International
Ukraine

Russen in Kursk kritisieren Armee und Regierung

This photo released by the acting Governor of Kursk region Alexei Smirnov telegram channel on Tuesday, Aug. 6, 2024, shows a damaged house after shelling by the Ukrainian side in the city of Sudzha, K ...
Ein zerstörtes Haus in der Ortschaft Sudscha.Bild: keystone

«Wie können sie so etwas zulassen?» Russen in Kursk kritisieren Armee und Regierung

Nachdem ukrainische Truppen die Grenze nach Russland überquerten, wird Kritik aus der eigenen Bevölkerung am Kreml und der russischen Armee laut.
08.08.2024, 07:5608.08.2024, 07:59
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Obwohl proukrainische Truppen, von denen sich Kiew aber stets distanzierte, bereits zuvor auf russisches Gebiet eingedrungen waren, erhält der Krieg zwischen Russland und Ukraine eine neue Dimension: Am Mittwoch überquerte ein relativ grosser Verband ukrainischer Einheiten die Grenze zu Russland und drang bis zu 15 Kilometer tief – die Angaben variieren – in russisches Gebiet ein.

Die Regierung von Wladimir Putin versicherte, dass die Eindringlinge effizient bekämpft würden und man die Lage rasch unter Kontrolle bringen würde. Das scheint allerdings nur bedingt zu gelingen – die Kämpfe dauern nach wie vor an. In der Region Kursk, wo die Ukrainer einfielen, werden nun Vorwürfe in Richtung Moskau laut.

Die aktuellen Entwicklungen im Liveticker:

Ein Anwohner der Grenzgebiete von Kursk, der anonym bleiben will, sagte gegenüber einem Reporter der Moscow Times, dass die Behörden den Menschen nicht ausreichend halfen, um das Gebiet rasch zu evakuieren. Der Gouverneur der Region Kursk, Alexey Smirnow, erklärte zuvor, dass die Lage «unter Kontrolle» sei und die Evakuierung der Menschen «schnell und effizient» vorangegangen sei.

Doch der anonyme Einwohner ist nicht der einzige, der Kritik an die Behörden richtet. Lika Ivanova, eine Einwohnerin des überannten Dorfes Sudscha, wo gut 6000 Menschen leben, schrieb auf dem sozialen Netzwerk VK:

«Niemand kümmerte sich um uns. (...) Den Flüchtlingen (aus der Ukraine, d. Red.) wurde alles gegeben, aber die Einheimischen konnten nirgendwo hin und hatten nichts.»
Das Dorf Sudscha wurde von der ukrainischen Armee eingenommen.

Ein anderer Kursker, Andrej Neslobin, schrieb auf VK:

«Wie können sie so etwas zu lassen? Wenn man seine Leute nicht schützen kann, muss man sie evakuieren.»

Kritik an der russischen Regierung gab es auch von den meinungsstarken russischen Militärbloggern. Sie warfen dem Kreml und der Armee unter anderem scharfe Nachlässigkeit vor. Russland sei überhaupt nicht auf eine solche Operation der Ukrainer vorbereitet gewesen. So heisst es in einem Telegram-Kanal mit 600'000 Abonnenten:

«Die Leute an der Front wussten, dass der Feind versuchen würde, einen solchen Schlag zu auszuführen. Aber mir scheint, dass es andere Leute gibt, vielleicht sogar in Militäruniformen … die weit weg von der Front sind und nicht wissen, was dort abgeht.»

Laut russischen Angaben drangen gut 1000 ukrainische Soldaten auf russisches Staatsgebiet vor. 315 Angreifer sowie rund 50 Panzerfahrzeuge seien ausgeschaltet worden. Dies berichtete Waleri Gerassimow, Russlands Generalstabschef und Oberbefehlshaber für den Krieg gegen die Ukraine, an Wladimir Putin.

Die Ukraine hat nicht wie vor keine Stellung zum Angriff genommen, auch in der Nacht auf Donnerstag hielt sich Präsident Wolodymyr Selenskyj vage. Er erwähnte lediglich, dass er sich mit Armeeoberbefehlhaber Olexander Syrskyj beraten habe. «Details folgen später», so Selenskyj.

Russische Blogger hingegen berichteten, dass mindestens elf Dörfer von den Ukrainern erobert wurden und sich die ukrainischen Einheiten auf einer Fläche von 15 mal 11 Kilometern bewegen würden. Laut dem bekannten Militärblogger Rybar hat die ukrainische Armee auch eine wichtige Gasmessstation bei der Ortschaft Sudscha unter Kontrolle gebracht.

(con)

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142 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bernhard Kuenzi
08.08.2024 08:12registriert Januar 2014
Es wird für Putin immer schwieriger, seinen Krieg als technische Operation zu verkaufen. Da nützt am Ende die ganze Propagandamaschinerie nichts. Den Russen wird langsam klar, der Krieg findet nicht nur im Ausland statt, sondern zieht jetzt auch in Russland seine Kreise. Endlich und strategisch viel zu spät...
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Tante Karla
08.08.2024 08:19registriert März 2024
Laut der russischen Propaganda droht seit Jahren eine grosse Invasion der NATO-Länder und der Ukraine.

Wieso ist die russische Armee dann nicht einmal auf einen Angriff von ein paar hundert Ukrainern vorbereitet? Was wäre los, wenn Finnland Karelien befreit?

Das wird sich der einfache Russe wohl fragen. Mit Recht.
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BG1984
08.08.2024 08:18registriert August 2021
Gut so. Und am besten alles niederbrennen, auch die ausgestellte Mig-29 am rechten Dorfrand. Den Schock der Russen möglichst gross halten, damit sie schnallen, dass sie wegen ihres Krieges auch im eigenen Land bedroht sind.
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