In der Talkshow «60 Minuten» des Staatssenders Rossija 1 nimmt der Duma-Abgeordnete Alexei Zhuravlev kein Blatt vor den Mund. In einem 3,5 Minuten langen Monolog schiesst er hemmungslos gegen den Westen und droht mit grossen Worten.
Sein Monolog beginnt zunächst mit einem Eingeständnis der Stärke der Ukraine:
Die Ukraine habe viele Drohnen im Einsatz. In Awdijiwka beispielsweise würden Drohnen jeden einzelnen ihrer Soldaten verfolgen. «Teilweise mit bis zu zwei Drohnen pro Soldat!», betont er sichtlich beeindruckt.
Doch dann schlägt Zhuravlev optimistischere Töne an. Die Lage um Neujahr sei dieses Jahr viel besser gewesen als 2022/2023 – wie «Tag und Nacht». Gemäss seinen Aussagen dürfte es sogar noch besser kommen, denn die grössten Geschütze seien noch gar nicht aufgefahren worden:
Dann wendet er sich rhetorisch an den Westen:
Sie würden begreifen, dass die Ukraine am Ende sei, so Zhuravlev. Also was komme als Nächstes?
Zum Ende des Clips äussert er sich noch zu den Huthis, die derzeit mit ihren Angriffen das Rote Meer unsicher machen. Er werde nicht viel dazu sagen, er sei kein grosser Experte auf diesem Gebiet, aber:
Dann äussert er mit ausgebreiteten Armen eine Kampfansage an den Westen:
Auf demselben Sender ist auch Propagandist Wladimir Solowjow aktiv. Es ist daher wenig überraschend, dass er – als Sprachrohr Putins – in seiner Show «Sonntagabend mit Wladimir Solowjow» ebenfalls das Bild des bösen Westens zeichnet:
Der «Westen» sei kein geografischer Begriff mehr, da er auch nicht-westliche Länder beinhalte. Dieser Westen jedenfalls werde seine Wirtschaft ankurbeln und diese für den Krieg vorbereiten.
Man bewege sich in Richtung des Dritten Weltkrieges. Seiner Meinung nach befinde man sich bereits mittendrin. Und übrigens, fügt er an, Trump denke das auch.
Auch in der Talkshow Mesto Vstrechi auf NTV wird über den Ukraine-Krieg diskutiert. Der Sender ist nicht Teil des Staatsfernsehens, sondern gehört zu Gazprom Media – was die Anwesenden scheinbar zu etwas mutigeren Aussagen hinreissen lässt.
Moderator Andrey Norkin will von den Anwesenden wissen, ob es im Jahr 2024 nebst den US-Präsidentschaftswahlen etwas gäbe, das das Jahr erheblich beeinflussen könne.
Die Anwesenden gehen davon aus, dass die Unterstützung der Ukraine in diesem Jahr nachlassen werde. Gevorg Mirzayan, Senior Associate Professor für US-Aussenpolitik, glaubt dennoch, dass niemand die Ukraine aufgeben würde. Sie werde aber weniger Geld erhalten, was Russland die Möglichkeit gebe, den Krieg im Jahr 2024 erfolgreich fortzusetzen.
Sowohl der Präsident als auch weitere respektable Figuren hätten dies angedeutet, so Mirzayan.
«Ich hoffe, es wird keine Eskalation geben», wirft an dieser Stelle der Moderator ein, worauf Mirzayan verblüfft reagiert.
Man habe momentan einen taktischen Vorteil, was die Ausrüstung und die Leute betreffe, fährt Mirzayan fort. Zudem sei der Westen müde von der Ukraine.
Dass Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, nimmt Mirzayan bereits als Tatsache hin und spinnt das Szenario weiter: Trump werde interessiert sein, über «Verhandlungen zu verhandeln». An diesen Verhandlungen sollte Russland teilnehmen und mit Grenzanforderungen auftauchen, die ihrem Land «passen». Wenn Moskau Erfolge erzielen könne, dann könnten diese Verhandlungen schon bald stattfinden.
In case it wasn’t already obvious to everyone that Putin is waiting for Trump to win in 2024 so that he can take whatever he wants with Trump’s assistance… pic.twitter.com/ldAdJPGxyM
— Vlada Knowlton 🇺🇦 (@VladaKnowlton) January 14, 2024
Der politische Wissenschaftler Aleksandr Sytin sieht diesem Szenario pessimistischer entgegen. Es dürfte sich noch lange hinziehen, bis es so weit sei, so Sytin. Er wisse nicht, wer von ihnen lange genug leben werde, bis der letzte Ukrainer – «es gibt viele von ihnen», wirft der Moderator ein, bevor Sytin den Satz beenden kann.
Dann schneidet Sytin das Thema der russischen Wahl an – obwohl er gar nicht weiss, was er dazu sagen soll:
They don’t even bother hiding that their elections are a sham. pic.twitter.com/gqNWm5Xatx
— Vlada Knowlton 🇺🇦 (@VladaKnowlton) January 14, 2024
Daraufhin wendet sich der neben ihm sitzende Gast mit belehrendem Zeigefinger an ihn und betont, dass es nicht um die Resultate, sondern um die Konsequenzen gehe. Es werde einfach weitergehen wie bisher, entgegnet Sytin darauf. Die russische Wirtschaft werde sich weiterentwickeln, während sich das Leben in Russland zunehmend verschlechtere.
Daraufhin stichelt der Moderator: «Ist dein Leben so hart?» Er werde ständig gefragt, wie viele Anzüge und Sonnenbrillen Sytin besitze. Er habe etwa 12, antwortet Sytin, stimmt dem Moderator aber zu, dass er seine Kollektion seit einiger Zeit nicht mehr habe erweitern können. Da ertönt die Stimme vom zweiten Moderator Ivan Trushkin aus dem Off: «I feel your pain».
Sie bringen es nicht fertig, in den Städten die Heizung in Gang zu halten um ihre Landsleute nicht erfrieren zu lassen.
Ausser grosse Töne spucken gelingt den Russen so herzlich wenig!