International
Schweiz

Coronavirus: Diese Grafiken zeigen, wo die Schweiz im Vergleich steht

Coronavirus: So steht die Schweiz im Vergleich zur Lombardei und New York da

01.04.2020, 10:5602.04.2020, 09:29
Mehr «International»

Das Coronavirus verbreitet sich auf der ganzen Welt. Am stärksten betroffen sind zur Zeit die Lombardei und New York. In der Schweiz verbreitet sich das Virus in den Kantonen Genf, Waadt und im Tessin am stärksten. Diese «Hotspots» zeigen aber ganz unterschiedliche Entwicklungen, wie ein Blick auf die Fallzahlen zeigt.

Wie sich die Ausbreitung des Coronavirus in den drei Schweizer Kantonen im Vergleich zur Lombardei und New York entwickelt, siehst du hier:

Quellenangabe zu den Daten:

Die Entwicklung der Fälle

Schauen wir zunächst auf die Entwicklung der absoluten Zahlen.

Anzahl Coronavirus Fälle in Hotspots
Bild: watson

In absoluten Zahlen sind die Lombardei und New York der Schweiz weit voraus. Auch in der lombardischen Stadt Bergamo, aus der am Sonntag 8664 positive Fälle gemeldet wurden, ist die Fallzahl deutlich höher als in jedem der drei Schweizer Kantone.

Anzahl Coronavirus Fälle in Hotspots
Bild: watson

Legt man den Beginn aller drei Kurven auf den selben Stichtag (An Tag 1 wurde der 100. Fall gezählt), sieht auch die Entwicklung der Kurven sehr unterschiedlich aus. In New York verbreitet sich das Virus am rasantesten, hier wurden am Montag fast 5000 neue Fälle gezählt.

Doch sowohl die Lombardei (rund 10 Millionen) als auch New York City (ca. 8,4 Millionen) haben deutlich mehr Einwohner als unsere drei «Hotspot»-Kantone. Berücksichtigen wir die Anzahl Fälle pro 10'000 Einwohner, ergibt sich ein anderes Bild:

Coronavirus Fälle pro 10'000 Einwohner
Bild: watson

Wir sehen also, dass vor allem Tessin und Genf hier sogar schlechter abschneiden als New York oder Bergamo (mit einer Einwohnerzahl von ca. 120'000). Obwohl also die Bevölkerungsdichte im Kanton Waadt und im Tessin sehr viel tiefer ist als an den anderen Orten. Woran liegt das?

Das Coronavirus verbreitet sich anhand von Clustern. Zu Beginn steigen die Fallzahlen deshalb in weniger dicht bevölkerten Gebieten genau gleich wie zum Beispiel in Städten. Eine Person steckt zwei weitere an, diese infizieren wiederum zwei weitere und so weiter. Nur in Städten kann sich das Virus so länger verbreiten.

Die Anzahl der Tests

Eine weitere Erklärung für diesen ungewöhnlich hohen Anteil Erkrankter in der Schweiz findet sich auch in der Menge der durchgeführten Tests. In der Schweiz wurden bislang 110'000 Tests durchgeführt, was einem Schnitt von fast 130 Tests pro 10'000 Einwohnern entspricht. Die Schweiz hat damit weit häufiger getestet als die Lombardei oder New York.

Anzahl Coronavirus Tests in der Schweiz in der Lombardei und in New York
Bild: watson

In der Lombardei liegt dieser Schnitt bei 111 Tests pro 10'000 Einwohner und in New York nur bei 82 Tests. Da die Dunkelziffer in allen Ländern sehr viel höher ist als die tatsächliche Anzahl Fälle, werden auch mehr positive Tests gezählt, wenn mehr getestet wird. Oder anders gesagt: Wer mehr testet, findet mehr Fälle.

Todesfälle

Werfen wir nun einen Blick auf die Todesfälle. Es ist die derzeit wohl verlässlichste Zahl, weil hier die Dunkelziffer sehr viel tiefer ist als bei der absoluten Anzahl positiver Fälle. Wer stirbt, wird fast ausnahmslos erfasst und die Todesursache ist in den meisten Fällen bekannt. Vor allem, wenn es sich um einen Corona-Fall handelt.

Die Statistik zeigt, dass die Schweiz bislang verhältnismässig wenige Todesfälle zu beklagen hat, während die Lombardei – wenig überraschend – aus der Statistik hervorsticht:

Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 und dem Coronavirus
Bild: watson

Trotzdem sind die Zahlen aus den Kantonen Tessin, Waadt und Genf besorgniserregend. Denn genau wie die absoluten Fallzahlen bewegen sie sich momentan noch auf einer exponentiellen Kurve. Das heisst, die Zeit zwischen der Verdoppelung der Todesfälle bewegt sich hier zwischen vier und sechs Tagen in der Schweiz.

Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 und dem Coronavirus
Bild: watson

Auch die Todesraten unterscheiden sich stark in den unterschiedlichen Regionen. Die Wissenschaft geht beim Coronavirus etwa von einer Sterberate von unter einem Prozent aus. In den von uns analysierten Regionen sieht es allerdings so aus:

Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 und dem Coronavirus
Bild: watson

Warum ist hier die Sterberate bei allen so viel höher? Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits ist die Anzahl jener, die zwar mit dem Coronavirus infiziert sind, aber keine Symptome zeigen, relativ hoch. Diese Personen werden jedoch nie getestet und landen so auch nicht in der Statistik der Fallzahlen.

Weiter werden besonders in Italien praktisch nur Risikopatienten getestet. Dies erhöht die Sterberate beträchtlich. Eine Praxis, die auch auf die Hospitalisationsstatistiken einen grossen Einfluss hat, wie der nächste Punkt zeigt.

Wer ist bislang an Covid-19 gestorben?

Wie bereits bekannt ist, sterben besonders ältere Personen und Patienten mit Vorerkrankungen an der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit. In Italien waren 84 Prozent der verstorbenen über 70 Jahre alt. 95 Prozent der Todesopfer waren über 60 Jahre alt.

Die Zahlen aus New York sehen ähnlich aus. Von den insgesamt 1096 Todesfällen, die bis am 31. März gemeldet wurden, hatten 14 (1,2%) keine bekannten Vorerkrankungen.

Zahlen aus China zeigen: Diese Vorerkrankungen führen im Zusammenhang mit Covid-19 häufiger zum Tod.
Zahlen aus China zeigen: Diese Vorerkrankungen führen im Zusammenhang mit Covid-19 häufiger zum Tod.bild: worldometer

Hospitalisierung

Die Zahl der Hospitalisationen ist in der Schweiz ebenfalls sehr viel tiefer als in der Lombardei und in New York. Da die Fallzahlen in den bevölkerungsreichen Regionen sehr viel höher ist, schlagen unsere drei Kantone in dieser Statistik kaum aus:

Hospitalisierung im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Für New York sind diese Daten erst ab dem 23. März verfügbar.Bild: watson

Fokussieren wir also noch kurz auf unsere drei Kantone. Es zeigt sich, dass in den letzten Tagen die Kurve der Hospitalisationen abflacht – und zwar in allen drei Kantonen:

Hospitalisierung im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Für das Tessin sind diese Daten erst ab dem 18. März verfügbar.Bild: watson

Anteilsmässig sieht das folgendermassen aus:

Hospitalisierung im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Bild: watson

Wie auch bei der Sterberate hängt der Anteil jener, die Spitalpflege benötigen, ebenfalls davon ab, wer getestet wird. Werden nur Patienten getestet, die zur Risikogruppe gehören, steigt dieser Anteil. Wenn dann diese Risikopatienten auch noch hospitalisiert werden, ohne dass sie schwere Symptome zeigen, steigt der Anteil weiter. Beides trifft für die Lombardei zu.

Intensivpflege

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Intensivpflege. In der Lombardei befanden sich am 29. März 1330 Patienten wegen einer Covid-19-Erkrankung auf einer Intensivstation.

Intensivpflege im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Bild: watson

In der Waadt waren es am Sonntag 78 Patienten, im Tessin 69 und in Genf 59. Für New York sind bislang keine solche Daten verfügbar.

Intensivpflege im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Die Daten zu Intensivplätzen im Tessin sind erst ab dem 18. März verfügbar.Bild: watson

Der Anteil der Patienten, die auf einer Intensivstation landen, bewegt sich in den betrachteten Gebieten zwischen 2,5 und 3,8 Prozent:

Intensivpflege im Zusammenhang mit Covid-19 und Coronavirus
Die Rechnung hier: Anzahl positiv getesteter Patienten / Anzahl Covid-19-Patienten auf IntensivstationBild: watson

Auch hier zeigt sich, dass in der Lombardei sehr viele Patienten hospitalisiert werden, die keine intensive Pflege benötigen. Zur Erinnerung: Der Anteil der Hospitalisierten liegt hier bei über 30 Prozent.

Fazit

Die Fallzahlen in der Lombardei und mittlerweile auch in New York sind um ein Vielfaches höher als in der Schweiz. Dies liegt aber zu einem grossen Teil daran, dass diese Regionen auch sehr viel bevölkerungsreicher sind. So sind die Fallzahlen im Vergleich pro Kopf in der Schweiz höher als an den anderen Orten, auch wenn sich das Coronavirus überall etwa gleich schnell verbreitet. Deshalb dürfte hierzulande der Höhepunkt schneller erreicht sein.

Ein weiterer Faktor sind die Anzahl Tests, die die Schweiz macht. In diesem Vergleich machen wir am meisten Untersuchungen auf das Coronavirus. Das lässt auch die Fallzahlen steigen.

Weil man verstärkt Risikopatienten testet, sind die Todesraten höher, als sie die Wissenschaft berechnet. Am stärksten zeigt sich das in der Lombardei. Hier wird auch ein sehr hoher Anteil der Erkrankten hospitalisiert, während in der Schweiz nur Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf in Spitalpflege kommen.

Sars-Cov-2, Covid-19, Coronavirus – die wichtigsten Begriffe
Coronaviren sind eine Virusfamilie, die bei verschiedenen Wirbeltieren wie Säugetieren, Vögeln und Fischen sehr unterschiedliche Erkrankungen verursachen.

Sars-Cov-2 ist ein neues Coronavirus, das im Januar 2020 in der chinesischen Stadt Wuhan identifiziert wurde. Zu Beginn trug es auch die Namen 2019-nCoV, neuartiges Coronavirus 2019 sowie Wuhan-Coronavirus.

Covid-19 ist die Atemwegserkrankung, die durch eine Infektion mit Sars-Cov-2 verursacht werden kann. Die Zahl 19 bezieht sich auf den Dezember 2019, in dem die Krankheit erstmals diagnostiziert wurde.

Die wichtigsten Fakten zum Coronavirus: Symptome, Übertragung, Schutz.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So kam das Coronavirus in die Schweiz – eine Chronologie
1 / 59
Das Coronavirus in der Schweiz – eine Chronologie
31. Dezember 2019: Erste Meldungen über eine mysteriöse Lungenkrankheit, die in der zentralchinesischen Metropole Wuhan ausgebrochen ist, werden publiziert. 27 Erkrankte sind identifiziert.
quelle: keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So funktioniert der Drive-In-Coronavirus-Test
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
96 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Donald
01.04.2020 11:47registriert Januar 2014
Warum nehmt ihr die Anzahl Fälle als Grundlage für die Berechnung von Raten, wenn ihr wisst, dass diese Grundlage nicht vergleichbar ist?
60110
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ökonometriker
01.04.2020 11:23registriert Januar 2017
Wie steht die Schweiz im Vergleich zum demographisch weitaus ähnlicheren Schweden da?
Dieser Vergleich wäre intetessanter, da Schweden keinen Lockdown hat und man so den Effekt des Lockdowns besser quantifizieren könnte.
43742
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mimo Staza
01.04.2020 11:25registriert März 2020
Stehe ich jetzt auf dem Schlauch oder stimmt die folgende Aussage aus dem Fazit so nicht (zweiter Teil des Satzes):

"So sind die Fallzahlen im Vergleich pro Kopf in der Schweiz höher als an den anderen Orten, auch wenn sich das Coronavirus überall etwa gleich schnell verbreitet."

Grafik zwei sagt hier etwas völlig anderes (übrigens auch der Text: "In New York verbreitet sich das Virus am rasantesten,..."). Bitte um Aufklärung oder Korrektur.
1808
Melden
Zum Kommentar
96
USA erhöhen Druck auf Israel wegen Rafah nochmals – das Nachtupdate ohne Bilder
Die USA wollen im Gaza-Krieg Israel von seiner geplanten Bodenoffensive gegen die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt Rafah abbringen. Israel agiert derweil erneut im grossen Schifa-Spital – hier ist das Nachtupdate.

US-Präsident Joe Biden habe Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in einem Telefonat aufgefordert, in den nächsten Tagen ein Team aus Vertretern von Militär, Geheimdiensten und Spezialisten für humanitäre Hilfe nach Washington zu entsenden, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Montag. Netanjahu habe dem zugestimmt. Ein grösserer Bodeneinsatz in Rafah wäre «ein Fehler», sagte Sullivan. Es gehe darum, den Israelis die Vorbehalte der USA darzulegen und mögliche Alternativen zu erörtern. Zugleich bescheinigte Sullivan Israel Fortschritte im Kampf gegen die islamistische Hamas. So habe Israels Armee die Nummer Drei der Hamas in Gaza, Marwan Issa, in der vergangenen Woche getötet, sagte er, nachdem es tagelang Spekulationen darüber gegeben hatte. Israel hatte zwar gesagt, Issa auf die Spur gekommen zu sein, seinen Tod aber zunächst nicht bestätigt.

Zur Story