International
Naher Osten

Mindestens 78 Tote nach Massenpanik im Jemen

This image released by ANSAR ALLAH HOUTHI MEDIA OFFICE, shows the aftermath of a deadly stampede in Sanna, Yemen Wednesday, April 19, 2023. A crowd apparently spooked by gunfire and an electrical expl ...
Bild: keystone

Mindestens 78 Tote nach Massenpanik im Jemen

20.04.2023, 05:1420.04.2023, 14:41
Mehr «International»

Leblos liegen die Körper im Video aufgereiht, Rufe gehen wild durcheinander: Bei einer Massenpanik im Jemen sind nach Angaben der Huthi-Rebellen mindestens 78 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte das Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Sanaa am Donnerstag mit. 77 weitere seien verletzt worden, davon schwebten 13 in Lebensgefahr. Den Huthis zufolge war es bei der Verteilung von Spenden am späten Mittwochabend zu einem tödlichen Gedränge gekommen.

Ein Sprecher des dortigen Innenministeriums erklärte der von den Huthis betriebenen Nachrichtenagentur Saba zufolge, einige Händler hätten ohne vorherige Koordinierung «willkürlich» Geldspenden verteilt. Daraufhin sei Panik ausgebrochen.

Augenzeugen beschrieben der Nachrichtenseite «Al-Masdar», wie zeitweise Schüsse zu hören waren. Diese sowie eine Explosion nach einem Kurzschluss sollen die Panik gesteigert und schliesslich zum Gedränge geführt haben. An einer Schule hätten sich vorher Hunderte versammelt, um Geldspenden eines bekannten Händlers zu erhalten. Einige örtliche Medien berichteten, die Huthis hätten die Schüsse abgegeben.

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel und grenzt an Saudi-Arabien. Die Huthis sind eine Gruppe schiitischer Rebellen, die in ihrem seit 2014 laufenden Aufstand weite Teile des Nordens eingenommen haben und auch die Hauptstadt Sanaa kontrollieren. Seit 2015 kämpft Saudi-Arabien im Land mit Verbündeten gegen die Huthis. Die UN sehen wegen laufender Verhandlungen derzeit aber auch Chancen auf eine mögliche Entspannung.

Vor allem bedingt durch die Kriegsfolgen spielt sich in dem ohnehin stark verarmten Land eine der schwersten humanitären Katastrophen weltweit ab. Etwa 21 Millionen Menschen sind auf irgendeine Form von humanitärer Hilfe und Schutz angewiesen. Das Welternährungsprogramm (WFP) versucht, 13 Millionen Menschen im Land zu erreichen. Es ist der grösste Nothilfeeinsatz des WFP weltweit.

In Videos, die die Szenen nach dem Vorfall zeigen sollen, lagen zahlreiche Leichen aufgereiht am Boden. In einem Video war zu sehen, wie Dutzende Menschen sich unter lauten Schreien auf engstem Raum drängen, einige scheinen in der Masse dabei buchstäblich unterzugehen. Die Tragödie trug sich in den letzten Tagen des muslimischen Fastenmonats Ramadan zu.

Der Vorsitzende des Hohen Politischen Rats, Mahdi al-Maschat, sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und forderte eine Aufklärung des Vorfalls. Ein dafür bestimmter Ausschuss besuchte die Schule laut einem Saba-Bericht noch am Abend. Zwei mutmasslich verantwortliche Händler wurden festgenommen. Das Huthi-Innenministerium beschuldigte sie, das Geld ohne vorherige Koordinierung mit dem Ministerium verteilt zu haben.

Die Huthis – offiziell bekannt als Ansar Allah, die «Unterstützer Gottes» – gehören der Glaubensgemeinschaft der Zaiditen an, einem Zweig des schiitischen Islams. Im Nordjemen herrschen sie in einer Art Zwergstaat, wo sie ihre religiöse Ideologie auf totalitäre Weise durchsetzen. Sie kontrollieren alle Bereiche des öffentlichen Lebens und erheben unter anderem Zölle und Steuern.

Der UN-Sonderbeauftragte für den Jemen, Hans Grundberg, sprach «allen trauernden Jemeniten» sein Beileid aus. «Ich und alle in meinem Büro sind schmerzerfüllt und zutiefst betrübt.»

(yam/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Überschwemmungen in Brasilien: Opferzahl auf mindestens 29 gestiegen

Bei Überschwemmungen nach tagelangem Regen im Süden Brasiliens sind inzwischen mindestens 29 Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben des Zivilschutzes vom Donnerstagabend (Ortszeit) galten zudem 60 Menschen als vermisst, mehr als 4600 verloren ihr Zuhause. «Leider sind wir Zeugen einer historischen Katastrophe», sagte der Gouverneur des betroffenen Bundesstaates Rio Grande do Sul, Eduardo Leite, bei einem Treffen mit Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva auf einem Luftwaffenstützpunkt. «Der materielle Schaden ist enorm, aber unser Hauptaugenmerk liegt im Moment auf der Rettung.»

Zur Story