14.09.2015, 09:3114.09.2015, 22:39
Grenzübergang bei Nickelsdorf: Flüchtlinge werden von der österreichischen Polizei in Empfang genommen.
Bild: EPA/MTI
Entgegen ersten Informationen hat es aus Schweizer Sicht keine politische Grundsatzeinigung über die Verteilung von zusätzlich 120'000 Flüchtlinge aus Italien, Griechenland und Ungarn gegeben. Dies sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Montagabend nach der Sitzung in Brüssel. (sda)
Die europäischen Innenminister haben sich an ihrem Krisentreffen nur grundsätzlich auf die Verteilung von 160'000 Flüchtlingen verständigt. Eine endgültige Entscheidung sei für den 8. Oktober geplant. Das sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière am Montag in Brüssel. (sda)
Nachdem erneut Hunderte Flüchtlinge die ungarisch-serbische Grenze überquerten, hat die ungarische Armee am späten Nachmittag das letzte Loch im Zaun geschlossen. Offenbar erwartet die Regierung in Budapest weiterhin einen Ansturm von Flüchtlingen an der Grenze, weshalb sie hunderte Polizisten zur Kontrolle in das Gebiet entsandte. Wie
Spiegel online berichtet, patroullieren Pferdestaffeln am Zaun und Hubschrauber überfliegen das Gebiet.
Flüchtlinge, die zu spät ankamen, brachen in Tränen aus, wie die Nachrichtenagentur AFP meldet. Offenbar habe die Polizei aber weiterhin kleine Gruppen über die Grenze nach Ungarn gelassen.
Wie diverse Medien berichten, schliesst Ungarn den grössten Grenzübergang zum Nachbarland Serbien.
Ungarn hat nach Angaben des UNHCR ganz offensichtlich damit begonnen, die von Serbien kommenden Flüchtlinge nicht mehr zu registrieren, sondern direkt in Zügen zur österreichischen Grenze zu bringen.
«Nach unseren Informationen bringen Spezialzüge die Flüchtlinge vom Grenzort Röszke direkt und ohne Halt zur österreichischen Grenze», sagte Erno Simon, der Repräsentant des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) für Zentraleuropa, am Montag der Nachrichtenagentur AFP.
Am Sonntag hätten UNHCR-Mitarbeiter drei dieser Züge mit mindestens 2000 Passagieren beobachtet, sagte Simon. Ungarische Polizisten hätten Flüchtlinge nachts aufgeweckt, um sie auf die Reise Richtung Österreich zu schicken.
Von Seiten der ungarischen Regierung gab es dazu zunächst keinen Kommentar. Reporter von AFP und der Agentur Reuters beobachteten, dass im Erstaufnahmelager Röszke, in dem sich in den vergangenen Tagen und Wochen tausende Flüchtlinge versammelt hatten, am späten Vormittag kaum noch Menschen zu sehen waren.
Ungeachtet der Grenzkontrollen hält der Flüchtlingsstrom Richtung Deutschland an. Die Behörden in Österreich zählten bereits am Montagvormittag 7000 Menschen, die seit Mitternacht von Ungarn die Grenze bei Nickelsdorf passiert haben. Der Grenzübergang auf der Autobahn A4 wurde in beide Richtungen zeitweise von der Polizei gesperrt.
Nach der Einführung von Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze mussten vor allem die Autofahrer viel Geduld aufbringen. Auf der A3 staute sich der Verkehr am Mittag bis Pocking bei Passau auf 14 Kilometern.
Auch die Slowakei nahm Kontrollen an den Grenzen zu Ungarn und Österreich wieder auf. Wie das Innenministerium mitteilte, habe man sich mit der Polizei in Österreich, Ungarn und Tschechien koordiniert.
Nach Deutschland hat auch Österreich angekündigt, die Grenze zu Ungarn vorübergehend zu kontrollieren. Der Einsatz werde bald beginnen, wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner laut mehreren Medienberichten in Brüssel verlauten liess. Die Kontrollen werden mit Hilfe der Armee durchgeführt werden.
Bild: HEINZ-PETER BADER/REUTERS
Für 15 Uhr ist eine Tagung der EU-Innenminister anberaumt: Im Zentrum der Konferenz steht die Flüchtlingskrise. Ob es bei dem Treffen allerdings zu verbindlichen Beschlüssen kommt, ist unklar. Derzeit sehe es nicht danach aus, schreibt Spiegel Online unter Berufung auf einen ungenannten EU-Diplomat.
Nachdem die deutsche Regierung die Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich wieder eingeführt hat, steht die gleiche Massnahme auch an der tschechischen Grenze zur Debatte. Wie der sächsische Innenminister gegenüber Medien sagte, können neu Kontrollen wieder durchgeführt werden. Die Massnahme ist eine Reaktion auf die erwarteten Verschiebung der Flüchtlingsrouten nach Norden. Bisher gebe es nach Angaben des Innenministeriums aber keine Anhaltspunkte, dass die Flüchtlinge an die tschechisch-deutsche Grenze ausweichen würden.
In einem Brief an Parteimitglieder soll Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) die Flüchtlingszahlen für Deutschland auf 1 Million prognostiziert haben, das berichtet die deutsche Nachrichtenagentur dpa. «Vieles deutet daraufhin, dass wir in diesem Jahr nicht 800'000 Flüchtende aufnehmen, wie es das Bundesinnenministerium prognostiziert hat, sondern eine Million.»
Die EU-Mitgliedstaaten haben die Ausweitung des Militäreinsatzes gegen Schlepper im Mittelmeer beschlossen. Die Europaminister billigten Diplomaten zufolge am Montag in Brüssel den Übergang in die zweite Phase der Mission.
Im Rahmen der zweiten Phase sollen Schiffe von Menschenhändlern auf hoher See aufgebracht, gegebenenfalls zerstört und Schlepper festgenommen werden. Dies gilt jedoch nur für Schiffe ohne Hoheitszeichen. Für das Vorgehen gegen Schiffe mit Hoheitszeichen bräuchte es ein UNO-Mandat, auf das die Europäer seit Monaten vergeblich hoffen.
Der Tenor in der österreichischen Regierung ist klar: «Wir wollen Dublin ausser Kraft setzen». Die EU-Regelung, wonach Asylsuchende innerhalb der EU ihr Aufnahmegesuch im Erstland stellen müssen, sei nicht angesichts des Flüchtlingsstroms nicht mehr praktikabel, so der österreichische Vizekanzler. Und: «Wir lassen Ungarn nicht aus der Verantwortung.» Die Kontrollen an den Grenzen sollen verstärkt werden, aber: «Keine Wasserwerfer und Stacheldraht.»
Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner betonen an der Medienkonferenz, dass Österreich die Flüchtlingskrise nicht alleine bewältigen könne. Europa müsse jetzt vor allem auch in Griechenland aktiv werden, um effektive Kontrollen einzubauen. Ein ungeordneter Übergang über die Grenzen könne nicht mehr stattfinden, so Mitterlehner. Man habe auch Verständnis für die deutsche Entscheidung, Grenzkontrollen wieder einzuführen. «Auch wir brauchen Grenzkontrollen», sagt der Vizekanzler. Das Dublin-System der EU, so Mitterlehner, sei Makulatur. 2200 Bundesheer-Mitarbeiter sollen zur Grenzkontrolle und für humanitäre Hilfe im Innern eingesetzt werden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann rechnet damit, dass die Grenzkontrollen mindestens einige Wochen dauern. Es müsse stärker kontrolliert werden, weil viele unterwegs seien, die «keine echten Flüchtlinge seien», sagt der CSU-Politiker dem Bayerischen Rundfunk.
Derweil wurde der Zugverkehr zwischen Deutschland und Österreich am Montag Morgen wieder aufgenommen. Am Sonntag Abend hatte die deutsche Regierung angesichts der anhaltenden Flüchtlingsströme beschlossen, den Schienenverkehr mit Österreich temporär auszusetzen. Mehr Informationen findest du
hier.
Die zwischenzeitliche Sperre der Autobahn A4 wurde offenbar wieder aufgehoben. Zuvor hatte die Polizei den Grenzübergang bei Nickelsdorf im Südburgenland dicht gemacht.
Der österreichische Bundeskanzler Faymann wird um 10.30 Uhr eine Pressekonferenz zur Flüchtlingskrise abhalten. Das melden österreichische Medien.
Wie das österrichische Newportal ö24 berichtet, sollen heute bis zu 80'000 Flüchtlinge nach Österreich kommen. Die österreichische Polizei hatte zuvor laut der Nachrichtenagentur APA mit bis zu 10'000 Flüchtlingen gerechnet, die heute die Grenze zwischen Ungarn und Österreich überqueren. Insbesondere in Heiligenkreuz im Südburgenland sehe sich mit einer erheblichen Zunahme von Schutzsuchenden konfrontiert. Wie verschiedene Quellen berichten, soll Ungarn heute Flüchtlingscamps schliessen und die Flüchtlinge so zur Weiterreise nach Österreich bewegen.
Am Montag werden in Österreich wieder mehrere Tausend Flüchtlinge erwartet. Wie ein Polizeisprecher gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte, rechne man mit bis zu 10'000 Flüchtlingen, die heute die Grenze von Ungarn nach Österreich überqueren. Stündlich erreichten 500 Personen österreichischen Boden. Man habe die Kapazitätsgrenzen erreicht, so der Sprecher weiter.
bild: spiegel online
Derweil gehen Gerüchte um, dass Ungarn mehrere Lager an der Grenze schliesse, um die Flüchtlinge ungehindert Richtung Westen ziehen zu lassen. Der N24-Reporter Steffen Schwarzkopf berichtet auf Twitter, dass «sämtliche Flüchtlingslager» geräumt werden. Auf Nachfrage eines Twitter-Users konkretisierte Schwarzkopf: Betroffen seien zwei Lager im ungarischen Röszke, sowie nicht-offizielle Flüchtlingscamps. Die Schliessung der Lager dürfte die Situation an den Grenzübergängen zusätzlich verschärfen. Insbesondere der Grenzort Nickelsdorf im südlichen Burgenland sei betroffen.
Provisorische Flüchtlingsunterkünfte in Nickelsdorf an der österreichischen Südgrenze.
Bild: EPA/APA
Angebliche Bilder des Flüchtlingscamps in Röszke, an der ungarischen Südgrenze, sollen ein leeres Gelände und verlassene Zelte zeigen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt in einer Erklärung vor einem humanitären Notstand in Ungarn. Den Flüchtlingen in Ungarn drohe ein «lebensgefährliches Chaos». Es sei dringend nötig, Ungarn bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die die deutsche Regierung am Wochenende beschlossen hatte, sei nicht die richtige Massnahme, um der Krise Herr zu werden. (wst)
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