Mehr als 24 Jahre lang war Baschar al-Assad in Syrien allgegenwärtig – doch am Sonntagmorgen war er plötzlich verschwunden. Der 59-jährige verliess Damaskus, als Rebellenverbände vor den Toren der Hauptstadt standen und sein Regime kollabierte.
Wohin Assad floh, blieb zunächst unklar. Nach Medienberichten wollte er sich per Flugzeug nach Moskau absetzen. Mit seiner Flucht aus der Hauptstadt endete die mehr als 50-jährige Herrschaft der Assad-Familie über Syrien und eine der brutalsten Diktaturen des Nahen Ostens.
Für all jene die sich fragen was aktuell in #Syrien vorgeht, erläutere ich das gern.
— Dr. David Lütke (@DrLuetke) December 8, 2024
Erklärung:
Soeben wurde der Fall der #Assad Regierung in Syrien gemeldet. Islamisten haben offenbar #Damaskus eingenommen.
Eine Flüchtlingswelle ist die Folge. Die Situation ist komplex.
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Dabei galt Assad als Reformer, als er im Jahr 2000 die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Hafez antrat; der ältere Assad hatte Syrien seit 1970 mit harter Hand regiert. Baschar, der in London zum Augenarzt ausgebildet worden war, erhielt beim Amtsantritt viele Vorschusslorbeeren, nicht zuletzt, weil er so jung war.
Bei der Präsidentenwahl am 10. Juli 2000 trat er als einziger Kandidat an und erhielt 97 Prozent der Stimmen. Bald darauf liess er die ersten Aktivisten festnehmen, die für mehr Demokratie eintraten: Der angebliche Reformer entpuppte sich als eisenharter Gewaltherrscher. Sein vom Vater ererbter Machttrieb, seine eigene Rücksichtslosigkeit und die seines Umfelds waren offensichtlich viel stärker als irgendwelche demokratischen Impulse, die er durch seine Studienjahre im Westen hätte aufnehmen können.
Elf Jahre später schwappte die Welle der Aufstände im Arabischen Frühling auf Syrien über, und Assad reagierte mit einem brutalen Militäreinsatz. Damit begann ein Krieg, der hunderttausende Menschen getötet und zwölf Millionen weitere zu Flüchtlingen innerhalb und ausserhalb des Landes gemacht hat. Assad wurde international zum Paria.
In den ersten Kriegsjahren geriet Assad in die Defensive gegen die Rebellen, die von ausländischen Akteuren wie der Türkei und arabischen Staaten unterstützt wurden. Das Blatt wendete sich 2015, als Russland auf Assads Seite in den Krieg eingriff. Auch iranische Einheiten und pro-iranische Milizen wie die Hisbollah aus dem Libanon halfen ihm; seit 2020 herrschte er wieder über zwei Drittel des syrischen Staatsgebietes.
Assad liess von Armee und Geheimdiensten jeden Widerstand mit Folter und Hinrichtungen im Keim erstickten. Seine Regierung blockierte Fortschritte bei Gesprächen mit der Opposition, in denen unter Leitung der UNO über eine neue Verfassung für Syrien verhandelt werden sollte.
Im Mai 2021 liess er sich bei einer international nicht anerkannten Wahl für weitere sieben Jahre im Amt bestätigen. Mit dem Export der Aufputschdroge Captagon in andere arabische Länder verdiente das Regime Milliarden.
Weil Assad so sicher im Sattel sass, bemühten sich arabische Staaten und auch einige EU-Länder in den vergangenen Jahren um eine Wiederannäherung an den Diktator. Im Herbst 2020 schickte Oman als erster Golfstaat seit 2012 einen Botschafter nach Syrien. Im Mai vergangenen Jahres reiste Assad zum Gipfeltreffen der Arabischen Liga nach Saudi-Arabien: Er war wieder hoffähig. Weniger als einen Monat vor seinem Sturz nahm er an einem weiteren Gipfel in Riad teil.
Zum Verhängnis wurde Assad erst die Schwächung seiner Verbündeten. Russland war mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt, der Iran und die Hisbollah musste im Dauerkonflikt mit Israel schwere Niederlagen einstecken. Als die Rebellen vor zehn Tagen zum Angriff ansetzten, zeigte sich, dass Assads Regime allein war und keine Kraft hatte, sich der Offensive entgegenzustellen. Am Ende blieb Assad nur die Flucht. (bzbasel.ch)
Was halt eben zeigt, wie schwierig es ist, 20- oder 30-Jährige wirklich zu integrieren. Die Gedanken, der Geist wurden schon lange geprägt und geformt. Das ändert sich nicht mehr so leicht, auch wenn man in der fortschrittlichen CH lebt. Und ist auch ein Grund, weshalb hier Aufgewachsene trotzdem oft "hinterwäldlerisch" denken. Fast nur von seiner eigenen Kultur umgeben durch die Familie, trägt man deren Gedanken weiter.
Diktatoren ohne Volk sind nie stabil, dass unterschätzt Putin immer wieder, wenn es vermeintlich Stabilität durch den Schutz von Diktatoren erschaffen will.
Jetzt verliert Russland seinen Zugang zum Mittelmeer. Hoffen wir es.
Die wohlgemeinte Diktatur wird es nie geben. Der einzige Hebel ist jener der Macht. Wenn auch anfäglich gut gemeint, darf nie zugelassen werden, das eine einzelne Person zu mächtig wird.