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Die Zeichen stehen auf El Niño – es drohen neue globale Hitzerekorde

Die Zeichen stehen auf El Niño – es drohen neue globale Hitzerekorde

06.01.2023, 08:4206.01.2023, 08:47
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2016 war das wärmste bislang gemessene Jahr. Und 2022 liegt nicht weit dahinter. Nun mehren sich die Anzeichen für ein Wetterphänomen, das mit Blick auf die Durchschnittstemperaturen nichts Gutes verheisst: El Niño scheint im Anmarsch.

2022 war eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen 1850 – obwohl es in eine Phase des Wetterphänomens La Niña fiel, das eher kühlend wirkt. Nun mehren sich die Anzeichen, dass die mit drei Jahren ungewöhnlich lange La-Niña-Phase zu Ende geht. Folgen könnte schon bald der hitzige Bruder El Niño, der die Temperaturen in die Höhe treiben kann.

Die US-Klimaforschungsbehörde NOAA rechnete Anfang Januar mit dem Übergang von La Niña in eine neutrale Phase zwischen Januar und März. «Aussergewöhnlich warme Tiefengewässer im tropischen Westpazifik deuten das nächste El-Niño-Ereignis 2023 an», schrieb Klimaexperte Kevin Trenberth von der Universität Auckland schon im September. Dies könne zu globalen Temperaturrekorden 2024 führen – weil ein Teil der Meereswärme in die Atmosphäre abgegeben wird.

Im November schätzte die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf die Wahrscheinlichkeit auf 25 Prozent, dass im Sommer eine El-Niño-Phase beginnt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der bisherige Rekord des heissesten Jahres bis 2026 übertroffen wird, liege bei 93 Prozent. Das Rekordjahr war 2016 mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 1.3 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900.

epa05873314 A photograph made available on 27 March 2017 shows a herd of camels passing by an Internally Displaced Person (IDP) camp in the outskirts of Qardho in Somalia's semi-autonomous region ...
Regenperioden in Ostafrika fallen seit Jahren komplett aus, teilweise wohl als Folgen von El-Niño-Jahren.Bild: EPA/EPA

Die Wetterphänomene erklärt

Was ist El Niño? Das Phänomen heisst korrekt «El Niño Southern Oscillation» oder abgekürzt «Enso». Es bezeichnet ein gekoppeltes Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im tropischen Pazifik.

Weil Fischer in Peru die Auswirkungen des Phänomens jeweils zum Jahresende merkten, nannten sie das Phänomen El Niño (das Christkind).

Bei der Warmphase El Niño bringt die Strömung Meereswärme in höhere Breiten, die teils über Verdunstung in die Atmosphäre abgegeben wird. La Niña gilt als Kaltphase, in der die Strömung die Erwärmung über die Sonneneinstrahlung in tiefe Gewässer des Westpazifiks führt, wo sie gespeichert wird. Zwischen den beiden Extremen spricht man von einer neutralen Phase.

Starke und mässige El-Niño-Ereignisse tragen nach Angaben der WMO zur Erwärmung bei und erhöhen die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur. «Obwohl die stärksten Auswirkungen von El Niño im äquatorialen Pazifik zu spüren sind, können sie Folgen für das Wetter auf der ganzen Welt haben, weil sie Hoch- und Tiefdrucksysteme, Winde und Niederschläge beeinflussen», erklären Klimaforscher der Columbia-Universität.

«Da das wärmere Ozeanwasser überschüssige Energie als Wärme an die Atmosphäre abgibt, steigen die globalen Temperaturen.»

Mehr als ein Grad über dem Durchschnitt

2022 war nach einer vorläufigen Prognose trotz La Niña eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Industrialisierung.

WMO-Chef Petteri Taalas warnte im August 2022: «Es ist sehr aussergewöhnlich, in drei aufeinanderfolgenden Jahren La-Niña-Ereignisse zu haben. Der kühlende Effekt hat den Anstieg der globalen Temperaturen vorübergehend gebremst, aber das wird den langfristigen Erwärmungstrend nicht stoppen oder umkehren.»

Die WMO schätzte die globale Durchschnittstemperatur im November auf etwa 1.15 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. Zudem waren die Jahre 2015 bis 2022 die acht wärmsten Jahre.

(yam/sda/dpa)

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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UnpopularOpinion
06.01.2023 09:39registriert Oktober 2022
20 Jahre ist es schon her, seit ich in der 5. Primar meinen Vortrag über das Korallensterben aufgrund des El Niño hatte.

20 Jahre und nichts hat sich geändert. Das macht mich echt traurig.

Und dann fragt man sich, warum die Generationen Millennial und jünger so anfällig sind für allgemeine Unzufriedenheit und Depressionen. Wir müssen zusehen und haben das Gefühl wir müssen die ganze Verantwortung für ein Umdenken selber tragen und wir müssen die Generationen sein, die die Änderungen endlich antreiben.
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azoui
06.01.2023 09:42registriert Oktober 2015
Das wird erst ab 2024 bis 2026 dramatisch, bis dahin habe ich noch genügend Zeit, zuhause eine Klimaanlage installieren zu lassen.

Ja - dieser Kommentar ist sarkastisch und zynisch!!!
dont look up
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weissauchnicht
06.01.2023 09:49registriert März 2019
Es ist eben schon längst nicht mehr einfach „das Wetter“ wenn es neue Hitzerekorde purzelt. Es ist die Klimaveränderung, bzw. die veränderte Atmosphärenphysik durch einen global um 50% erhöhten CO2-Gehalt der Atmosphäre gegenüber dem 19. Jahrhundert und vorher. Kapiert das doch endlich und hört auf, fossilen Dreck aus dem Boden zu grübeln und zu verbrennen, wofür auch immer.
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