Die Gerüchteküche brodelt. Unabhängig voneinander berichteten am Mittwoch zwei Journalisten, dass eine Anklageerhebung gegen Ex-Präsident Donald Trump in der Dokumentenaffäre bevorstehe.
Noch in dieser Woche, schrieb John Solomon – ein enger Weggefährte des Republikaners – könnte eine Grand Jury darüber abstimmen, ob sich der 44. Präsident der USA vor Bundesgericht verantworten müsse. Der linke Journalist Andrew Feinberg wiederum behauptete, dass eine solche Abstimmung vielleicht bereits heute Donnerstag anstehe.
Trump allerdings veröffentlichte umgehend ein Quasi-Dementi. Er sei von niemanden darüber informiert wurden, dass eine Anklageerhebung bevorstehe, schrieb er auf seinem Internet-Dienst Truth Social. Auch beschwerte er sich einmal mehr über die Ermittlungen in der Dokumentenaffäre, die sich um die Frage drehen, warum Trump im Januar 2021 unerlaubterweise mehr als 300 geheime Regierungsdokumente mitlaufen liess, als er das Weisse Haus verlassen musste.
Sonderermittler Jack Smith – der seit mehr November 2022 im Auftrag des nationalen Justizministeriums für das Verfahren gegen Trump zuständig ist – beantwortet keine Medienfragen. Deshalb bleibt vorerst unklar, ob der Ex-Präsident die Wahrheit sagt. Aus zahlreichen Medienberichten, die in den vergangenen Tagen publiziert wurden, lässt sich aber ableiten, dass Smiths Ermittlungen in der Dokumenten-Affäre in der Schlussphase stecken.
So informierte das Büro des Sonderermittlers vor einigen Tagen den abgewählten Präsidenten, dass gegen ihn in der Dokumenten-Affäre strafrechtliche Ermittlungen laufen. Ein solcher «Target Letter» mag eine Formalie darstellen, gerade in einem solch schlagzeilenträchtigen Fall, aber er ist verfahrensrechtlich wichtig.
Zu Wochenbeginn kam es zudem bereits zu einem Treffen von Trumps Anwälten mit dem Sonderermittler, das angeblich fast zwei Stunden dauerte. Anwälte nutzen solche Gespräche mit der Anklagebehörde meist, um ihren Klienten in Schutz zu nehmen und in letzter Minute noch ein «Indictment», wie die Anklageerhebung im amerikanischen Juristenjargon genannt wird, abzuwenden.
Verwirrend ist allerdings, dass Smith anscheinend zwei Grand Jurys für sich arbeiten lässt, eine in Washington und eine in Miami (Florida). Eine mögliche Erklärung dafür: Der Sonderermittler entschied sich dazu, die zahlreichen Vorwürfe gegen Trump – nebst der Dokumenten-Affäre gibt es auch Anschuldigungen im Zusammenhang mit der verlorenen Wahl 2020 und dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 – in mehrere Verfahren aufzuspalten.
Eine andere Erklärung: Smith will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, er wolle den Republikaner in der linken Stadt Washington vor Gericht stellen, in der Trump 2020 bloss 4,5 Prozent der Stimmen bekommen hatte. Ein Prozess in Miami, etwa 70 Minuten vom Wohnsitz Trumps entfernt, wäre politisch weniger aufgeladen.
In den Augen von Rechtsexperten ist die Dokumenten-Affäre ein recht eindeutiger Fall. Trump riss sich Regierungsdokumente unter die Nägel, obwohl ein Präsident verpflichtet ist, sämtliche Papiere der nationalen Archivbehörde zu übergeben. Als diese 2021 Lücken im Aktenbestand bemerkte, schaltete die Behörde das Justizministerium ein. Dieses suchte zuerst das Gespräch mit Trump. Als aber der Verdacht aufkam, dass der Ex-Präsident gewisse Dokumente nicht freiwillig herausrücken wollte, folgte im August 2022 die präzedenzlose Durchsuchung seines Anwesens Mar-a-Lago in Palm Beach (Florida).
Trump stellt sich immer noch auf den Standpunkt, dass er berechtigt gewesen sei, Regierungsdokumente zu besitzen. Er behauptet zudem, dass die Akten nicht mehr geheim gewesen seien, weil er das Recht besitze, solche Dokumente freizugeben. Den Vorwurf, er habe die Nachforschungen des Justizministeriums behindert, will er nicht gelten lassen. Zusammenfassend bezeichnet er die Anschuldigungen als Hexenjagd und als Versuch des «Deep States», den beliebtesten republikanischen Präsidentschaftskandidaten aus dem Verkehr zu ziehen.
Smith ermittelt auch gegen Präsident Joe Biden, weil sich auch der Demokrat geheime Regierungsdokumente angeeignet habe. (Die Vorwürfe betreffen seine Amtszeit als Vizepräsident von 2009 bis 2017 und seine lange Amtszeit als Senator.) Über diese Ermittlungen gibt es keine Updates.
Kürzlich wurde gab das Justizministerium zudem bekannt, der ehemalige Vizepräsident Mike Pence müsse aufgrund ähnlicher Vorwürfe nicht mit einem Verfahren rechnen. Im Wohnhaus des republikanischen Präsidentschaftskandidaten waren im Januar etwa ein Dutzend als geheim eingestufte Regierungsgefunden worden.
Es ist auffällig, dass noch keiner seiner Anwälte das abstruse Geschwätz von Trump vor Gericht wiederholt hat. Im Gerichtsprozess hätten Lügen und Falschbehauptungen klare Folgen. Ignoriert, was der orange Schreihals öffentlich sagt. Hört genau hin, was er vor Gericht sagt, wenn es dazu kommt.