International
Ukraine

Folter durch Russen in der Ukraine: «Sie haben es genossen»

Folter durch Russen in der Ukraine: «Sie haben es genossen»

Strangulation, Stromschläge und Zwangsarbeit – eine Ukrainerin hat berichtet, wie sie von Russen gefoltert wurde. Sie kehrte dennoch in ihre besetzte Heimatstadt zurück.
23.06.2023, 13:4223.06.2023, 13:42
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Der Umgang mit der ukrainischen Zivilbevölkerung in russisch besetzten Gebieten hat inzwischen schon die Vereinten Nationen auf den Plan gerufen. Systematisch soll dort mit Wissen des Kremls oder sogar auf dessen Anordnung gefoltert werden. Das bestätigte nun auch die ehemalige Verwaltungsangestellte Olena Jahupowa gegenüber dem britischen «Guardian». Sie berichtet von Zwangshaft, Elektroschocks, erzwungenen Interviews für das russische Staatsfernsehen und einer «Willkürherrschaft» der russischen Geheimpolizei.

Russia Ukraine Military Operation Frontline 8443059 26.05.2023 A Russian serviceman patrols the area near the frontline town of Artyomovsk, also known as Bakhmut, in the course of Russia s military op ...
Russischer Kämpfer (Archivbild): Eine Ukrainerin hat von Folter durch russische Soldaten berichtet.Bild: www.imago-images.de

Mit der Zeitung sprach Jahupowa über die Situation in ihrer Heimatstadt Enerhodar in der südöstlichen Region Saporischschja, der sie nur durch Glück entkommen konnte. In dem Gebiet steht des grössten Atomkraftwerks Europas Saporischschja, es war im Frühjahr 2022 in die Hände russischer Truppen gefallen. Seitdem sollen zwei Drittel der Bevölkerung geflüchtet sein. Von einst 53'000 Menschen harren nach Auskunft des ebenfalls im Exil lebenden Bürgermeisters Dimitri Orlow nur noch 15'000 in der besetzten Stadt aus. Er schätzt, dass mindestens 500 Menschen Opfer von Entführungen und Folter geworden seien.

>> Alle aktuellen Entwicklungen im Liveticker

Unter ihnen Olena Jahupowa. Sie wurde laut «Guardian» im Oktober 2022 von den russischen Besatzern in der Stadt festgenommen. Nachbarn, die sie kannte, hatten sie offenbar denunziert und der FSB-Geheimpolizei mitgeteilt, dass ihr Mann ein ukrainischer Militäroffizier sei.

Folter mit Drahtschlinge, Pistole und Stromschlag

Zunächst sei sie als lokale Regierungsangestellte nicht ins Visier der Besatzer geraten, sagte sie der Zeitung, auch weil sie sich nicht an antirussischen Protesten beteiligt habe. Eines Tages sei sie aber von FSB-Beamten auf die örtliche Polizeistation gebracht worden.

«Sie fesselten mir die Hände an die Knöchel», so Jahupowa. Regelmässig sei es zu Strangulationen gekommen. «Einer hielt dir den Hals zu, ein anderer drückte dir die Nase zu», so Jahupowa. Die Beamten hätten damit erreichen wollen, dass sie den Aufenthaltsort ihres Mannes und den anderer Personen mit militärischen Verbindungen in der Stadt verrate.

Während der Folter sei ihr ausserdem eine Drahtschlinge um den Hals gewickelt, eine Pistole an die Stirn gehalten und ein Stromschlag versetzt worden. Ihre Taten hätten die Beamten vorher angekündigt, so Jahupowa, das habe die Situation noch grausamer gemacht. Ein Team aus fünf oder sechs FSB-Beamten habe die Gewalt ausgeübt. «Es hat ihnen Spass gemacht», sagt Jahupowa.

epa10692632 A picture taken during a visit to Enerhodar organised by the Russian Defence ministry shows a general view of the Zaporizhzhia Nuclear Power Plant in Enerhodar, southeastern Ukraine, 14 Ju ...
Das AKW Saporischschja (Archivbild): Das gleichnamige ukrainische Gebiet ist derzeit russisch besetzt.Bild: keystone

Jahupowa wurde zu Zwangsarbeit verpflichtet

Nach zwei Tagen habe die Folter aufgehört, aber Jahupowa blieb inhaftiert. Zeitweise habe man sie in einer Zelle mit 15 Insassen festgehalten, erzählt sie dem «Guardian». An manchen Tagen habe es kein Essen gegeben, im Winter schliefen die Häftlinge auf dem Boden.

Auch musste Jahupowa nach eigenen Angaben für ein Fakevideo für die russische Propaganda herhalten, mit dem sie in den russischen Nachrichten erscheinen sollte. Ein Beamter «drohte, mich zu erschiessen», wenn sie dem nicht nachkäme, sagt sie. In dem Video sollte sie sich über angeblichen ukrainischen Beschuss beschweren. Das Video wurde ihr zufolge im Oktober letzten Jahres gedreht und ist immer noch auf dem Telegram-Kanal der russischen Propaganda-Nachrichtenagentur Ria Nowosti zu sehen. Der Beschuss, sagt sie, sei von russischer Seite aus erfolgt.

Später hätten die Besatzer sie zu Zwangsarbeit verpflichtet: «Wir mussten zwei Monate lang bei eisigem Wetter Gräben ausheben.» Frei kam sie nach eigenen Angaben erst nach einigen Monaten, als lokale Bewohner intervenierten, dass die Zwangsarbeit unrechtens sei.

Jahupowa floh zunächst nach Estland, kehrte aber in ihre Heimatregion Saporischschja zurück, erklärte sie dem «Guardian» – trotz der Besatzung. Sie schrieb sich nach eigenen Angaben für die Einberufung in die ukrainische Armee ein und erneuerte ihr Eheversprechen mit ihrem Mann. (t-online, cli, cry, csi)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Ukraine Dammbruch: So werden Mensch und Tier gerettet
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
39 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
So oder so
23.06.2023 17:35registriert Januar 2020
Und nach Ansicht der Putin Versteher muss die Ukraine die Gebiete an Russland abtreten und die Bevölkerung der Russischen Terrorherrschaft überlassen. Ja klar und sind alles Nazis in der Ukraine darum muss man sie ja auch Foltern wenn man dann Bekommen hat was man will.

Jeder noch klar Denkende Mensch sollte sich sehr Gut überlegen was diese Putin Versteher so machen und wollen - denn wenn die an der Macht sind wird es jeden auch so ergehen wie denn Menschen in denn von Russland Besetzten Gebieten.
566
Melden
Zum Kommentar
avatar
butlerparker
23.06.2023 17:01registriert März 2022
Der erste UA Durchbruch bei Robotyne ist da.Das muss man jetzt stabilisieren und genügend Kräfte nachführen. Ob es dann eher Richtung Tokmak/Meilitop oder Berdyansk geht wird interessant zu beobachten sein.Vielleicht hat man auch genug Kräfte um die Stoßrichtungen zu spalten.

Jetzt wird es wirklich ernst mit der Offensive. Ggf, kann man auch Tokmak umgehen und eine Flankenbewegung Richtung Melitopol ausführen, um die RUS Truppen dort einzukesseln.Ganz wichtig wäre jetzt, wenn man rund um Kherson über den Dnjepr setzen könnte.

Putin verbreite schon Durchhalteparolen wie ein im Führerbunker
224
Melden
Zum Kommentar
39
    Mexikanische Behörden retten über 3000 Schildkrötenbabys vor Schmugglern

    Mehr als 3400 geschützte Schildkrötenbabys sind von mexikanischen Behörden aus den Händen von Schmugglern befreit worden. Was mit ihnen passiert, ist offen.

    Zur Story