International
Russland

Trumps Friedensplan: Plötzlich steht ein schlimmer Verdacht im Raum

FILE - President Donald Trump, left, and Russian President Vladimir Putin shake hands at the beginning of a meeting at the Presidential Palace in Helsinki, Finland, July 16, 2018. (AP Photo/Pablo Mart ...
Intrigieren sie gemeinsam gegen die Ukraine und Europa? Donald Trump und Wladimir Putin.Bild: keystone

Trumps Friedensplan: Plötzlich steht ein schlimmer Verdacht im Raum

Die Ukraine gerät an der Front ins Hintertreffen. Binnen Tagen verliert sie strategisch wichtige Gebiete. Einem Experten kommt der Zeitpunkt der Entwicklung verdächtig vor.
17.03.2025, 06:1417.03.2025, 08:24
Lea Brüggemann / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Sein im Wahlkampf erklärtes Ziel, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden nach seinem Amtsantritt zu beenden, hat Donald Trump erwiesenermassen nicht erreicht. Die Ankündigung ist inzwischen fast zwei Monate überfällig. Nun aber soll alles schnell gehen. Noch in der kommenden Woche wolle der US-Präsident mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin telefonieren, sagte Trumps Unterhändler Steve Witkoff am Sonntag. Dabei sollen die letzten Details einer Waffenruhe festgezurrt werden.

Bislang liess sich der Kreml auffallend viel Zeit. Eine Antwort Moskaus auf die unter der Woche in Saudi-Arabien stattgefundenen Gespräche zwischen der Ukraine und den USA über eine solche Waffenruhe steht immer noch aus. Das Einzige, das Putin bislang auf den Verhandlungstisch gelegt hat, sind Maximalforderungen. Nun kam erneut eine solche: «Wir werden verlangen, dass eiserne Sicherheitsgarantien Teil des Abkommens werden», sagte der stellvertretende russische Aussenminister Alexander Gruschko der Zeitung «Iswestija» am Sonntag. Was für Kiew erst einmal gut klang, erweist sich auf den zweiten Blick als äusserst zweifelhaftes Angebot: «Ein Teil dieser Garantien sollte der neutrale Status der Ukraine sein und die Weigerung der Nato-Länder, sie in die Allianz aufzunehmen», so Gruschko weiter.

Welche Sicherheitsgarantien das aber sein sollen, die Moskau vorschweben, bleibt offen. Beobachter fürchten, dass es eher wachsweiche, statt «eisenharte» sein könnten.

FILE - In this image from video released by the Russian Defense Ministry on Oct. 17, 2024, a Russian soldier fires a gun toward a Ukrainian position in the Russian-Ukrainian border area in ??the Kursk ...
Ein russischer Soldat feuert bei Kursk auf ukrainische Stellungen.Bild: keystone

Europäische Friedenstruppen hatte Putin schon zuvor kategorisch ausgeschlossen. Und von einem Amerika unter Donald Trump erwarten Sicherheitsexperten kaum, dass er sich in einen heissen Konflikt mit Russland hineinziehen lässt, sollte das Regime die Waffenruhe brechen. Wie so oft könnte es sich also um einen taktischen Kniff des Kreml handeln, um sich eine möglichst gute Ausgangsposition zu verschaffen und den Feldzug gegen die Ukraine zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise doch noch auszuweiten.

Just in dieser für Kiew prekären diplomatischen Lage kam am Wochenende noch die Nachricht, dass die Kreml-Truppen in der russischen Region Kursk auf dem Vormarsch sind. Inzwischen haben sie Sudscha, den Logistikstützpunkt der ukrainischen Armee, eingenommen. Präsident Wolodymyr Selenskyjs Strategie, die Region möglichst lange zu halten, um sie als Verhandlungsmasse in Friedensgesprächen einzusetzen, ist nicht aufgegangen. Für Russland ist das hingegen ein kaum zu unterschätzender Erfolg.

Innerhalb weniger Tage geriet Kiew ins Hintertreffen

Es verwundert manche Experten, dass die Ukraine weite Teile des Gebiets nun innerhalb weniger Tage aufgeben muss. Das Land hatte Kursk mehr als sechs Monate halten können, gegen erbitterten Widerstand der russischen Armee, die bei ihren Versuchen der Rückeroberung sogar bis zu 12'000 nordkoreanische Soldaten eingesetzt haben soll. Beim überhasteten Rückzug der eigenen Truppen musste die Ukraine unter anderem sogar wertvolles westliches Kriegsgerät zurücklassen.

Zeitlich fällt die plötzliche Schwächung der ukrainischen Armee an der Front in jene turbulenten Tage, als die Trump-Regierung nach der öffentlichen Demütigung von Selenskyj im Weissen Haus ihre Waffenhilfe für das attackierte Land vorübergehend einstellte. Inklusive der dringend notwendigen Geheimdienstinformationen, ohne die die ukrainischen Truppen auf Dauer keine Chance gegen die personell und materiell überlegenen Russen haben.

Laut des «Time Magazine» kam die Einstellung der US-Waffenhilfe zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt für Kiew. Die Folge waren nicht nur grosse Gebietsverluste, sondern auch «Hunderte tote ukrainische Soldaten», dazu viele, die in russische Gefangenschaft gerieten.

U.S. Secretary of State Marco Rubio, left, and U.S. National Security Advisor Mike Waltz speak with the media following meetings with a Ukrainian delegation in Jeddah, Saudi Arabia, March 11, 2025. (S ...
Die Trump-Unterhändler Marco Rubio und Mike Waltz in Saudi-Arabien.Bild: keystone

Trump: «75 Prozent» des Deals schon unter Dach und Fach

In der «Kyiv Post» wirft der ukrainische Wirtschaftsprofessor Roman Scheremeta nun eine brisante Frage auf: «Haben die USA mit Russland bei der Rückeroberung der Region Kursk zusammengearbeitet?». Scheremeta war Direktor der Amerikanischen Universität in Kiew und lehrt in den USA. Das Fazit des Ukraineexperten lautet: «Trump schwächt die Ukraine absichtlich, damit Russland Kursk zurückerobern kann. Sobald das geschehen ist, wird er die Bühne für die Kapitulation der Ukraine unter seinem sogenannten 'Friedensabkommen' bereitet haben.»

Mit anderen Worten: Trump und seine Administration erfüllen Scheremeta zufolge entscheidende Bedingungen des Kreml-Diktators, damit dieser einem Deal des US-Präsidenten zustimmen kann. Einem Deal, der allein Putin in die Hände spielen könnte.

Selbst in der Regel gut informierte russische Militär-Blogger vermuten, dass es einen solchen geheimen Deal zwischen Washington und Moskau geben könnte. Als Indiz sehen sie die Behauptung Russlands vom Wochenende, dass Putins Truppen Hunderte ukrainische Soldaten im Kursker Gebiet eingekesselt hätten.

Von ukrainischer Seite gab es dafür bislang keine Bestätigung. Dennoch bat Trump in einer offiziellen Mitteilung sogleich darum, die Ukrainer zu verschonen – woraufhin die Kreml-Propaganda auf allen Kanälen verlauten liess, man wolle das Leben der Soldaten verschonen, wenn sie kapitulierten. Ein öffentlicher Akt der Demütigung im Gewand der Gnade?

President Donald Trump waves from the stairs of Air Force One upon his arrival at Joint Base Andrews, Md., Monday, March 17, 2025 (AP Photo/Luis M. Alvarez)
Trump
US-Präsident Donald Trump will einen Frieden, und das möglichst schnell und egal mit welchen Mitteln.Bild: keystone

Bereits in der vergangenen Woche hatte Trump im Brustton der Überzeugung davon gesprochen, die Waffenruhe sei zu «75 Prozent» unter Dach und Fach, es gehe jetzt nur noch darum, alles auf Papier zu bringen und die «Landfrage» zu klären.

Ebendiese Frage ist die heikelste von allen – und für den Kreml die mit Abstand wichtigste im Konflikt. Russland beansprucht weite Gebiete im Süden und Osten der Ukraine, nicht nur solche, die bereits von Moskaus Truppen besetzt sind, sondern auch Städte wie Saporischschja oder Cherson, die momentan noch von der Ukraine gehalten werden. Putin will die Regionen, die er als «Noworossija» bezeichnet, um jeden Preis zum Bestandteil eines Vertrags machen. In diesem Punkt scheint es grosse Bereitschaft Washingtons zu geben, Putins Bedingungen entgegenzukommen. Man müsse die «Realitäten an der Front berücksichtigen», sagte Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz am Sonntag. Eine Formulierung, die exakt so zuvor auch von russischen Unterhändlern verwendet worden war.

Moskau hätte leichtes Spiel bei weiteren Offensiven

Diese «Realitäten» sind für die Ukraine derzeit denkbar schlecht. Für das Land wäre es nahezu aussichtslos, das eigene Territorium zurückzubekommen, würde der jetzige Frontverlauf festgeschrieben. Aber noch mehr: Wie die US-Denkfabrik ISW in ihrer aktuellen Analyse mitteilt, geben die Maximalforderungen des Kreml in einem weiteren Punkt Anlass zur Sorge. Denn zum einen wäre die derzeit mehr als 2'100 Kilometer lange Front mit den vorhandenen ukrainischen Truppen nicht abzusichern. Dazu bräuchte es ausländische Friedenstruppen, diese lehnt Putin jedoch bisher ab.

Zum anderen würde das Einfrieren des Konflikts beim derzeitigen Frontverlauf auch bedeuten, dass die Russen strategisch im Vorteil wären. Die ukrainische Armee verfügt momentan nicht über die strategische Tiefe, russische Versuche der Landnahme an besonders vulnerablen Abschnitten der Front zurückzuschlagen. So könnte Moskau bei einer Waffenruhe weiter vorrücken und etwa strategisch wichtige Brückenköpfe am Fluss Dnipro aufbauen. Von dort wäre es für die Russen einfacher, etwa die Millionenmetropole Charkiw anzugreifen. Schon jetzt registrieren Beobachter den Ausbau einer Fernstrasse in der Region auf russisch besetztem Territorium, über diese könnten grosse Truppenkontingente nachgeführt werden.

«Putin hat sich sehr vielversprechend positioniert, obgleich seine Ankündigungen noch unvollständig sind», sagte Trump vor wenigen Tagen im Weissen Haus. Wie er sich die weitere Ausgestaltung von Verhandlungen über den Status quo der Ukraine vorstellt, liess er auch schon durchblicken. So habe man mit der Ukraine bereits die «Landfrage» diskutiert. «Es geht jetzt darum, ihnen zu sagen: Schaut, das ist, was ihr bekommen könnt, und das ist das, was ihr nicht bekommen werdet». Es klang wie bei einer Auktion auf dem Immobilienmarkt.

Verwendete Quellen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
203 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Optimus_Maximus
17.03.2025 06:41registriert Juni 2023
Könnte es sein, dass Trump und Putin gemeinsame Sache machen? Was für eine Frage! Es ist offensichtlich!
Trump droht Kanada zu annektieren. Er droht Grönland zu annektieren. Er führt einen Wirtschaftskrieg gegen Alliierte.
Die NATO garantiert keine Sicherheit mehr. Ihre Glaubwürdigkeit ist erschüttert. Putin hat sein wichtigstes strategisches Ziel erreicht: Die NATO, zu zerstören.

Ich vermute, er hat Trump die Idee eingepflanzt, Europa aufzugeben und stattdessen ein nordamerikanisches Imperium aufzubauen - Kanada als US-Staat, Grönland ebenso.
Trump arbeitet für Putin. Alles spricht dafür.
61124
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gina3
17.03.2025 06:53registriert September 2023
Zweifelt irgendjemand daran, dass für Trump seine Geschäfte an erster Stelle stehen und das demokratische Prinzip ein mehr als vernachlässigbares Detail ist? Was Putin betrifft, so würde ich sagen, “no comment”.
Für die verblendete svp soll aber klar werden: Ihre vielgeliebte Neutralität - die sie scheinheilig und heuchlerisch verteidigt, indem sie den Oligarchen alles und der Ukraine nichts zugesteht - ist für Putin weniger wert als der aktuelle Kurs des Rubels.
Shame on you svp-Kollaborateure.
40324
Melden
Zum Kommentar
avatar
rodolofo
17.03.2025 06:50registriert Februar 2016
Sowohl die Selenski, als auch Trump wissen heute, was Sache ist und dass die faschistische MAGA-Revolution mit Putin-Russland gemeinsame Sache machen will, so wie sie auch in Europa Putin-freundliche, rechtsextreme-, bzw. neostalinistische Kräfte an der Macht sehen will, welche auch in Europa einen (modernen) Faschismus installieren sollen.
Aber Trump und Musk stossen an Grenzen, da die Mehrheit der US-Amerikaner so etwas nicht will und grosses Misstrauen gegenüber Putin-Russland empfindet!
Das wiederum gibt Selenski und den aufgewachten Europäern Zeit, um ihre Zukunft ohne die USA zu planen.
24318
Melden
Zum Kommentar
203
    König Charles III. spricht über seine Krebserkrankung

    Jede Krebsdiagnose sei «entmutigend und manchmal beängstigend» – Der britische König Charles III. hat sich zu seiner Krebserkrankung geäussert. Das schrieb er anlässlich eines Empfangs für Mitarbeiter von Krebs-Hilfsorganisationen am Mittwoch im Buckingham-Palast.

    Zur Story