«Ich werde euer Beschützer sein», sagt Donald Trump an einem Wahlkampfevent diese Woche und richtet sich damit an Frauen. Sie würden mit ihm als Präsident glücklich, gesund, selbstbewusst und frei sein, so der Ex-Präsident. Und: «Sie werden nicht mehr über Abtreibung nachdenken.»
Der Zeitpunkt dieser in seinen Augen netten Worte ist nicht zufällig. Laut einer neuen Studie des Senders ABC und des Marktforschungsinstituts Ipsos liegt Trump bei dieser Wählergruppe um 13 Prozentpunkte hinter Kamala Harris. Bezieht sich die Frage auf die Gesamtbevölkerung, führt die Demokratin nur mit vier Punkten. Diese Kluft will Trump schliessen.
Wieso unterstützen so viel weniger Frauen Trump? Vielleicht, weil er dieses Jahr wegen sexuellen Missbrauchs an Publizistin E. Jean Carroll schuldig gesprochen wurde? Oder wegen seiner zahlreichen herablassenden Kommentare über Frauen, angefangen bei der Aussage aus dem Jahr 2005, er könne Frauen einfach in den Schritt fassen, weil er ein Promi sei?
Einer der wichtigsten Gründe, warum Frauen Kamala Harris dem Republikaner vorziehen, ist das Thema Abtreibung. Es ist eines der wichtigsten Themen im Wahlkampf. Das wissen die Demokraten auszunutzen. «Kamala Harris vertritt Frauenthemen glaubwürdig», sagt USA-Expertin Claudia Brühwiler zu CH Media.
Donald Trump ist bei diesem Thema nicht authentisch. Zwar fährt er zurzeit einen weniger konservativen Kurs als noch vor einigen Monaten, das ist aber nicht genug. Aktuell prahlt der Ex-Präsident damit, dass die Staaten über Abtreibungsgesetze entscheiden können, «weil wir etwas getan haben, was niemand sonst hätte tun können. Die Entscheidung liegt jetzt dort, wo sie schon immer hätte liegen müssen», so Trump an seinem Wahlkampfevent. Viele wünschen sich jedoch die bundesweite Zusicherung zurück. Die wurde auch dank Trump gekippt, der während seiner Amtszeit als Präsident drei konservative Richter am Obersten Gericht ernannte.
Seine plötzliche Abweichung von einer ganz konservativen Linie sei nicht glaubwürdig, sagt Brühwiler: «Es ist ähnlich wie die Unentschlossenheit, die Republikaner Kamala Harris beim Thema Fracking vorwerfen.» Ausserdem seien Wählerinnen nicht dumm, «sie wissen, dass hinter Trump eine Partei steht, die in verschiedenen Bundesstaaten sehr restriktive Gesetze vorantreibt», so die HSG-Professorin.
Das unterstreicht auch sein Vizekandidat JD Vance, der beim Thema Abtreibung einen härteren Kurs vertritt als Trump jetzt. Vance sorgt mit Aussagen wie der Bezeichnung von demokratischen Politikerinnen als «kinderlosen Katzenfrauen» zudem regelmässig für Empörung. «Der Stil der beiden passt vielen Frauen nicht», sagt Brühwiler.
Dieser maskuline und teils frauenfeindliche Stil ist für die Kampagne des republikanischen Präsidentschaftskandidaten bezeichnend. Unter den Rednern am Parteitag der Republikaner war beispielsweise der kontroverse Präsident der Ultimative Fighting Championship (UFC), eines Mixed-Martial-Arts-Wettbewerbs. Das kommt vor allem bei jungen Männern gut an. Bei Kulturkampf-Themen seien sie grundsätzlich eher für die konservative Linie zu gewinnen, sagt Claudia Brühwiler. Die Ansichten werden in den sozialen Medien, Podcasts und in Online-Communitys schliesslich millionenfach verbreitet.
Auf die Gesamtbevölkerung bezogen schneidet Kamala Harris bei jungen Menschen aber deutlich besser ab als Trump. Laut dem neusten Harvard Youth Poll führt Harris bei den 18- bis 29-Jährigen mit 31 Punkten. Allgemein liegt Harris bei männlichen Wählern 5 Prozentpunkte hinter Donald Trump.
Grund für die Diskrepanz sei neben den Themen auch die demokratische Kandidatin selbst. Dies, obwohl Harris ihre Hautfarbe und ihr Geschlecht kaum zum Thema macht. «Ihre Identität beeinflusst Wählerinnen und Wähler, ob sie es sich eingesteht oder nicht», sagt Brühwiler.
Harris' Team ist das bewusst. Um die Demokratin bei männlichen Wählern beliebt zu machen, produziert die Kampagne beispielsweise Camouflage-Fan-Artikel und organisiert Zoom-Meetings mit Prominenten unter Titeln wie «White Dudes for Harris». Hinzu kommt, dass mit Tim Walz, einem ehemaligen Football-Coach, jemand an der Seite der Vizepräsidentin ist, der genau diese Wählergruppe anspricht.
Die Wahl im November wird eine knappe, so viel ist heute schon klar. Beide Seiten sind also daran interessiert, den Gendergap zu ihren Gunsten zu schliessen. Bei den Demokraten bedeutet dies laut Brühwiler, grundsätzlich auf demselben Kurs zu bleiben wie bisher. Mit einer Ausnahme: «Sie muss bei ein paar Themen konkreter werden.» Gerade bei Wechselwählern, die öfters gut informiert sind, seien Floskeln und vage Pläne, zum Beispiel bei Wirtschaftsthemen, nicht genug, um sie zu überzeugen.
Das Trump-Lager steht gemäss der Dozentin vor einer anderen Herausforderung. Mit dem Auftritt seiner Enkelin am republikanischen Parteitag versuchten die Republikaner Trump einerseits nahbarer zu zeigen. «Letztlich läuft es aber immer darauf hinaus, ob er sich im Griff hat.» Ausfälle wie während der Debatte mit Kamala Harris seien kontraproduktiv. «Trump ist ein König der Selbstsabotage», sagt Brühwiler.
Ein weiteres Beispiel dafür sei seine Aussage in Bezug auf jüdische Wählerinnen und Wähler gewesen. Er sagte, demokratische Jüdinnen und Juden würden sich selber schaden. Dass diese Argumentationslinie nicht funktioniert, müssten die Republikaner eigentlich schon lange am Beispiel der Demokraten gelernt haben, findet Brühwiler. Seit Jahren sagen die Demokraten der Arbeiterschicht, sie würden sich selber schaden, wenn sie für die Republikaner stimmten – ohne Erfolg. «Menschen lassen sich nicht gerne sagen, dass sie nicht wissen, was gut ist für sie», sagt die Expertin. (bzbasel.ch)
Frei nach dem Motto: mach genau, was ich will, und nur das, was ich will, dann geht es dir wunderbar.
The Handmaid's Tale.
Für menschen mit einem intakten moralische Kompass, die Demokratie wollen, die für minimale Frauenrechte sind, eine funktionierende Wirtschaft und einen einigermassen funktionierende Staat wollen, ist Trump schlicht nicht wählbar.