«Warum können Mädchen keine Dino-Schuhe kaufen?» Eine 8-Jährige kämpft gegen Geschlechter-Klischees
Sophie sieht mit ihren achtjährigen Äuglein in einem Laden irgendwo in England ein Paar wunderhübsche Schuhe. Dinosaurier-Schuhe sind das, und weil Sophie Fossilien mag, hat sie sich sofort in die Schuhe verliebt.
Doch der Verkäufer sagt ihr, die Schuhe seien leider nur für Jungs. Darum gebe es sie auch nur in Jungs-Grösse. Sie seien für die «weibliche Knochenstruktur» nicht geeignet. Ja, das hat er in der Tat so gesagt.
Traurig geht das kleine Mädchen nach Hause. Aber ihr kindlicher Geist will sich nicht mit dieser Realität abfinden. Sie sagt sich nicht einfach: Aha, wenn das so ist, dann ist es eben so. Also schreibt sie den Leuten von Clarks einen Brief.
8-yr-old Sophia Trow says, "Why can't girls have dinosaur shoes?" https://t.co/xRpdHtB7os #InHerShoes @Jane_Trow pic.twitter.com/a66iIKjLbU
— amightygirl (@amightygirl) 20. März 2015
«Lieber Charles,
meine Mutter hat mich mitgenommen, um neue Schul-Schuhe zu kaufen und da waren Dinosaurier-Schuhe für Jungen. Warum können Mädchen keine Dinosaurier-Schuhe haben? Ich mag die geblümten Schuhe der Mädchen nicht. Ich mag Dinosaurier und Fossilien und andere Mädchen vielleicht auch.»
Der Clarks-Sprecher entschuldigte sich daraufhin bei dem enttäuschten Mädchen und meinte: Der «Stromposaurus»-Schuh könne «gefahrlos» von allen Kindern getragen werden. Und sie würden auch schon an einer geschlechtsneutralen Schuh-Linie arbeiten, die diesen Herbst herauskommen würde. Nur leider wollte Sophie keine geschlechtsneutralen Schuhe, sie wollte Dino-Schuhe.
Sophies Brief hat auf Twitter eine Solidaritätswelle ausgelöst. Etliche Frauen, darunter viele Wissenschaftlerinnen, twitterten unter dem Hashtag #InMyShoes Bilder von sich während der Arbeit. In – sagen wir mal – bequemen und auf die jeweilige Arbeit abgestimmten Schuhen.
Die Vulkanologin
A day #InMyShoes spent doing volcanological fieldwork in Tenerife. Science is for girls too! @clarksshoes pic.twitter.com/SUthL5Ltmh
— Jo Sutton (@josutt) 21. März 2015
Die Biologin
Labeling my tubes for tomorrow's experiment treating African parasites with new drugs #InMyShoes @Science_Grrl pic.twitter.com/W920gilGn8
— Isabel Vincent (@isabelvincent) 24. März 2015
Die Pilotinnen
Flying higher: The flight boots of Meg Robertson, Chinook test pilot for #Boeing in Philadelphia. #InMyShoes pic.twitter.com/RyFfyFJfFf
— Boeing Defense (@BoeingDefense) 19. März 2015
Die Geologinnen
Another #InMyShoes contribution from me, three geology ladies in Utah circa 2006. #tbt @trowelblazers @jane_trow pic.twitter.com/DT6BaCpTog
— Sarah Z. Gibson (@gombessagirl) 20. März 2015
Die angehenden Tierärztinnen
Wellies and workboots - female vet students like dinosaurs too. #InMyShoes. pic.twitter.com/5J0lrqgTdI
— The Dick Vet (@TheDickVet) 24. März 2015
Die Archäologin
Ancient, battered & repaired boots for recording #Neandertal tools in cold museum. Pretty appropriate... #InMyShoes pic.twitter.com/Z0XXSKjRYn
— Becky Wragg Sykes (@LeMoustier) 24. März 2015
Vom künstlichen Aufblähen der Geschlechterunterschiede
Mädchen werden nicht in rosa Rüschenkleidchen geboren, genauso wenig wie Jungen mit einem Fussball auf die Welt kommen. Erziehen am Ende wir unseren Kindern solche Geschlechter-Klischees an?
Der Hirnforscher Lutz Jäncke, Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich, hat in die Köpfe von Frauen und Männern geguckt und der Weltwoche in einem Interview von den Unterschieden zwischen den Geschlechtern erzählt. Er kommt zum Schluss, dass die meisten davon nicht angeboren seien. Vielmehr gleichen sich die Fähigkeiten der Männer und Frauen immer mehr an:
«Es gibt zum Beispiel einen Test, bei dem man 30 Sekunden Zeit hat, möglichst viele Wörter zu nennen, die mit dem Buchstaben ‹F› anfangen. Hier sind Frauen traditionell besser. Aber seit 30 Jahren nähern sich die Resultate von Männern und Frauen immer mehr an. Das Gleiche beobachten wir bei Tests des räumlichen Vorstellungsvermögens, etwa bei der mentalen Rotation von geometrischen Figuren, einer einstmals klassischen Männerdomäne.»
Dem sei so, weil man sich durch Training verbessern könne. Die kleinen, angeborenen Geschlechter-Unterschiede gebe es nur im emotionalen und sozialen Bereich. So wie zum Beispiel die etwas geringere Empathie der Männer. «Alles andere, was sich dann auf kognitiver Ebene manifestiert, also dass Frauen nicht parkieren und Männer nicht zuhören können [...] ist biologisch irrelevant.»
Die Geschlechter-Unterschiede bestünden vor allem darum, weil sie durch die Gesellschaft künstlich aufgebläht würden. Häufig handle es sich dabei um selbsterfüllende Prophezeiungen:

Vielleicht ist es an der Zeit, das «Jäger und Sammler»-Argument zu begraben. Vergessen wir den Verweis auf diese starken Urmänner, die in den Wäldern herumgerannt sind und ihren Orientierungssinn dem modernen Mann vererbt haben. Denn mittlerweile rennen da auch Frauen herum. Und manche von ihnen verirren sich nicht einmal.
Billy Elliot wollte nicht boxen, sondern Ballet tanzen, Angelina Jolies achtjährige Tochter Shiloh will John genannt werden und trägt lieber Anzüge als Röcke und Sophia will Dino-Schuhe. Lassen wir ihnen doch einfach ihren noch nicht zurechtgebogenen Willen.