Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat ein.
Zu den 46 Mitgliedern gehören alle 27 Länder der EU, aber auch Länder wie Grossbritannien oder die Türkei. Er ist damit zuständig für 680 Millionen Menschen – von Grönland bis Aserbaidschan.
(dsc/sda/awp/dpa)