Das geschieht, wenn Fox-News-Konsumenten einen Monat lang CNN schauen
Die Welt von Fox News ist weitgehend eine eigene. Man könnte natürlich dasselbe von der CNN-Welt sagen, auch dieser Sender hat eine klare Agenda und politische Einstellung. Erstere verbreitet aber seit Langem mehrfach bestätigte Fake-News.
Die Fox-News-Welt ist eine, in der Impfungen potenziell sehr gefährlich sind und Impfchef Anthony Fauci ein bösartiger Mensch ist. Eine Welt, in welcher der damalige Präsident Trump ungefiltert seine Lügen verbreiten durfte, die Ukraine geheime Bio-Waffen herstellt und Wladimir Putin gar kein so schlechter Typ ist.
Fox News beliebtester Sender
Kein Wunder, dass Amerikanerinnen und Amerikaner in diese Welt der «alternativen Fakten» abtauchen – und kaum mehr herauskommen. Und: Fox News ist immerhin der meistgeschaute Sender in den USA, vor CNN und MSNBC. Die Auswirkungen der Privatsender in den USA auf die Präsidentschaftswahlen oder persönliche Einstellungen bezüglich Klimawandel oder Einwanderung sind mehrfach untersucht und gut dokumentiert (zum Beispiel hier oder hier).
Was also passiert, wenn man langjährige Fox-News-Anhängerinnen und -Anhänger dem «gegnerischen» TV-Sender exponiert? Dieser Frage gingen zwei Politologen der Yale- und Berkeley-Universität in den USA nach. Da es schwer vorstellbar ist, dass die Probandinnen und Probanden freiwillig den Kanal wechseln, wurden sie in der Studie bezahlt – 15 Dollar pro Stunde, in der sie CNN schauten.
Einen Monat lang CNN
Damit sich die insgesamt 304 Teilnehmenden die 15 Dollar nicht erschwindeln konnten, wurden regelmässig Tests durchgeführt darüber, was gerade bei CNN gezeigt wurde. Gleichzeitig gab es eine Kontrollgruppe in derselben Grösse von Fox-News-Zuschauerinnen und Zuschauer, die weiterhin denselben Sender konsumierten. Nach einem Monat wurden schliesslich beide Gruppen bezüglich ihrer Haltungen zu ausgewählten Themen befragt und die Ergebnisse miteinander verglichen.
Die Studie wurde im September 2020 durchgeführt. Im Fokus der Nachrichten standen damals – neben der Corona-Pandemie – Polizeigewalt und daraus folgende Proteste. Dies, nachdem in Kenosha (Wisconsin) ein Afro-Amerikaner von einem Polizisten lebensgefährlich verletzt und in den darauffolgenden Protesten zwei Menschen durch Schüsse von Polizisten ermordet wurden.
Die Studie von David Broockman und Joshua Kalla, den beiden Politologen, fand Folgendes heraus:
- Die CNN-Konsumierenden stimmten Ende September mit geringerer Wahrscheinlichkeit dieser Aussage zu: «Es ist eine Überreaktion, hinauszugehen und zu protestieren als Antwort auf den Vorfall mit Jacob Blake in Kenosha.»
- Die Wahrscheinlichkeit war ausserdem um 13 Prozentpunkte geringer, dass sie glaubten, dass «Wenn Joe Biden gewählt wird, sehen wir viele Polizisten, die ermordet werden durch ‹Black-Lives-Matter-Aktivisten›».
- Die Wahrscheinlichkeit, dass der Aussage «Joe-Biden-Unterstützer sind glücklich darüber, wenn Polizeibeamte erschossen werden» zugestimmt wird, sank bei den CNN-Zuschauerinnen und -Zuschauer um zehn Prozentpunkte.
- Die Wahrscheinlichkeit, zu glauben, dass es wichtiger sei, dass sich Präsident Trump den Protesten widmet als der Corona-Pandemie, sank um elf Prozentpunkte.
- Die CNN-Probandinnen und -Probanden waren am Ende des Experiments häufiger dafür, die Briefwahl anzubieten.
- Ausserdem sank der Glaube daran, dass, wenn Donald Trump etwas Schlechtes tun würde, Fox News auch darüber berichten würde.
Es sei überraschend, dass CNN zu schauen überhaupt irgendeinen Effekt hatte, sagte Joshua Kalla, einer der beiden Studienautoren. Das hätte man so nicht erwarten können: «Die Leute in diesem Experiment sind überwiegend Trump-unterstützende Republikanerinnen und Republikaner.» Angesichts der Tatsache, dass Trump während seiner Präsidentschaft viel Zeit damit verbrachte, CNN niederzumachen, seien diese Resultate erstaunlich.
Selektivität von Informationen
Die Autoren sehen die Selektivität der Informationen in den News-Kanälen als wichtigen Grund für die Resultate der Studie. Als Beispiel nannten sie die Berichterstattung über einen hypothetischen Krieg mit amerikanischer Beteiligung. CNN könnte dabei die Kosten des Krieges und die Anzahl der amerikanischen Toten thematisieren.
Zur gleichen Zeit könnte Fox News seinen Fokus darauf richten, welcher Gefahr von aussen die militärische Kampagne ausgerichtet wäre. Fox News könnte ausserdem Berichte zeigen, in der befreite Zivilistinnen und Zivilisten von amerikanischen Soldaten in Empfang genommen werden. Dieses Beispiel hinterlasse den Zuschauer mit einem ganz anderen faktischen Verständnis des Konfliktes, schreiben Broockman und Kalla.
Einseitige Berichterstattung problematisch
Die Studie zeige, dass Menschen empfänglich seien für verschiedene politische Ansichten – zumindest unter gewissen Bedingungen. Längerfristig sehen die Studienautoren aber Probleme: «Wenn Politikerinnen und Politiker etwas Schlimmes tun, hoffen wir, dass Wählerinnen und Wähler sie bestrafen werden – unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit», sagte Kalla.
Dieses Verhalten sei aber weniger wahrscheinlich, wenn die TV-Kanäle selektive Berichterstattung betrieben: Eine Trump-Wählerin würde so zum Beispiel gar nicht mitkriegen, wenn Trump etwas Schlechtes gemacht hätte. Dasselbe gilt bei CNN, die vielleicht nicht darüber berichten, wenn sich die Demokraten Fehltritte leisten.
