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Rufmordkampagne gegen Polizistin: «Bild»-Zeitung zahlt hohe Entschädigung

So entschuldigt sich die «Bild» auf ihrer Webseite.
So entschuldigt sich die «Bild» auf ihrer Webseite.screenshot: bild

Rufmordkampagne gegen Polizistin: «Bild»-Zeitung zahlt hohe Entschädigung

Eine Berliner Polizeibeamtin steht mitten im Leben, wird zur stellvertretenden Frauenbeauftragten gewählt. Doch dann wird ihre Karriere von der «Bild»-Zeitung zerstört. Das hat jetzt Konsequenzen.
17.04.2025, 13:1317.04.2025, 13:13
Leon Pollok / t-online
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t-online

Die «Bild»-Zeitung muss einer Berliner Polizistin wegen falscher Berichterstattung offenbar 150'000 Euro Entschädigung zahlen. Das berichtet der «Tagesspiegel». Darauf habe sich die Zeitung mit dem Anwalt der Polizistin aussergerichtlich geeinigt. Die «Bild» wiederum druckte an diesem Donnerstag eine grossflächige Richtigstellung – prominent auf der Titelseite. Auch auf der Homepage der Zeitung war die Richtigstellung zu finden.

Die «Bild» hatte im November 2024 über eine Berliner Polizistin berichtet. Der Fall «Judy S.» machte Schlagzeilen – auch international. Die Zeitung behauptete, Judy S. sei eine trans Frau. Sie habe beim Sex in ihrer Wohnung zwei Männer unter Drogen gesetzt und missbraucht, unter anderem mit einer Penispumpe. Jetzt räumt die Zeitung ein: «Keine dieser Behauptungen war zutreffend. Sie sind widerlegt.»

Der Redaktion sei bewusst, dass sie Judy S. mit ihrer Berichterstattung grossen Schaden zugefügt habe. Dafür bitte man Judy S. um Entschuldigung. Die Entschädigungssumme von 150'000 Euro ist laut «Tagesspiegel» rekordverdächtig hoch. Der Fall sei in der deutschen Mediengeschichte nahezu einmalig.

Wollten Polizisten die Karriere von Judy S. zerstören?

Der «Tagesspiegel» hatte enthüllt, dass die Vorwürfe gegen Judy S. offenbar frei erfunden waren. Dabei geht es mutmasslich auch um polizeiinterne Intrigen. Judy S. hatte sich bei der Berliner Polizei für die Wahl der stellvertretenden Frauenvertreterin aufstellen lassen und wurde auch gewählt. Beamte sprachen im «Tagesspiegel» von einem «unkollegialen Wahlkampf unter der Gürtellinie». Schon damals hätten Gerüchte die Runde gemacht, Judy S. sei eine trans Frau. Aus Polizeikreisen erfuhr der «Tagesspiegel», Mitglieder der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hätten immer wieder Stimmung gegen Judy S. gemacht.

Wie die «Bild»-Zeitung an die nun als falsch bestätigten «Informationen» kam, ist unklar. Laut «Tagesspiegel» gibt es aber Indizien, dass Mitglieder der DPolG die Informationen an die Zeitung weitergegeben haben. In der Berliner Polizei laufen interne Ermittlungen unter anderem wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen, berichtet der «Tagesspiegel».

Ermittlungsverfahren gegen Judy S. eingestellt

Ins Rollen gekommen ist der Fall «Judy S.» auch durch eine Strafanzeige gegen die Beamtin. Hintergrund soll ein vermeintlicher Vorfall auf einer Party gewesen sein.

Die Ermittlungen wurden eingestellt, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht gab.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joe Smith
17.04.2025 13:38registriert November 2017
Rufmordkampagnen sind das Geschäftsmodell der Bild. Vor diesem Hintergrund sind 150'000.– für eine zerstörte Karriere alles andere als «hoch». Das zahlt Bild aus der Portokasse.
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Madison Pierce
17.04.2025 13:55registriert September 2015
Das müsste weitaus teurer sein. So "der Konzern macht dieses Jahr keinen Gewinn"-teuer.

Und die verantwortlichen Journalisten sollten strafrechtlich verfolgt werden. Das ist nicht "unsauber gearbeitet" und vielleicht ein Zitat falsch wiedergegeben, das ist eine bewusst gefahrene Kampagne.
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Ylene
17.04.2025 14:08registriert Januar 2016
Und ein weiteres Beispiel dafür, dass diese unsägliche Aufwiegelungen gegen Transfrauen am Ende eben doch allen Frauen schadet. Vor über 20 Jahren war bei meinem damaligen, eher ländlich-agglo Arbeitgeber beste:r Verkäufer:in von Wärmepumpen eine Transfrau - damals waren weder sie noch Wärmepumpen kontrovers (sondern einfach nur sehr ungewohnt), aber da gab es halt auch noch keine jahrelangen, gezielten Hetz- und Lügenkampagnen dagegen. Es macht mich einfach nur noch unfassbar wütend.
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