Die Berichte über die Koranverbrennungen in Schweden erhitzen zurzeit weltweit die Gemüter. Am vergangenen Donnerstag war in Stockholm eine Demonstration mit einer Koranverbrennung geplant – diese wurde von der schwedischen Polizei sogar genehmigt.
Aus Wut über diese Ankündigung stürmte ein aufgebrachter Mob die schwedische Botschaft in Bagdad. Obwohl das Anzünden des Korans schlussendlich nicht gelang, wies der Irak die schwedische Botschafterin als Konsequenz für den Vorfall aus dem Land.
Doch wie kam es überhaupt zu dieser Eskalation auf dem internationalen Parkett? Dahinter steckt der Rechtsextremist Rasmus Paludan. Er ist der Mann, der die fragwürdige Protestform – welche zwischen 2011 und 2012 in den USA populär war – nach Skandinavien gebracht hat.
Rasmus Paludan wurde 1982 in Nordsjælland in Dänemark geboren. 2001 begann er sein Jurastudium an der Universität Kopenhagen, heute arbeitet er als selbstständiger Anwalt.
Während seines Studiums begann Paludan, politisch aktiv zu sein. Er trat 2003 der Jugendorganisation der sozialliberalen Partei Radikale Venstre (Radikale Linke) bei. 2009 versuchte er, als Mitglied einer EU-skeptischen Wählervereinigung den Einzug ins Europaparlament schaffen, der Versuch misslang ihm jedoch.
Nach dem Misserfolg wurde er Mitglied der rechtsliberalen Partei Venstre. Diese Partei ist in Dänemark beliebt und besetzt 23 der 179 Sitze im Parlament. Einflussreicher in Dänemark sind aktuell nur die Sozialdemokraten, sie sind mit 50 Sitzen im Parlament vertreten.
Im September 2016 wechselte Paludan in die damals neu gegründete einwanderungsfeindliche, nationalkonservative und rechtspopulistische Partei Nye Borgerlige (Neue Bürgerliche). Diese besetzt aktuell lediglich drei der 179 Parlamentssitze und ist somit nicht sehr einflussreich.
Seine Anfänge in der Partei waren vielversprechend – im Januar 2017 wurde er für den Stadtrat von Kopenhagen aufgestellt. Im Februar musste er die Partei jedoch verlassen, weil der Wortlaut eine seiner Reden, die er im Oktober 2016 gehalten hatte, bekannt wurde.
Die Rede hielt er für die Organisation For Frihed (Für die Freiheit, früher auch bekannt als PEDIGA Dänemark), diese setzt sich laut eigenen Angaben gegen die fundamentalistische Islamisierung Dänemarks ein.
Während der Brandrede habe er unter anderem Dinge gesagt wie: «Während wir hier heute stehen, sind Hunderttausende Dänen zu Hause, bereiten ihre Waffen vor und üben sich im Schiessen.» Zudem habe er über einen möglichen Bürgerkrieg gegen «fremde Feinde» gesprochen. Dazu habe er angefügt: «Unsere Strassen und Wege werden sich in Flüsse aus Blut verwandeln. Und das Blut der fremden Feinde wird in der Kanalisation enden, wo die fremden Feinde hingehören.»
Die Partei Nye Borgerlige zeigte sich schockiert über Paludans Aussagen und verlangte eine Erklärung von Paludan. Dieser habe die Partei daraufhin verlassen.
Kurz daraufhin gründete Paludan die Dansk Samling (Dänische Sammlung), deren Namen er 2017 in Stram Kurs (Harter Kurs) änderte. Was ist das für eine Partei, deren Anführer Korane anzündet?
Eine, deren Parteiprogramm laut dänischen Rechtswissenschaftlern gegen das dänische Grundgesetz sowie internationale Konventionen verstösst. Das Programm besteht fast ausschliesslich aus den Themen Migrations- und Islampolitik.
So fordert die Partei unter anderem, dass Dänemark sich aus allen internationalen Flüchtlingskonventionen zurückziehen und keinerlei Asylanträge mehr bearbeiten sollte. Leute, die keinen westlichen Migrationshintergrund hätten, sollten ausgewiesen werden – selbst wenn sie über die dänische Staatsbürgerschaft verfügen würden.
2019 verfehlte die Partei ihren Einzug ins dänische Parlament um ein Haar. Der Parteivertreter, der Stram Kurs im Parlament vertreten hätte, wäre kein Geringerer als Paludan selbst gewesen.
Obschon der Partei den Einzug ins Parlament nicht gelang, sei die Besorgnis über den möglichen Einfluss von Stram Kurs auf die dänische Politik kurz vor den Wahlen 2019 gross gewesen, schreibt «The Guardian». Der Vorsitzende der sozialliberalen Partei Radikale Venstre, Morten Østergaard, habe die etablierten Parteien damals aufgefordert, eine Beteiligung des Stram Kurs an einer künftigen Regierungskoalition auszuschliessen.
Weiter habe Østergaard gewarnt:
Möglicherweise motivierte ein Vorfall im Jahr 2017 Paludan für seine späteren Koranverbrennungen. Damals war er Verteidigungsanwalt für einen 42-jährigen Dänen, der wegen Blasphemie angeklagt wurde, weil er den Koran verbrannt haben soll. Der Blasphemieparagraf im dänischen Gesetz wurde aber kurz daraufhin abgeschafft und es kam es nie zu einer Verurteilung.
Brisant: Paludan selbst musste während der Jahre 2019 und 2020 aufgrund rassistischer Aussagen mehrfach kurze Haftstrafen absitzen.
Mehreren Medienberichten zufolge äusserte sich Paludan während seiner politischen Karriere nicht nur rassistisch, er hatte auch schon vor 2023 mehrere Korane verbrannt.
Die Koranverbrennung Paludans, welche zuletzt für Aufsehen sorgte, fand am 21. Januar 2023 in Schweden statt. An diesem Tag versammelte sich ein gutes Dutzend Menschen vor der türkischen Botschaft in Stockholm. Paludan entschied sich mitten in der Kundgebung, einen Koran anzuzünden.
Der von Paludan vorgegebene Grund für die Verbrennung: Der türkische Präsident Recep Erdoğan goutierte den NATO-Beitritt Schwedens, aber nicht denjenigen Finnlands. Schweden gegenüber stellte Erdoğan verschiedene Forderungen, unter anderem sollte das Land mehrere PKK-Mitglieder, Oppositionelle und kurdische Aktivisten an die Türkei ausliefern.
Paludans Aktionen finden in extremistischen Kreisen Anklang, es gibt Nachahmer – dies zur Empörung vieler islamischer Länder.
So verbrannten beispielsweise in Pakistan nach Paludans Koranverbrennung einige Protestierende die Schweizer Flagge, weil sie diese mit der schwedischen verwechselten.
Die internationale Empörung schien Paludan zu motivieren: Am 27. Januar 2023 zündete er vor einer Moschee in Kopenhagen erneut einen Koran an.
Am 28. Juni 2023, am ersten Tag des islamischen Opferfestes Eid al-Adha, kam es in Stockholm zu einer weiteren Koranverbrennung. Doch dieses Mal war es nicht Paludan, der die heilige Schrift zu verbrennen versuchte: Ein Iraker, der nach Schweden geflüchtet war, wollte mit der Aktion ein Verbot des Korans erreichen.
(jub)
Dies hüben wie drüben...
Ich versteh's nicht.
Man sollte einfach mal aufhören, den extremsten Positionen innerhalb verschiedener Gesellschaften dauernd eine massiv überproportionale Plattform zu bieten.
Gilt durchaus auch für andere Themen.
Und die Reaktionen führen leider höchstens dazu, dass solche Typen dann sagen können, eben genau deshalb solle man keine Muslime ins Land lassen…