Gegen 5 Uhr morgens reissen Alarmsirenen die Menschen in ganz Israel aus dem Schlaf. Die Warnung ist unmissverständlich: Es droht ein grosser Raketenschlag aus dem Iran.
Zuvor hatten rund 200 israelische Kampfjets strategische Ziele in der Islamischen Republik bombardiert. Ein Angriff, der das Mullah-Regime bis ins Mark erschüttert.
«Für die Iraner sieht es gerade sehr schlecht aus», sagt Danny Citrinowicz, ehemaliger Leiter der Abteilung für Iran-Analysen im israelischen Militärgeheimdienst. Er spricht von «dramatischen Erfolgen», die die israelische Armee in der Nacht gefeiert habe.
Israel habe grössere Teile der militärischen Spitze des Iran ausgeschaltet und der wichtigsten Atomanlage in Natanz wohl schwere Schäden zugefügt, sagt Citrinowicz. Wie signifikant die Anlage tatsächlich beschädigt wurde, liesse sich im Moment schwer abschätzen.
Besonders peinlich für Teheran: die Attacken kamen nicht nur aus der Luft. Offenbar führte der israelische Geheimdienst Mossad auch Operationen innerhalb des Iran durch. Diese seien «über Monate, vielleicht Jahre» geplant worden, «unter der Nase des Regimes».
Gleichwohl mahnt Citrinowicz, der heute im Iran-Programm des Institute for National Security Studies in Israel forscht, zur Vorsicht: «Teheran hat immer noch die Kapazität, zurückzuschlagen.» Auch sei Natanz nicht die einzige wichtige Nuklear-Einrichtung im Land. Viele befänden sich tief unter der Erde.
Die bisherigen Angriffe, stellt Citrinowicz klar, seien in jedem Fall erst der Anfang. «Es ist ein Krieg», sagt er. «Wir befinden uns aktuell in einer sehr frühen Phase.»
Das glaubt auch Ruth Wasserman Lande. Die ehemalige Knesset-Abgeordnete und Diplomatin in Kairo spricht von einem «historischen Moment», einem echten «Game Changer» in Nahost, der die politischen Verhältnisse neu ordnen werde. «Die Militärkampagne der Armee wird noch wesentlich grösser», sagt sie.
Die Iraner hätten ihre Verbündeten bereits um Beistand gebeten – und zumindest von der Hisbollah eine Abfuhr kassiert. Die Schiiten-Miliz im Libanon sei einerseits verärgert darüber, dass Teheran ihr nicht beigesprungen sei, als sie im vergangenen Jahr von Israel massiv attackiert wurde, sagt Wasserman Lande.
Das scheint jedoch nicht der einzige Grund. Tatsächlich, sagt Iran-Experte Citrinowicz, habe Israel den Iran vor allem deshalb so lang nicht angegriffen, weil die mit Teheran verbündete Hisbollah eine echte Bedrohung darstellte. Nach der israelischen Militärkampagne und der spektakulären Pager-Attacke gegen Hunderte Hisbollah-Mitglieder ist die Miliz aktuell stark dezimiert. Die «goldene Gelegenheit» für einen Angriff auf den Iran, von der Ministerpräsident Netanyahu am Freitag sprach, habe ganz direkt auch damit zu tun.
«Die Huthis im Jemen nerven uns, aber sie sind längst nicht so stark, dass sie Israels Armee vom Angriff abhalten konnten», sagt Citrinowicz.
Nun habe der Iran also einen schmerzhaften Schlag einstecken müssen. Nach dem verheerenden Angriff stünden sie nun vor einer doppelten Aufgabe: ausgeschalteten Top-Militärs, und auch die getöteten Atomwissenschafter könnten nicht einfach so ersetzt werden, sagt der Experte. Gleichzeitig müsse das Regime Stärke beweisen, um das eigene Volk nicht zu verlieren. Noch ist es stark genug, um di Situation zu überleben, sagt Citrinowicz. Aber die israelische Militärkampagne habe auch gerade erst begonnen.
Ich wünschte mir eine etwas distanziertere Berichterstattung.
Aber klar ist: Wir haben es mit zwei autokratischen Regierungen zu tun, deren primäres Interesse die Machterhaltung ist - auch wenn eines der beiden Regime demokratisch gewählt wurde.