Der März 2019 geht in die Schweizer Autogeschichte ein. Zum ersten Mal seit über 100 Jahren ist ein Elektroauto das meistverkaufte Fahrzeug im Land. Der Bann ist gebrochen.
Dass Tesla die Marke ist, die in der Schweiz diesen Rekord knackt, ist indes wenig erstaunlich. Zwar behaupten böse Zungen, die Zahl sei geschönt, weil sie auch jahrealte Bestellungen beinhalte – oder noch etwas hämischer: Der Rekord habe nur wegen vorangehender Lieferprobleme geknackt werden können.
Doch dies ist nur ein letztes Aufheulen einiger Ewiggestriger. Dem elektrischen Antrieb gehört die Zukunft – in welcher Form, wird sich zeigen. Und Tesla wird als DER neuzeitliche Pionier schlechthin dastehen. Weil der amerikanische Autobauer neben vielen Fehlern auch sehr viel richtig gemacht hat:
Der aber wirklich grösste Verdienst von Tesla fehlt in dieser Liste:
Ein paar Beispiele gefällig?
Volvo kündigte 2017 an, ab 2019 keine reinen Verbrenner mehr zu verkaufen. Jeder Volvo soll mindestens ein Hybrid, idealerweise aber vollelektrisch sein. «Damit setzt Volvo eines der wichtigsten Zeichen in der gesamten Autoindustrie», heisst es in der Pressemitteilung.
Bravo Volvo, bravo! Als wärst du selber auf die Idee gekommen.
Der wissenschaftliche Konsens zum menschengemachten Klimawandel existiert nicht erst seit 2017. Wieso kam dieser Schritt nicht früher? Wieso dümpelte ausgerechnet der Erfinder des Dreipunktgurtes – jener Erfindung, welche die meisten Menschenleben rettete – so lange im Sumpf der Mut- und Visionslosen?
Wieso waren es nicht die Schweden Chinesen, die den Markt mit einer reinen Elektro-Strategie aufmischten?
Ich behaupte: Ohne Tesla läge diese Pressemitteilung auch heute noch im Ordner «Zukunftsvisionen» irgendwo auf einem Volvo-Server.
Der neue 100% elektrische Audi e-Tron wird in einem Werk in Brüssel gebaut, das *hüstel* CO2-neutral *hüstel* sein *hüstel* soll. Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage würden Expertisen externer Prüfkräfte bestätigen.
Keine fünf Jahre zuvor mogelte Audis Mutterkonzern bei den Abgaswerten und sorgte damit für tausende von vorzeitigen Todesfällen. Und jetzt will Audi plötzlich von sich aus vom Saulus zum Paulus geworden sein?
Man braucht kein Hellseher zu sein, um das Werk in Brüssel als eine Reaktion auf Teslas Giga-Factory in Nevada zu identifizieren. Vermutlich ist die Audi-Kopie sogar besser als das Tesla-Original. Dennoch bleiben die Amerikaner den Beweis schuldig, dass ihre Gigafactory eines Tages tatsächlich nur von erneuerbaren Energien gespeist wird. Ende 2019 soll es (endlich) soweit sein.
This is utterly false. Fossil fuel merchants of doubt have been pushing that bs for years. Tesla Gigafactory will be 100% renewable powered (by Tesla Solar) by end of next year.
— Elon Musk (@elonmusk) August 25, 2018
Der springende Punkt ist: Wieso klammerte sich Audis Mutterkonzern Volkswagen derart hartnäckig ans alte Gift, statt schon früher durch Innovationsfreude und Mut zu glänzen? Auch die Deutschen benötigten einen kräftigen Tritt in den Hintern. Und er kam von Tesla.
Übrigens: Wie auch Volvo will sich VW endgültig vom Verbrennungsmotor trennen. Ca. 2040 sollen die letzten Verbrenner von VW verkauft werden. Der Konzern will in den nächsten 5 Jahren 30 Milliarden in die Elektromobilität investieren.
Interessant: Analysten gehen davon aus, dass die direkten Kosten des Abgasskandals für Volkswagen über 30 Milliarden Dollar betragen – die Strafe fällt also etwa gleich hoch aus wie die zukünftigen Investitionen.
Der Mut und der Erfolg von Tesla hat auch die fast noch konservativere Motorradbranche aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Auch hier sind es nicht die alteingesessenen Hersteller wie Honda, Yamaha oder Suzuki, die mit aufregenden Elektro-Motorrädern aufwarten. Es sind Quereinsteiger wie Energica aus Italien, Johammer aus Österreich, Brammo, Victory oder Lightning aus den USA. Harley Davidson bringt nach mehreren Jahren Vorlaufzeit endlich die langersehnte LiveWire. Ab April werden Vorbestellungen entgegengenommen.
Die Philosophie dieser Hersteller ist mit der von Tesla zu vergleichen: Nicht mit Verzicht gängeln, sondern mit Euphorie glänzen. Elektromotorräder scheinen aber einen noch schwereren Stand zu haben als ihre vierrädrigen Pendants. Ein Grund dafür dürfte sein, dass das Reichweitenproblem der Batterien sich mit dem beschränkten Platz der Zweiräder potenziert.
Tesla ist bei Weitem nicht perfekt. Das Überleben des Grosskonzerns ist noch immer nicht gesichert, die Herkunft des Kobalts aus den Batterien ist unter Umständen auch bei Tesla problematisch (eine entsprechende Anfrage von CNN konnte Tesla nicht abschliessend entschärfen), die Unberechenbarkeit von CEO Musk ist für den Konzern zum Risikofaktor geworden und ja, die Türgriffe fühlen sich vielleicht nicht ganz so wertig an wie bei einem Hersteller, der schon seit mehreren Jahrzehnten immer dieselben Fahrzeuge baut.
Trotzdem kann man die Leistung von Tesla nicht genug würdigen. Mit ausgestreckten Mittelfingern stellt sich der amerikanische Autobauer nicht nur gegen die milliardenschwere Autoindustrie, sondern auch gegen die Ölindustrie. Diese wiederum gibt hunderte von Millionen für Falschmeldungen und klimaskeptische Propaganda aus.
Tesla hat dabei wie einst Winkelried eine Bresche geschlagen, die sich nicht mehr schliessen lässt. Und das ist die grösste Leistung des Konzerns. Der Elektroantrieb wird den Verbrenner verdrängen. Und nur schon weil so viel Chuzpe belohnt werden sollte, hat es Tesla verdient, den Fight zu überleben und noch ein paar weitere Monate von der Spitze nicht nur der Schweizer Verkaufscharts zu grüssen. Auf dass die Produktion nicht mehr ins Stocken gerät.
Mahatma Gandhi
=> Diese Anekdote fällt mir dazu ein. Jahrelang hiess es von den etablierten Autobauern, ein E-Auto mit guter Reichweite sei technisch nicht möglich. Dann hat Tesla einfach mal eines gebaut. Tesla ist nicht perfekt und ich besitze kein Auto von ihnen, aber ich bin froh, dass es sie gibt.