International
Syrien

Syrische Regierung ändert den Lehrplan – und löst damit starke Kritik aus

Syrische Regierung ändert den Lehrplan – und löst damit starke Kritik aus

Die syrische Übergangsregierung hat mit Änderungen am Lehrplan Kritik auf sich gezogen und Sorgen vor einer ideologischen Prägung des neuen syrischen Staats befeuert.
03.01.2025, 16:1603.01.2025, 17:01
Mehr «International»
epa11790226 A handout photo made available by the Turkish Foreign Ministry Press Office shows Syria's rebel leader Ahmed al-Sharaa, also known as Abu Mohammed al-Jolani, attending a press confere ...
Der Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und der neuen syrischen Übergangsregierung, Ahmed al-Scharaa.Bild: keystone

Kritikern zufolge wurden jegliche Hinweise auf die vorislamische Verehrung antiker Gottheiten in Syrien aus den Lehrbüchern gestrichen. Koranverse seien mit radikalislamischen Interpretationen kommentiert worden. Ein gesamtes Kapitel über die Entstehung des Lebens sei aus einem naturwissenschaftlichen Lehrbuch entfernt worden.

Die Regierung in Damaskus wird von der islamistischen Gruppe HTS dominiert, die das Rebellenbündnis anführte, das den Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad herbeiführte.

Das Bildungsministerium in Damaskus teilte mit, es seien lediglich Bestandteile aus dem Lehrplan entfernt, in denen die Regierung des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad verherrlicht worden sei. Zudem seien fehlerhafte Interpretationen von Koranversen im islamischen Religionsunterricht korrigiert worden, wurde Bildungsminister Nasir al-Kadri zitiert.

Wie CNN schreibt, umfassen die Änderungen, die in einer Liste von Änderungen auf der offiziellen Facebook-Seite des Bildungsministeriums veröffentlicht wurden, unter anderem:

  • die Änderung des Ausdrucks «Weg des Guten» in «islamischer Weg»,
  • statt «diejenigen, die verdammt sind und vom Weg abgekommen sind» neu: «Juden und Christen» (was sich auf eine ultrakonservative Auslegung eines Verses im heiligen Buch des Islam, dem Koran, bezieht),
  • eine Neu-Definition des Wortes «Märtyrer»: von jemandem, «der für das Vaterland gestorben ist», zu jemandem, der sich «um Gottes willen» geopfert hat.

Rasche Änderungen rufen Verwunderung hervor

Der Bildungsexperte Muhammad Ahmad, der die frühere Regierung bei der Erstellung des Lehrplans beriet, äusserte Verständnis für die Entfernung von Propaganda des gestürzten Regimes. «Ich bin aber dagegen, Kapitel aus den Fächern Geschichte und islamischer Religionsunterricht zu streichen», sagte er einem Mitarbeiter der Nachrichtenagentur DPA. Der bisherige Lehrplan sei von den besten Experten erstellt worden.

Laut CNN gab es besonders in den Sozialen Medien grosse Empörung über die Änderungen: Einige Nutzer hätten sich gefragt, warum eine Übergangsregierung Änderungen am Lehrplan vornimmt. Für andere seien die Versuche, «Teile der Geschichte des Landes auszulöschen», untragbar.

Sawsan Ali, eine Lehrerin aus Damaskus, zeigte sich verwundert über die rasche Änderung am Lehrplan. Ihr zufolge wurden selbst in den von den Rebellen kontrollierten Gebieten im Norden des Landes in den vergangenen Jahren keine Veränderungen am Lehrplan vorgenommen, wie sie dem DPA-Mitarbeiter sagte. Sie sprach sich dafür aus, Änderungen, die nicht mit der gestürzten Regierung zu tun haben, einem Expertengremium zu überlassen. (lak/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
116 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
What’s Up, Doc?
03.01.2025 17:09registriert Dezember 2015
Geht es nur mir so oder klingt das nach einem Afghanistan 2.0? Wirklich tolle Aussichten.
2465
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zürischnurre
03.01.2025 17:17registriert Februar 2016
Die Änderung im Lehrplan verheissen nichts gutes. Nicht, dass ich wirkliche Modernisierung erwartet hätte aber ich habe einwenig gehofft.
2173
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlaf
03.01.2025 17:37registriert Oktober 2019
Die Welt war schon blauäugig unterwegs, als die Taliban in Afghanistan wieder die Macht erlangte.

Mal schauen was in Syrien passiert, die Vorzeichen sehen wir ja bereits.
882
Melden
Zum Kommentar
116
    Aktivisten: 16 Tote bei schweren Angriffen in Syrien

    Bei einer Reihe von Angriffen auf Sicherheitskräfte in Syrien sind Menschenrechtsaktivisten zufolge mindestens 16 Menschen getötet worden. Es seien die schwersten Angriffe gegen Sicherheitskräfte seit dem Sturz des früheren Machthabers Baschar al-Assad im Dezember, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

    Zur Story