Das Wichtigste in Kürze:
Als Reaktion auf die Proteste entliess der Präsident Kassym-Schomart Tokajew die gesamte Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand.
Tokajew sagte Khabar 24 zufolge, dass die – von ihm so bezeichneten – Anti-Terror-Einsätze bis zur «kompletten Auslöschung der Kämpfer» andauern sollen.
Am Freitagmorgen erklärte Tokajew in einer Fernsehansprach, dass er den Schiessbefehl gegen militante Demonstranten erteilt: «Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen», sagte Tokajew.
Aus dem Ausland kämen Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise. «Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?», so Tokajew.
Das Staatsoberhaupt erklärte, es hätten insgesamt 20'000 «Banditen» die Millionenstadt Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes angegriffen, wo die Unruhen in den vergangenen Tagen besonders heftig waren. Er bezeichnete Demonstranten auch als «Terroristen» und als aus dem Ausland gesteuert.
Die Kontaktaufnahme zu Menschen vor Ort war von aussen am Freitag kaum möglich. Wer genau dort noch protestiert und in welcher Form, war unklar. «Ich kriege aus Almaty eigentlich auch nur mit, was ich im Fernsehen sehe», sagte eine kasachische Journalistin, die in der Hauptstadt Nur-Sultan lebt, der Nachrichtenagentur dpa. In sozialen Netzwerken berichten Menschen, sie könnten ihre in der Stadt lebenden Angehörigen nicht mehr erreichen.
Nach den schweren Ausschreitungen und dem Schiessbefehl des Präsidenten in Kasachstan hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Ende der Gewalt gefordert: «Ich rufe zu einem Ende der Gewalt und zur Zurückhaltung auf», sagte die deutsche Politikerin am Freitag in Paris.
Die Rechte und die Sicherheit der Bürger seien äusserst wichtig und müssten garantiert werden. Sie verfolge die Situation mit grosser Sorge. Die Europäische Union sei bereit zu helfen, wo sie könne.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schloss sich von der Leyens Worten an. Man sei zugleich besorgt, extrem wachsam und rufe zur Deeskalation auf.
Kasachstan hat das Militärbündnis «Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit» (OVKS) um Hilfe gebeten. In der Folge verlegte Russland am Donnerstag etwa 2500 Soldaten als Teil einer Friedenstruppe in das zentralasiatische Land, darunter Fallschirmjäger.
Nun meldet Moskau, dass russische Soldaten den Flughafen «unter volle Kontrolle» gebracht hätten. Sie hätten unmittelbar nach ihrer Ankunft damit begonnen, «die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen», sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Freitag in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Man sei gemeinsam mit kasachischen Sicherheitskräften am Flughafen vorgegangen. Der Airport der Millionenstadt war zeitweise von Demonstranten besetzt gewesen.
«Die Sicherheit des Generalkonsulats der Russischen Föderation in der Stadt und anderer wichtiger Einrichtungen wird gewährleistet», sagte Konaschenkow. Der Einsatz des Militärbündnis in Kasachstan wurde von Beobachtern als Zeichen der Schwäche Tokajews gewertet. Zugleich gab es im Westen die Sorge, Russland sichere sich so mehr Einfluss in dem Land.
Auch armenische Soldaten sollen auf dem Weg sein nach Kasachstan.
Infolge der Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind nach Angaben des Innenministeriums 26 Demonstranten getötet worden. Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben, berichtete der Staatssender Khabar 24 am Freitagmorgen unter Berufung auf das Ministerium. Die Behörde sprach demnach von «bewaffneten Verbrechern». Weitere 18 von ihnen seien verletzt worden.
Bereits am Donnerstag hatte das Staatsfernsehen von Dutzenden «eliminierten» Menschen in der Millionenstadt Almaty gesprochen. Das liess bereits auf zivile Todesopfer schliessen. Die Behörden hatten aber zunächst nur den Tod von 18 Sicherheitskräften bestätigt.
Kasachischen Behördenangaben zufolge sind in der Nacht auf Donnerstag mindestens acht Polizisten und Soldaten getötet worden.
Die Metropole Almaty waren von den Ausschreitungen besonders heftig betroffen gewesen. In der Metropole kam es in der Nacht auf Donnerstag zu heftigen Krawallen. Demonstranten stürmten trotz Appellen zu einer friedlichen Lösung die Stadtverwaltung und die Residenz des Präsidenten. Danach schien die Lage weiter zu eskalieren.
Die Residenz von Präsident Kassym-Schomart Tokajew habe gebrannt. Demonstranten zerstörten Fenster mehrerer Gebäude und zündeten Autos an.
Bewaffnete Demonstranten solle sich im Gebäude eines Fernsehsenders verschanzt haben.
Ein Korrespondent der russischen Tageszeitung «Kommersant» berichtete von «apokalyptischen» Zuständen in Almaty. Tag und Nacht seien Schüsse zu hören. Die Stadtverwaltung, die Demonstranten kürzlich gestürmt hatten, stehe nun in Flammen. Der zentrale Platz der Revolution werde vom Militär kontrolliert. In einem Auto mit Einschusslöchern in der Windschutzscheibe hätten Anwohner einen toten Mann entdeckt. «Er ist tot, aber niemand bringt die Leiche weg.»
(yam/sda/dpa)
Kasachstan könnte ähnlich einem Ölstaat (Dubai Qatar Norwegen) ein gehobeneres Leben führen, wäre nicht alles verkauft worden. Die Bevölkerung akzeptiert dies nicht mehr. Enteignungen sind mittlerweile nicht mehr unausgesprochen. Was auch die Interventionen von Putin und des russischen Militärs erklären.
Im Fall von Kasachstan reicht die schiere Behauptung des Präsidenten, wonach es sich bei den Demonstrierenden um "im Ausland ausgebildete Terroristen" handle, für eine Intervention.
Diese Organisation scheint mir alles andere als konsequent.