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Frankreich

Rettungsschiff «Ocean Viking» im südfranzösischen Toulon eingelaufen

Meloni beklagt «aggressive Reaktion» Frankreichs in Migrantenkrise

11.11.2022, 14:14
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Das Seenotrettungsschiff «Ocean Viking» mit 230 Migranten an Bord ist am Militärhafen der südfranzösischen Stadt Toulon angekommen. Das bestätigte eine Sprecherin der Organisation SOS Méditerranée der Deutschen Presse-Agentur am Freitagmorgen. Einige der Geretteten waren laut SOS Méditerranée seit mehr als zwei Wochen auf dem Schiff.

Frankreich will ein Drittel der Migranten an Bord des Schiffes aufnehmen. Laut Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin hat sich auch Deutschland bereit erklärt, ein Drittel der Geflüchteten aufzunehmen. Angebote zur Aufnahme gebe es aus weiteren Ländern wie Kroatien, Bulgarien, Litauen, Luxemburg und Norwegen.

Frankreich hatte dem Rettungsschiff am Donnerstag das Einlaufen am Militärhafen von Toulon erlaubt, nachdem Retter und Gerettete tagelang vergebens auf die Zuteilung eines Hafens in Italien gewartet hatten.

Frankreichs Innenminister Darmanin verurteilte das Verhalten Italiens, das entgegen internationaler Regeln das Einlaufen des Schiffs in einen italienischen Hafen verweigert habe. Das Vorgehen Roms belaste das Verhältnis zwischen beiden Ländern.

Migrants wrapped in blankets and waterproof bags lie on the deck of the Ocean Viking rescue ship, in the Strait of Sicily, in the Mediterranean Sea, Saturday, Nov. 5, 2022. (AP Photo/Vincenzo Circosta ...
In Decken und wasserdichten Säcken eingewickelte Geflüchtete liegen auf dem Deck des Rettungsschiffs «Ocean Viking», Mittelmeer, Samstag, 5. November 2022.Bild: keystone
Migrants receive 24-hours survival kits on the deck of the Ocean Viking rescue ship, in the Mediterranean Sea, near the coast of Sicily, southern Italy, Sunday, Nov. 6, 2022. Italy's new governme ...
Geflüchtete erhalten auf dem Deck des Rettungsschiffs «Ocean Viking» 24-Stunden-Überlebenspakete, Mittelmeer, 6. November 2022.Bild: keystone
Some of the migrants rescued from the sea are seen on board of the humanitarian ship Ocean Viking cruising in the Mediterranean Sea, Wednesday, Nov. 9, 2022. The SOS Mediterranee humanitarian group sa ...
Geflüchtete an Bord der «Ocean Viking», Mittelmeer, 9. November 2022.Bild: keystone

«Soll Italien das einzige Land sein, das Häfen für Migranten bereitstellt?»

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zeigt sich verwundert über die scharfen Töne aus Paris in der Migrantenkrise. «Mich hat die aggressive Reaktion der französischen Regierung getroffen, die meiner Meinung nach unverständlich und ungerechtfertigt war», sagte Meloni am Freitag. Aus Sicht der ultrarechten und migrantenfeindlichen Politikerin werden in dem Fall die Verhältnisse verzerrt. Sie sagte, dass «zum ersten Mal überhaupt so ein Schiff einer NGO in Frankreich andockt». Sie könne die Aufregung in Paris wegen der rund 230 Menschen auf dem Schiff nicht verstehen, wenn man bedenke, dass «seit Anfang des Jahres fast 90 000 Migranten Italien erreicht hatten».

Daneben erinnerte die neue Regierungschefin an eine europäische Vereinbarung aus dem Frühsommer, wonach rund 8000 in Italien gelandete Migranten auf andere Länder verteilt werden sollten. Bislang aber seien erst 117 Menschen davon in einen anderen Staat gebracht worden, lediglich 38 nach Frankreich. «Irgendetwas funktioniert hier nicht», sagte Meloni. «Soll Italien denn das einzige Land sein, das Häfen für Migranten bereitstellt?»

»Zudem kritisierte die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia, dass ihr Land in Europa unsolidarisch behandelt werde. Sie verwies darauf, dass Deutschland innerhalb kurzer Zeit zugesagt habe, ein Drittel der Leute von der «Ocean Viking» zu übernehmen. Bei dem Thema sei Italien von EU-Partnern nie so schnell geholfen worden.

Die französische Europastaatssekretärin Laurence Boone sprach am Freitag von einem Vertrauensbruch Italiens gegenüber ganz Europa. Italien habe sich nicht an geltende Regeln gehalten und mit einer einseitigen Entscheidung Menschenleben gefährdet. «Man kann sich die Frage stellen, ob Menschenleben instrumentalisiert werden», so Boone. Abkommen existierten, um auch über das Bestehen einer Regierung hinaus zu gelten. «Stellen Sie sich vor, wie es wäre, mit jeder Regierung die europäischen Regeln zu ändern. Das wäre nicht haltbar», sagte sie.

(lst/yam/sda/dpa)

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bärner Gieu
10.11.2022 17:39registriert Januar 2016
Hat wieder viele vulnerable Frauen und Kinder an Bord…
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Bernhard Kuenzi
10.11.2022 19:18registriert Januar 2014
Das wird sich für Frankreich rächen, denn die Schlepperschiffe fahren gerne anstatt zurück nach Afrika zu uns in den Westen. Jetzt haben die ein neues Ziel das Schiffe einlaufen lässt. Wenn dann Frankreich merkt, dass es Italien genau richtig macht, werden sie nachziehen und die Schiffe fahren weiter zum nächsten Land, dass den Fehler macht, die Schiffe anlegen zu lassen, usw.
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Hirngespinst
11.11.2022 09:38registriert August 2019
Warum steuern diese Schiffe keine afrikanischen Häfen an?
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