International
USA

Ein Jahr nach Epsteins Tod: Wie geht es in dem Skandal weiter?

FILE - This July 8, 2019 file photo shows Jeffrey Epstein's Zorro Ranch in Stanley, N.M. On Thursday July 2, 2020, the FBI arrested Ghislaine Maxwell, a British socialite who was accused by many  ...
Die Zorro Ranch in Stanley, New Mexico gehörte dem mutmasslichen Sexualverbrecher. In den Gerichtsunterlagen hiess es, dass Epsteins Missbrauch von Mädchen in seiner Villa in Manhattan und anderen Wohnungen in Palm Beach, Florida, New Mexico und London stattfand. Bild: keystone

Ein Jahr nach Jeffrey Epsteins Tod: Wie geht es in dem Skandal weiter?

Am 10. August 2019 starb der reiche Amerikaner, der Dutzende minderjährige Mädchen missbraucht haben soll, hinter Gitter.
08.08.2020, 19:5108.08.2020, 19:53
Mehr «International»

Es war eine denkwürdige Nacht im Metropolitan Correctional Center von New York: Zwei Wärter waren in dem Hochsicherheitsgefängnis eigentlich damit beauftragt, auf den kurz zuvor festgenommenen US-Unternehmer Jeffrey Epstein aufzupassen, dem Sexualverbrechen vorgeworfen wurden.

Sie schauten aber nicht wie vorgeschrieben jede halbe Stunde nach dem berühmt-berüchtigten Insassen, sondern sassen etwa an ihren Arbeitsplätzen oder surften im Internet.

Anschliessend – so später die Anklage – fälschten die beiden Männer Dokumente, um ihr Fehlverhalten zu überdecken. Am nächsten Tag, dem 10. August 2019, wurde Epstein tot in der Zelle entdeckt.

FILE - This March 28, 2017, file photo, provided by the New York State Sex Offender Registry, shows Jeffrey Epstein. The filmmakers behind the Lifetime docuseries
Epstein kurz vor seinem Tod.Bild: keystone

Die US-Behörden gehen von einem Suizid des 66-Jährigen aus, auch wenn sich rund um den Tod des früheren Unternehmers seitdem immer neue Verschwörungstheorien ranken. US-Justizminister William Barr beklagte direkt nach dem Vorfall «schwere Unregelmässigkeiten» in der Haftanstalt und kündigte umfangreiche Untersuchungen an.

«Die Opfer verdienen Gerechtigkeit, und sie werden sie bekommen.»
US-Justizminister Barr
This combination of photos released by Lifetime shows participants in the new docuseries �??Surviving Jeffrey Epstein�?� top row from left, Virginia Roberts Giuffre, Teresa Helm, Jena Lisa Jones, Kiki ...
Einige von Epsteins Opfern.Bild: keystone

Für Epsteins Opfer und für die New Yorker Staatsanwaltschaft bedeutete der Tod des Angeklagten zwar einen herben Rückschlag – das Ende des Skandals rund um den schwerreichen Finanzier aber noch lange nicht. Schon damals hatte Justizminister Barr angekündigt: «Die Opfer verdienen Gerechtigkeit, und sie werden sie bekommen.» Auch die Anwälte der Opfer kündigten an, weitermachen zu wollen.

Dutzende minderjährige Mädchen soll Epstein laut Staatsanwaltschaft missbraucht und einen Missbrauchsring aufgebaut haben. Der Ex-Investmentbanker wurde zum Symbol einer wohlhabenden Elite, die mit allem durchkommt. Schon 2008 hatte er in Florida vor Gericht gestanden.

Doch obwohl 24 Mädchen Vorwürfe gegen ihn erhoben, kam Epstein durch einen Deal mit der Staatsanwaltschaft mit einer Haftstrafe davon, die viele für einen Skandal hielten. Nach 13 Monaten, in denen er tagsüber ins Büro durfte, war er wieder frei.

FILE - In this July 10, 2019 file photo, palm trees shade the Florida residence of Jeffrey Epstein in Palm Beach, Fla. The FBI said Thursday July 2, 2020, Ghislaine Maxwell, a British socialite who wa ...
Epsteins Anwesen in FloridaBild: keystone

Danach suchte Epstein weiter das Rampenlicht. Zu seinen prominentesten Bekannten gehörten der britische Prinz Andrew sowie der frühere US-Präsident Bill Clinton und der jetzige, Donald Trump. Epstein flog mit seinem Jet umher, nach Florida in seine Villa in Palm Beach und auf seine private Karibikinsel Little St. James. Seine Boeing 727 bekam den Spitznamen «Lolita Express», Little St. James wurde «Insel der Pädophilen» genannt.

Die Generalstaatsanwaltschaft der amerikanischen Jungferninseln wirft der Nachlassverwaltung des Geschäftsmanns in einer Zivilklage sogar vor, dass er bis mindestens 2018 auf der Insel Mädchen und junge Frauen missbraucht habe. Oft soll Epsteins Freundin Ghislaine Maxwell mit dabei gewesen sein – und die steht nun im Fokus der Ermittlungen.

FILE - In this Sept. 2, 2000 file photo, British socialite Ghislaine Maxwell, driven by Britain's Prince Andrew leaves the wedding of a former girlfriend of the prince, Aurelia Cecil, at the Pari ...
Ghislaine MaxwellBild: keystone

Nachdem sie zunächst aus der Öffentlichkeit verschwunden schien, wurde die 58-Jährige Anfang Juli im US-Bundesstaat New Hampshire festgenommen und der Beihilfe zu Epsteins Machenschaften angeklagt. Maxwell wies die Vorwürfe zurück, muss aber bis zum Prozessbeginn, der vorläufig auf den 12. Juli 2021 festgelegt wurde, im Gefängnis bleiben.

Sie stammt aus Grossbritannien und ist das neunte Kind des Medienzaren Robert Maxwell und der französischstämmigen Holocaust-Forscherin Elisabeth Meynard. Geboren in Frankreich und aufgewachsen in der Nähe des englischen Oxford, siedelte die gut vernetzte Ghislaine Maxwell nach dem Tod ihres Vaters in die USA über, wo sie Epstein auf einer Party kennenlernte. Anfangs waren sie für einige Jahre ein Liebespaar, später sprach er von seiner «besten Freundin».

HANDOUT - Chauntae Davies und Jeffrey Epstein in einem Filmausschnitt aus der dritten Folge der Netflix-Serie "Jeffrey Epstein: Stinkreich". Foto: --/Netflix/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktion ...
Chauntae Davies und Jeffrey Epstein in einem Filmausschnitt aus der dritten Folge der Netflix-Serie «Jeffrey Epstein: Stinkreich». Bild: Netflix/dpa

Mit Spannung erwartet wird nun, ob Maxwell vor Gericht auspackt – und dabei vielleicht sich selbst einen Vorteil verschaffen, aber viele Prominente schwer belasten könnte. US-Präsident Trump gab bei einer Pressekonferenz jüngst frei heraus zu, dass er Maxwell «im Laufe der Jahre viele Male» getroffen habe – und wünschte ihr «alles Gute».

Besonders pikant ist ein jetzt kursierendes Video mit einem Interview Trumps von 2015. Darin bezeichnet er Epsteins Karibikinsel als «Kloake» und fordert die Reporter auf, doch mal Prinz Andrew (60) dazu zu befragen. Der Royal – von der britschen Presse früher oft als «Randy Andy» (etwa: geiler Andy) und Party-Prinz verspottet – hatte Epstein über Maxwell kennen gelernt und soll in den Skandal verwickelt sein. Die Amerikanerin Virginia Roberts Giuffre behauptet, dass Andrew sie als Minderjährige mehrfach missbraucht habe.

epa08473224 (FILE) - A file photo dated 22 January 2015 shows Britain's Prince Andrew, the Duke of York, during the 45th Annual Meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland (re ...
Prinz Andrew.Bild: keystone

Ende Juli wurden zudem Gerichtsunterlagen einer Zivilklage Giuffres aus dem Jahr 2015 veröffentlicht. Darin beschuldigt sie Maxwell, ebenfalls mit minderjährigen Frauen Sex gehabt zu haben. Auch Giuffre soll sie für den Missbrauch gefügig gemacht haben: «Sie ist diejenige, die mich regelmässig missbraucht hat. Sie hat mich rekrutiert, mir gesagt, was ich tun soll, mich zur Sexsklavin ausgebildet, mich körperlich missbraucht, mich geistig missbraucht.»

Andrew wollte sich derweil mit einem BBC-Interview zur Wehr setzen, doch der 60-Jährige redete sich um Kopf und Kragen. Als Konsequenz gab der zweitälteste Sohn der Queen seine royalen Pflichten auf und zog sich zurück. Als im Juli seine Tochter Beatrice ihren Partner Edoardo Mapelli Mozzi heiratete, veröffentlichte der Palast Fotos vom Brautpaar, von Königin Elizabeth II. und deren Mann Prinz Philip – Beatrices Eltern fehlten. «Wo ist Papa?», fragte der «Sunday Mirror».

Andrew behauptet, von den Machenschaften seines Freundes Epstein nichts mitbekommen haben. Dabei hatte er den Geschäftsmann mehrmals auf dessen Anwesen besucht. Die US-Ermittler, die ihn – als Zeugen – verhören wollen, warfen dem Royal mehrfach Mangel an Kooperationsbereitschaft vor. Andrews Anwälte wiesen das zurück.

Wie eng die Freundschaft zwischen dem Prinzen und Maxwell war, zeigt ein Foto, das der «Telegraph» veröffentlichte. Das Bild soll auf einer von Andrew organisierten Privattour im Buckingham-Palast entstanden sein. Darauf ist dem Blatt zufolge Maxwell zu sehen, wie sie neben Schauspieler Kevin Spacey sitzt – auf dem Thron der Queen.

(aeg/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Sie alle sind 2019 verstorben
1 / 80
Sie alle sind 2019 verstorben
Nehmen wir Abschied von Köbi Kuhn, Toni Morrison, Karl Lagerfeld, Peter Fonda, Marie Fredriksson, Costa Cordalis, Hannelore Elsner, Doris Day, Bruno Ganz, Uriella und vielen mehr...
Auf Facebook teilenAuf X teilen
O.J. Simpsons erste freie Schritte nach neun Jahren Haft
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Füürtüfäli
08.08.2020 22:54registriert März 2019
Wünscht Trump den mutmaßlichen Opfern
auch alles Gute?!? Mir fehlen die Worte, um diese Entgleisung zu benennen.
Zuerst erlässt er Stone die Strafe, jetzt dies: Eine Verhöhnung der Opfer!
2812
Melden
Zum Kommentar
7
Papst im Oster-Stress: Was auf den 87-Jährigen zukommt – und wie er das durchhalten will
Die Osterfeierlichkeiten sind für das katholische Kirchenoberhaupt die intensivste Woche des ganzen Jahres. Der gesundheitlich angeschlagene Franziskus muss bis an seine Belastungsgrenze gehen.

Für die zehntausend Gläubigen und Touristen auf dem Petersplatz war es ein banger Moment: Papst Franziskus sass während der Palmsonntagsmesse auf seinem Platz vor der Basilika, lauschte dem Verlesen des Evangeliums und als die Textstelle erreicht war, die vom Tod Jesu berichtet, erhob er sich, um seine vorbereitete Predigt zu halten. Aber er blieb zwei oder drei endlos wirkende Minuten lang stumm und wirkte dabei müde und gebrechlich.

Zur Story