Der französische Premierminister Michel Barnier hat die Verabschiedung des Sozialhaushalts mit dem Überleben seiner Regierung verknüpft. Rechts- und Linkspopulisten geben sich entschlossen, die Regierung durch ein Misstrauensvotum zu stürzen. Damit droht Frankreich eine neue politische Krise.
Ein Überblick:
Seit den vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Juni hat die Regierung in Paris keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung. Das Parlament ist in drei verfeindete Blöcke gespalten. Um Haushaltsgesetze zu verabschieden, blieb dem Premierminister nur die Möglichkeit, den Verfassungsparagrafen 49.3 anzuwenden. Dieser ermöglicht eine Verabschiedung ohne Abstimmung im Parlament. Dazu muss die Regierung aber ein anschliessendes Misstrauensvotum überstehen.
Barnier hat von dieser Möglichkeit am Montag Gebrauch gemacht. Mit der Abstimmung über das Misstrauensvotum ist frühestens am Mittwoch zu rechnen.
Die Abstimmung über das Misstrauensvotum ist frühestens in zwei Tagen möglich. Genau 48 Stunden müssen zwischen dem Antrag und der Abstimmung verstreichen. Spätestens drei Sitzungstage nach Verstreichen der Frist müssen die Abgeordneten in der Nationalversammlung dann über den Antrag debattieren und abstimmen.
Ganz klar ist das nicht. Es wird aber erwartet, dass eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzieht und sie somit stürzt. Das linke Lager aus Kommunisten, Grünen, Sozialisten und Linken hatte einen Antrag eingereicht. Ihre Stimmen gelten als relativ sicher.
Die Rechtsnationalen um Marine Le Pen hatten die Regierung zunächst geduldet. Nun aber kündigte Le Pen an, ebenfalls einen Misstrauensantrag zu stellen und dem des linken Lagers ausserdem zuzustimmen. Zusammen erreichen die Oppositionsparteien die nötige absolute Mehrheit von 289 Stimmen.
Falls die Regierung das Misstrauensvotum verliert, ist sie nur noch geschäftsführend im Amt. Präsident Emmanuel Macron muss dann einen neuen Premierminister ernennen. Dafür gibt es jedoch kein Datum. Nach der Auflösung des Parlaments im Juni hatte Macron sich bis September Zeit gelassen. Macron kann theoretisch Regierungschef Barnier erneut ernennen und nur die Ministerriege neu zusammenstellen.
Im Gespräch ist auch die Ernennung eines linken Regierungschefs, etwa Ex-Innenminister Bernard Cazeneuve. Dies würde dem Ergebnis der Neuwahl im vergangenen Juli Rechnung tragen. Allerdings hätte auch ein linker Premierminister keine Mehrheit im Parlament. Denkbar wäre auch eine Expertenregierung. Eine Neuwahl des Parlaments ist frühestens im Juli 2025 möglich.
Nein. Das Misstrauensvotum gilt nur für die Regierung. Präsident Emmanuel Macron ist nicht Teil des Kabinetts. Gleichzeitig würde ein Regierungssturz auch ihn unter Druck setzen. Denn er hatte Premier Michel Barnier ernannt und sein Mitte-Lager regiert mit. Le Pen und die Linke hoffen möglicherweise darauf, Macron mit dem Regierungssturz zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu bewegen. Eigentlich steht das Votum erst 2027 an.
Eigentlich müsste die Regierung bis Jahresende drei Haushaltsgesetze durch das Parlament bringen. Der Sozialhaushalt war das erste davon. Es gilt als unwahrscheinlich, dass eine neue Regierung die Verabschiedung der drei Gesetze noch im Dezember durchsetzen könnte.
Sie könnte aber ein Sondergesetz auf den Weg bringen, dass es ermöglicht, auf der Basis des Haushalts von 2024 weiterzumachen. Sollte sich dafür keine Mehrheit finden, kann Macron nach Artikel 16 der Verfassung Notmassnahmen ergreifen. Damit würde der demokratische Normalbetrieb vorübergehend ausser Kraft gesetzt.
Die nächste Präsidentschaftswahl steht eigentlich erst 2027 an. Mittlerweile gibt es aber erste Stimmen im Regierungslager, die den Rücktritt des Präsidenten und eine vorgezogene Wahl ins Spiel bringen. Das hat Macron bislang ausgeschlossen.
Macron kann nach zwei Mandaten nicht wieder antreten. Le Pen möchte gerne Präsidentin werden, könnte aber im März in einem Verfahren wegen Veruntreuung von EU-Geldern dazu verurteilt werden, nicht kandidieren zu dürfen. Ob der 29-jährige RN-Parteichef Jordan Bardella dann kandidieren würde, ist offen.
Im Regierungslager laufen sich unter anderen die Ex-Premierminister Edouard Philippe und Gabriel Attal für eine mögliche Präsidentschaftskandidatur warm. Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon dürfte auch wieder antreten wollen. Vielleicht versucht es auch der sozialistische Ex-Präsident François Hollande noch einmal.
Verwendete Quellen:
(hkl)
Die franz. Regierung wird nicht so leicht stürzen, denn es gibt in FR genügend verantwortungsvolle, intelligente und engagierte Bürger/innen, die sich für den Fortbestand der ältesten Demokratie in Europa mobilisieren und einsetzen werden.
Klar: Man kann an Macron vieles kritisieren. Schlussendlich ist er aber noch immer der Garant [!] dafür, dass FR in Europa und in der gesamten Welt für die tradierten Ideale und Werte der franz. Nation steht.
Und die Menschen in FR wissen das.