Es war ein Satz, der aufhorchen liess. Steven Gätjen kündigte das Interview mit Boris Becker am Dienstagabend unter anderem damit an, über die Gage von Sat.1 sprechen zu wollen und darüber, «was damit in Zukunft passiert». Das Thema Geld liegt bei einem Mann, der wegen Insolvenzvergehen zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, naturgemäss auf der Hand.
Gätjens Devise liess da Hoffnung aufkommen: «Wir werden schonungslos fragen», sagte der Interviewer vor Gesprächsbeginn. Doch nach rund zwei Stunden Gespräch kam man zu der Erkenntnis: Über die Gage wurde nicht geredet. Neuigkeiten zu Boris Beckers Privatinsolvenz? Ebenfalls Fehlanzeige.
Auf Nachfrage von t-online hüllt sich der Sender in Schweigen. «Das Interview wurde gesendet, wie es geführt wurde», sagte Sendersprecher Christoph Körfer t-online, und betonte, dass «viele Aspekte» Teil des Gesprächs waren. Das Fehlen der Geldthematik: aus Sicht des Senders also kein Thema.
Zu der Höhe der Gage, die Boris Becker für seine Teilnahme an dem Sat.1 Spezial erhalten hat, gibt es ebenfalls keine Auskunft: «Vertraulichkeit ist ein hohes Gut, das Sat.1 und unsere Vertragspartner:innen seit Jahren sehr zu schätzen wissen. Deswegen werden wir nicht aus Verträgen zitieren», heisst es knapp.
In verschiedenen Medienberichten, darunter bei «Spiegel» und «Bild», war von einer halben Million Euro zu lesen. Doch weder Sat.1 noch Becker nehmen dazu Stellung. Fest steht hingegen: Für Boris Becker hat das Geldverdienen gerade erst begonnen. Es winken weitere Einnahmen durch TV-Verträge und die Vermarktung seiner Knastgeschichte.
Neben Sat.1 hat sich auch Apple TV+ eine Zusammenarbeit mit Becker gesichert. Wann die zweiteilige Dokumentation über die Tennislegende zu sehen sein wird, ist noch unklar. Das Format basiere «auf drei Jahren exklusivem Zugang zu Becker vor seiner Verurteilung im April 2022» und beinhalte unter anderem ein Interview mit ihm kurz vor seiner Inhaftierung.
Um seine berufliche Zukunft muss sich Becker keine Sorgen machen. Bereits vor Wochen hatte der Vizepräsident des Deutschen Tennis Bunds klargestellt: «Die Türen beim DTB stehen Boris Becker immer offen.» Becker arbeitete bereits von 2017 bis 2020 als «Head of Men's Tennis» für den deutschen Verband. Vizepräsident Dirk Hordorff könne sich vorstellen, dass der ehemalige Profisportler diese Funktion erneut übernimmt, aber auch als «Repräsentant, Präsidium oder was auch immer. Salopp gesagt: Boris kann sich den Job aussuchen».
Boris Becker sagte zu seinen Zukunftsplänen in dem Sat.1-Interview: «Ich will noch 25 gute Jahre vor mir haben.» Auch einen Buch-Deal soll er bereits abgeschlossen haben. Allerdings glaubt Becker eher nicht, dass er sich dazu wieder in Deutschland ansiedle: «Ich weiss nicht, ob ich in Europa bleibe.» Nach Grossbritannien darf Becker wegen seiner Ausweisung vorerst nicht. Als Orte, die ihm gut gefallen, nannte er Miami und Dubai.
Becker war Ende April wegen Insolvenzvergehen zu 30 Monaten Haft verurteilt worden, von denen 15 Monate zur Bewährung ausgesetzt waren. Er kam aber in der vergangenen Woche bereits nach weniger als acht Monaten Haft frei. Möglich machte dies eine Sonderregel für ausländische Gefangene.
Becker hatte in dem Verfahren in London noch auf nicht schuldig plädiert. Bei Sat.1 gestand er nun erstmals seine Schuld, räumte ein: «25 Punkte habe ich gewonnen, in vier Punkten habe ich verloren.» Die Jury, die ihn verurteilt hat, habe als Hauptpunkt gesehen, dass er Geld von einem Firmenkonto genommen habe. Ausserdem habe er unter anderem das Haus in seinem Heimatort Leimen, in dem seine Mutter lebt, geheim gehalten.
Wie es mit seiner Insolvenz nun weitergeht, erklärte Becker hingegen nicht. Angeblich, so berichtet die «Bild»-Zeitung, sei noch eine mittlere sechsstellige Schuldensumme offen. Diese müsse Becker begleichen. Ob aktuelle Einnahmen zur Tilgung genutzt werden müssen und als Teil der Insolvenzmasse gelten, ist nicht bestätigt. Denn nach britischem Insolvenzrecht gelten beispielsweise TV-Gagen als Einnahmen und nicht als Vermögen. Der Insolvenzverwalter hätte demnach darauf keinen direkten Zugriff.
Beckers Anwalt Christian Oliver Moser antwortete auf t-online-Anfrage zu den Bedingungen hierzulande und möglichen Veränderungen durch den Brexit: «Es gibt keine eigenständigen Insolvenzverfahren in Deutschland.» Möglich, dass Beckers Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro eine besondere Rolle zukommt. Laut «Bunte» hat die Risikoanalystin die Firma BFB Enterprises – BFB stehe für Boris Franz Becker – gegründet, die den Tennisstar vermarkten soll. Weil der 55-Jährige aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens keine Firmen führen darf, soll künftig alles über Lilian laufen.
Eine gemeinsame Zukunft plane er mit der mehr als 20 Jahre jüngeren Londonerin auf jeden Fall. Ob er für immer mit ihr zusammen bleibe, fragte ihn Steven Gätjen, und Boris Becker antwortete: «Ich hoffe, für immer und ewig natürlich.»