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Nach wilden Parties: «Ballermann»-Zone in Palma trockengelegt

«Wollen diese asozialen Touristen nicht haben»: Warum Palma den Ballermann trockenlegt

Erstmals in der Geschichte der spanischen Party-Insel Mallorca müssen alle Vergnügungslokale um den bekannten «Ballermann» an der Playa de Palma zwangsschliessen.
15.07.2020, 19:2215.07.2020, 22:17
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Die wilden Partys Hunderter Touristen ohne Schutzmaske und Sicherheitsabstand haben auf Mallorca ein einschneidendes Nachspiel: Erstmals werden auf der spanischen Insel mitten im Sommer alle Vergnügungslokale um den vor allem von deutschen Touristen gern besuchten «Ballermann» an der Playa de Palma zwangsgeschlossen.

Die berühmt-berüchtigten «Bier-» und «Schinkenstrasse» werden ab sofort und vorerst für zwei Sommer-Monate trockengelegt. Auch die Sündenmeile Puerto Ballena in der Briten-Hochburg Magaluf westlich von Palma sei von den Zwangsschliessungen betroffen, teilte die Regionalregierung am Mittwoch mit.

Party-Exzesse ohne Masken

Deutsche und Briten hätten am Wochenende für «Chaos» gesorgt, wie die Inselzeitung «Última Hora» titelte. Angetrunkene Männer und Frauen ohne Mund-Nasen-Masken hatten unter anderem im dichten Gedränge afrikanische Strassenhändler umarmt, geflirtet, gegrölt - und, wie zahlreiche Videos zeigten, sich nicht im mindesten um die Corona-Regeln geschert.

ARCHIV - Touristen sitzen dicht an dicht auf einer Terrasse eines Lokals auf der so genannten Bierstra�e. Foto: Clara Margais/dpa
Touristen sitzen dicht an dicht auf einer Terrasse eines Lokals auf der so genannten Bierstrasse.Bild: sda

Die Empörung war gross. Nicht nur auf Mallorca und in Spanien, sondern auch in Deutschland. «Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird», sagte Gesundheitsminister Jens Spahn.

Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela hatte bei der Bekanntgabe der Massnahmen jetzt eine klare Botschaft parat: «Wir wollen diese asozialen Touristen hier nicht haben. Sie sollen nicht kommen», rief der sozialistische Politiker. Man dürfe nicht zulassen, «dass einige wenige dem Image der Inseln Schaden zufügen» und die Erfolge der Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzten.

Negueruela warnte, man werde nicht zögern, die Massnahmen wenn nötig auch auf andere Gebiete der Insel auszuweiten. «Die Gesundheit geht vor. Und ohne Gesundheit gibt es auch keine Wirtschaft.» 200 000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Je nach Entwicklung sei eine Verlängerung und auch eine Verkürzung der Zwangsschliessungen denkbar.

«Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen.»
Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca

Kritisiert wurden nicht nur die Gäste, sondern auch Lokalbesitzer, die nicht für Ordnung sorgten. Verwaltungsministerin Isabel Castro erinnerte daran, dass seit Freitag ein Bussgeldkatalog gilt, wonach bei Verstössen gegen die Corona-Regeln bei Partys vor allem die Lokalbesitzer, aber auch Organisatoren von Feiern selbst in privaten Wohnungen mit Strafen von bis zu 600'000 Euro belegt werden können.

Sangria hat sich ausgeschlürft

Vor der Pressekonferenz, bei der unter anderem auch ein Verbot der auf «Malle» traditionsreichen langen Strohhalme fürs gemeinsame Trinken (zum Beispiel Sangria) verkündet wurde, waren rund 500 Betreiber von Nachtlokalen und Diskos in Palma im Protest auf die Strasse gegangen. Diese Betriebe haben ein Fassungsvermögen von mehr als 300 Gästen, auf allen vier Inseln dürfen sie wegen Corona noch nicht öffnen.

Betroffen sind auch die Kultlokale «Megapark» und «Bierkönig». Die Demonstrierenden trugen Plakate mit Aufschriften wie «Ohne Tourismus sterben wir» und forderten die Wiedereröffnung ihrer Betriebe.

epa08543597 Balearic regional Minister of Health and Consumption, Patricia Gomez, addresses a press conference in Palma de Majorca, Spain, 13 July 2020, to announce the new law that establishes facial ...
Am 13. Juli 2020 hat Gesundheitsministerin Partricia Gomez eine Maskenpflicht in öffentlichen Räumen auf Mallorca verkündet.Bild: keystone

Doch sie sind auf Mallorca in der Minderheit. Streit lösten die neuen Massnahmen bisher nicht aus. Die 40'000 Bewohnerinnen und Bewohner des S'Arenal, wo der Ballermann liegt, haben grosse Angst vor dem Coronavirus. «Natürlich habe ich Bammel. Die Deutschen leben einfach in einer anderen Welt», sagte eine Playa-Anwohnerin der Deutschen Presse-Agentur.

Die stellvertretende Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca (FEHM), María José Aguiló, verurteilte die illegalen Partys «aufs Schärfste». «Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen.» Die Hoteliers kennen die wirtschaftlichen Folgen des langen Corona-Lockdowns in Spanien nur zu gut - und wollen unter keinen Umständen, dass sich das wiederholt. (sda/dpa)

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Mallorca ergreift Massnahmen gegen die «Sauftouristen»
Video: srf
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26 Kommentare
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Coffeetime ☕
15.07.2020 19:58registriert Dezember 2018
Das wäre jetzt der Moment, über die Art des geförderten Tourismus nachzudenken. Weiterhin den Ballerman, mit den vielen Alkoholleichen, oder nicht doch lieber einen umweltfreundlicheren, gemässigteren Tourismus, mit Familien am Strand. Die Balearen sind sehr schön - abseits dieser Partymeilen.
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Swingforthefences
15.07.2020 19:51registriert April 2019
"Man dürfe nicht zulassen, «dass einige wenige dem Image der Inseln Schaden zufügen",
Sorry, aber das ist schon LÄNGST passiert. Was natürlich schade ist, denn Mallorca hat auch ganz schöne Fleckchen zu bieten..
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sowhat
15.07.2020 20:50registriert Dezember 2014
Also, wenm schon Ausländer zu uns nach Deutschland kommen, haben die sich gefälligst an unsere Gesetze und Richtlinien zu halten.
Gilt umgekehrt natürlich nicht.

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