In dem grossen Konzertsaal der Crocus City Hall mit Tausenden Plätzen hatten mehrere Täter am Freitagabend offenbar wahllos auf Besucher geschossen. Menschen, die um ihr Leben rannten, und Verletzte berichteten in sozialen Netzwerken von vielen Opfern. Zu sehen waren auch einzelne auf dem Boden liegende Tote oder Verletzte.
Nach Augenzeugenberichten in sozialen Medien brauchten viele Besucher lange, um aus dem Gebäude herauszukommen. Die Ermittler fanden später Waffen und viel Munition. Tütenweise sammelten die Behördenmitarbeiter leere Patronenhülsen ein. Zudem gab es Explosionen in dem Gebäude und einen Grossbrand.
Am Tag nach dem Terroranschlag nahe Moskau mit vielen Toten sind mehrere Überlebende zum Ort des Verbrechens zurückgekehrt, um zu trauern und Blumen abzulegen.
Als die bewaffneten Angreifer am Freitagabend den Konzertsaal der Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk stürmten, habe sie gerade mit ihrem Mann auf einer der oberen Besuchertribünen gestanden, erzählt die 30-jährige Margarita am Samstag. «Wir wollten ein Erinnerungsfoto machen.» Im ersten Moment habe sie die Explosionsgeräusche für lauten Begrüssungsapplaus für die Künstler gehalten, erinnert sie sich. «Aber es knallte weiter. Da habe ich sofort verstanden, dass etwas nicht stimmt.»
Ihr Mann sei aufgesprungen und habe gerufen: «Renn weg!» In den Fluren habe Panik und Unübersichtlichkeit geherrscht, erzählt Margarita weiter. «Es hat sich angefühlt, als seien die Schüsse direkt neben uns. Wir hatten Angst, dass wir jetzt runtergehen und sie dann kommen.»
Dann aber seien sie in einem unteren Geschoss in einem dunklen Raum angekommen, möglicherweise ein Lager. Dort hätten sie ein Schild mit der Aufschrift «Ausgang» entdeckt und sich ins Freie retten können.
Auch das lettische News-Portal Meduza konnte mit einigen Augenzeugen sprechen.
Ungefähr fünf Minuten vor Beginn des Konzerts sei ein seltsames Geräusch zu hören gewesen, erzählt zum Beispiel Olga, die zu diesem Zeitpunkt bereits an ihrem Platz sass.
«Dann gab es Geräusche wie Feuerwerkskörper – ich wusste nicht sofort, dass es Schüsse waren. Dem Klang der Schüsse nach zu urteilen waren sie ziemlich weit von mir entfernt – offenbar im Flur.» Crocus-Mitarbeiter seien durch die Halle gerannt und hätten alle zur Bühne geführt – durch diese gelang es ihnen, zum Ausgang zu gelangen. «Während ich rannte, hörte ich andere Leute schreien, weil sie jemanden in der Menge verloren hatten. Ich habe keine Verwundeten gesehen.»
Olga habe grosses Glück gehabt, ein Ticket für die sechste Reihe am Rand zu bekommen: «Niemand blockierte den Ausgang, ich schaffte es, schnell durch die Bühne zu gelangen, zur Strasse zu rennen und mit dem Taxi vor dem Feuer loszufahren.» Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Polizei bereits dem Gebäude genähert.
Iwan war in der VIP-Loge, als er Sturmgewehrfeuer aus der Halle und Schreie hörte, erzählt er Meduza. «In der VIP-Loge befindet sich eine Kamera, die die Bühne zeigt – es war klar, dass die Leute vom Saal zur Bühne stürmten, offenbar um auf beiden Seiten davon auszusteigen.» Es habe ein Gedränge begonnen, das keine der Sicherheitskräfte unter Kontrolle hatte.
«Wir begannen uns in unserer Loge zu verbarrikadieren», so Iwan. Sehr schnell, buchstäblich innerhalb von zehn Minuten, begann Rauch aufzusteigen. Iwan glaubt, etwas wurde in die Halle geworfen, «woraufhin alles in Flammen» aufging. «Wir konnten die Loge nicht durch den VIP-Ausgang verlassen, weil wir dort Schüsse hören konnten.» Alle seien wahllos durcheinander gerannt und niemand habe gewusst, wohin. «Im Foyer stand bereits alles in Rauch. Alles ging sehr schnell.»
Irgendwann habe er den Ausgang mithilfe einer Mitarbeiterin («die Einzige, die uns geholfen hat») gefunden. «Kurz nachdem wir nach draussen gegangen waren, erschienen zwei Feuerwehrfahrzeuge und der erste Krankenwagen und brachten eine Verwundete weg.» Ob sie durch Schüsse oder die Massenpanik verletzt wurde, sei ihm unklar gewesen, so Iwan.
Sophia ging mit einer Freundin und ihrer Mutter zu einem Konzert. Sie erzählt: «Menschen in kugelsicheren Westen schossen aus nächster Nähe, egal auf wen. Sie schossen auf ältere Menschen und auf die Menschenmenge, die sich in der Nähe der Ausgänge versammelt hatte. Wir legten uns auf den Boden, ich legte mich auf die Mutter meiner Freundin, als sie in Panik geriet und benommen dastand.»
Kurz darauf seien sie aufgestanden, mit verschränkten Händen hinter dem Kopf. «Der einzige Ausgang, den wir erreichen konnten, war der Hauptausgang. Da war ein Gedränge. Wir begannen uns zu drängen, als ich plötzlich von hinten Schüsse hörte und die Leute anfingen, stärker zu drängen. Es war gruselig», berichtet Sophia.
Doch sie habe es heraus geschafft. Auf dem Weg nach draussen habe sie Leichen gesehen. «Durch einen Adrenalinschub wollte ich zurück in das Gebäude rennen, weil ich Menschen sah, die nicht wussten, wohin sie rennen sollten, die Verwundeten, die sich in der Ecke drängten. Ich sah, wie sich Leute mit Sturmgewehren näherten und aus nächster Nähe in diese Ecke schossen.»
(lak, mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA)
Zum Schluss sind immer die anderen Schuld. Nichts Neues also vom KREML😢